Elf Messerstiche in den Oberkörper

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Symbolfoto: Thomas Frey/dpa
Symbolfoto: Thomas Frey/dpa

Drei Jugendliche besuchen ein Bordell und bringen anschließend einen Menschen fast um. Dabei gehen sie mit unglaublicher Brutalität vor. Dennoch behauptet einer der Täter, er habe dem Opfer nicht weh tun wollen.

Vom Ausflug in ein Frankfurter Bordell sind drei Jugendliche aus dem Spessart an einem Wochenende im April 2012 nicht mehr nach Hause zurückgekehrt, der jüngste war 15. Seitdem sitzen sie in Untersuchungshaft, in dieser Woche begann vor der Jugendkammer des Landgerichts Würzburg der Prozess, unter anderem wegen versuchten Totschlags, gegen einen Schüler aus Neapel, einen einheimischen Arbeitsuchenden und einen Eisenbieger mit türkischem Pass.
Verhandelt wird ein Fall, für den in Frankfurt die Mordkommission zuständig war. Denn die Begegnung mit dem Trio aus dem Großraum Lohr, los ging es mit "haste mal ne Zigarette?", hätte ein 23 jähriger Frankfurter fast nicht überlebt.
Einer aus der Gruppe hat dem bereits am Boden liegenden mit einem Klappmesser elf Mal in den Oberkörper gestochen, die beiden Begleiter sollen den am Boden Liegenden "nur" mit Fußtritten gegen Kopf und Oberkörper attackiert haben.
Einer soll allerdings so heftig getreten haben, dass er einen Schuh verlor und sich eine Schwellung am Fuß zuzog. Dass das Opfer überlebte, bezeichnete der Staatsanwalt als Glückssache, tagelang befand sich der Schwerverletzte in Lebensgefahr. Das Trio war zunächst davon gerannt, hatte aber später an einer Haustüre geklingelt und Anwohner gebeten, die Polizei zu verständigen.

Bordell-Besuch machte hungrig

Die angebotenen Dienste im Bordell hatten die drei Jugendlichen - das wollte das Gericht wissen - vorher voll in Anspruch genommen. Den 15-jährigen Schüler mit italienischem Pass forderten seine Kumpels vorher auf, die Brille abzunehmen, weil die ihn noch jünger mache. Als das Bordell-Programm erledigt war, hatten alle drei mächtig Hunger und suchten eine Pizzeria nebenan auf, das war gegen drei Uhr früh.

Warten auf den Zug nach Lohr

Die Zeit bis zur Abfahrt des ersten Regionalzuges vom Frankfurter Hauptbahnhof nach Lohr wollten die Jugendlichen dann noch, jeder mit einer Bierflasche in der Hand, zu einem Stadtbummel nutzen. Dabei sind sie gegen fünf Uhr früh ihrem späteren Opfer begegnet. Erst wollte der damals unter Betreuung stehende "psychisch auffällige Mann" nur eine Zigarette schnorren, dann bat er um ein Messer, um an einem Einkaufswagen den Euro aus dem Pfandfach zu holen und zum Schluss fragte er nach einem Handy zum mal kurz telefonieren. Damit soll er dann weggerannt sein und so die Jagd auf ihn ausgelöst haben.
Gewöhnungsbedürftig waren die Aussagen des inzwischen 19 jährigen, der damals zugestochen hat. "Weh tun wollte ich dem nicht", sagte er und später: "Erst beim letzten Stich habe ich realisiert, was ich da mache und habe aufgehört". Auf Fragen der Vorsitzenden Richterin, was er sich bei der Messer-Attacke dachte: "Nichts, das ist einfach passiert".
Dass einer von seinen Freunden "aufhören" rief, habe er überhört und erst später in den Akten gelesen. Auf Frage des Gerichts, warum man, obwohl einer da blutüberströmt auf dem Gehsteig lag, einfach wegrannte statt den Notarzt zu verständigen, sagte der Messerstecher: "Ich musste erst einmal verarbeiten, was da passiert war, ich war neben der Kappe".
Und das Gericht hakte nach: "Weggerannt, der hätte ja sterben können". Der Angeklagte: "Wir mussten uns erst mal verstecken, ich kannte mich in der Gegend nicht aus und wusste nicht, was da vielleicht auf uns zukommt, wenn der Kumpel hat".
Dass er Anwohner gezielt darum bat, die Polizei zu verständigen habe den Grund gehabt, dass er sein Handy wieder haben wollte, das sein Opfer noch in der Hosentasche hatte. Er habe sich im Recht gefühlt, es sei immerhin ein Handy mit sim-Karte gewesen und deswegen habe er statt Notarzt erst mal Polizei angefordert.
Mit der Vernehmung der beiden anderen Angeklagten wird die Verhandlung am Dienstag fortgesetzt. Den Fall hat, trotz Tatort Frankfurt, das für den Wohnort der Angeklagten zuständige Landgericht Würzburg übernommen, da zwei Beteiligten zur Tatzeit noch Jugendliche unter 18 waren.