Gerd Schäfer erlebt böse Überraschung: Wo kann seine Schwester Helga in Zukunft leben?

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Gerd Schäfer betreut seine Schwester Helga, die als eine der letzten Bewohnerinnen noch im Hammelburger Bürgerspital (im Hintergrund) lebt. Bis Ende Oktober muss er einen neuen Heimplatz für sie finden.
Gerd Schäfer betreut seine Schwester Helga, die als eine der letzten Bewohnerinnen noch im Hammelburger Bürgerspital (im Hintergrund) lebt. Bis Ende Oktober muss er einen neuen Heimplatz für sie finden.
Ralf Ruppert

Die Stadt Hammelburg hat den Angehörigen der verbliebenen Bewohner des Bürgerspitals Ende August schriftlich mitgeteilt, dass die Einrichtung nur noch bis Ende Oktober geöffnet bleibt. Aktuell kümmern sich 17 Mitarbeiter um fünf Menschen.

Böse Überraschung für Gerd Schäfer: Als er am 27. August aus dem Urlaub zurückkam, fand er ein Schreiben der Stadt Hammelburg im Briefkasten: "Nachdem zum aktuellen Zeitpunkt nur noch sehr wenige Bewohner im Bürgerspital betreut werden, können wir den Heimbetrieb nicht bis Ende des Jahres aufrechterhalten", heißt es darin. Ganz konkret wird die Schließung des Pflegeheims nicht erst zum Jahresende, wie im April vom Stadtrat beschlossen, sondern bereits für Ende Oktober angekündigt.

Damit hat Gerd Schäfer statt vier nur noch zwei Monate Zeit, um für seine Schwester Helga einen neuen Heimplatz zu finden. Besonders geärgert hat Schäfer dabei, dass die vorzeitige Kündigung damit begründet wurde, dass der weitere Betrieb des Bürgerspitals "für den Erhalt der Stiftung eine unzumutbare Härte bedeuten würde". Bei allem Verständnis für wirtschaftliche Notwendigkeiten sollte es nach Schäfers Meinung doch in erster Linie um die Menschen gehen.

Bürgerspital Hammelburg schließt vorzeitig: "Geht doch nicht nur um wirtschaftliche Interessen"

"Meine Schwester braucht Sicherheit und Anerkennung", erzählt Gerd Schäfer. Helga Schäfer ist 71 und seit Geburt an schwer behindert. Fast täglich geht ihr Bruder mit seiner "großen Schwester" in der Stadt spazieren. Nach dem Tod der Eltern kam sie vor elf Jahren ins Bürgerspital. "Der Anfang war schwer", erinnert sich Schäfer, der die Betreuung für seine Schwester übernommen hat. Helga habe damals viel geschrien. Der 69-Jährige geht davon aus, dass das auch bei einer erneuten "Zwangsumsiedlung", wie Schäfer sagt, wieder so sein könnte. Deshalb sucht er händeringend nach einem Einzelzimmer. Die Carl-von-Heß'sche-Sozialstiftung habe ihm bereits ein Doppelzimmer angeboten. "Für meine Schwester wäre das kein Problem, aber ich bin mir nicht sicher, ob die Heimleitung weiß, was sie damit der Mitbewohnerin zumutet", sagt Schäfer.

"Ich konnte die wirtschaftliche Härte für die Stiftung ja sogar nachvollziehen", äußert der Hammelburger Verständnis. "Aber es geht doch nicht nur um wirtschaftliche Interessen, sondern um Menschen." Nach einer Antwort an die Stadt hat Bürgermeister Armin Warmuth (CSU) Schäfer am Mittwoch zu einem Gespräch eingeladen. Einen solchen persönlichen Kontakt anstelle von juristischen Formulierungen auf Papier hätte sich Schäfer gleich für die wenigen verbliebenen Angehörigen gewünscht. Beide Seiten hätten in dem Gespräch vereinbart, dass sie möglichst schnell nach Alternativen suchen wollen. Gerd Schäfer hat sich inzwischen auch in Euerdorf beworben. Er würde zwar seine Schwester gern in Hammelburg behalten, sieht aber auch Vorteile in den jeweils kleineren Heimen in Oberthulba und Euerdorf.

Der Hammelburger Stadtrat wurde nach Auskunft mehrerer Mitglieder über die vorgezogene Schließung nicht unterrichtet. Laut Bürgermeister Warmuth hat das Bürgerspital aktuell nur noch fünf Bewohner und 17 Mitarbeiter in den Bereichen Pflege, Hauswirtschaft, Betreuung, Reinigung und Verwaltung. "Zum Glück sind noch alle Fachkräfte da", berichtet Heimleiter Guido Gombarek, denn: Unabhängig von der Zahl der Bewohner müsse rund um die Uhr eine Fachkraft in der Einrichtung sein. Zu seiner eigenen Zukunft sagt Gombarek nur: "Ich trete eine neue Stelle an." Wann und wo lässt er offen.

Was passiert mit den Mitarbeitern?

Die Stadt bekräftigt, dass kein Betriebsübergang des Personals vorgesehen sei. "Die Beschäftigten müssen sich selbst bei anderen Einrichtungen bewerben." Die Pressestelle des Landratsamts teilt dazu auf Nachfrage mit, dass die kreiseigene Carl-von-Heß'sche-Sozialstiftung bisher mit zwei ehemaligen Mitarbeitern des Bürgerspitals einen Arbeitsvertrag geschlossen hat. "Ob weitere Vertragsabschlüsse dazu kommen, lässt sich zum derzeitigen Zeitpunkt nicht sagen."

Auch bei den Bewohnern habe es keine generelle Übernahme gegeben, betonen Stadt und Landkreis. Die Heß'sche-Sozialstiftung habe insgesamt bisher 13 Bewohner aufgenommen, voraussichtlich am 20. September ziehen drei weitere in Einrichtungen der Stiftung um. Die Verteilung: Bislang wechselten zehn Bewohner ins Hammelburger Dr.-Maria-Probst-Seniorenheim, zwei weitere Umzüge seien bereits vereinbart. Ins Seniorenhaus Euerdorf siedelte ein Bewohner um, ein zweiter Umzug steht schon fest, und für das Seniorenhaus Thulbatal hätten sich zwei weitere ehemalige Bewohner des Bürgerspitals entschieden. Die Stiftung verweist allerdings darauf, dass Einzelzimmer fast immer ausgebucht seien. Ab 21. September hat das Bürgerspital also nur noch zwei Bewohner, die laut Stadt zumindest bereits bei anderen Einrichtungen angemeldet seien.

Und wie geht es mit dem Gebäude selbst weiter? "Zwischen der Stadt Hammelburg und der Carl-von-Heß'schen-Sozialstiftung findet derzeit ein intensiver Gesprächsaustausch statt", sagt Bürgermeister Warmuth. Vom Landkreis heißt es hierzu: "Konkretes gibt es noch nicht zu berichten."