Philip Kleinheinz aus Wildflecken entdeckt die Welt aus ungewöhnlichen Perspektiven heraus. Der Tänzer und Hobby-Fotograf bevorzugt Orte, die von Menschen verlassen wurden.
Schon als Kind wollte Philip Kleinheinz alles genau wissen: "Ständig habe ich meine Eltern über alles Mögliche ausgefragt", sagt der 24-jährige Wildfleckener, der als Tänzer bei der DDC Breakdance Crew in Schweinfurt engagiert ist. Sein Hunger nach Wissen trieb ihn in der frühen Jugend auch dazu, in seiner Heimatgemeinde verlassene Orte - sogenannte Lost Places - zu entdecken.
"Mit elf Jahren ging ich in Gebäude rein, die sonst keiner von innen zu Gesicht bekam", sagt er. In Wildflecken, erzählt er weiter, habe es damals drei solcher Orte gegeben: Ein leeres Hotel, ein Wohnhaus und das alte Pumpwerk. "Doch im Gegensatz zu vielen anderen bin ich nicht rein, um alles zu zerstören", fügt er hinzu. Ihn interessierten seit jeher die Geschichten, die solche Plätze erzählen. "Das ist einfach immer wieder magisch", schwärmt er.
Gebäude erzählen Geschichten
Genau wie bei einem Puzzle, das nach und nach ein Bild ergibt, rekonstruiert Kleinheinz das einstige Leben hinter den Fassaden. Jedes Detail in den verlassenen Zimmern, beispielsweise ein schwerer Eichenschreibtisch mit verstaubten Dokumenten, eine Vase mit einem längst verwelkten Blumenstrauß darin oder sorgfältig abgestellte Schuhe - das alles verrät ihm etwas über die Hintergründe des Gebäudes und die Personen, die hier einmal gelebt oder gearbeitet haben.
"Der erste Geruch beim Betreten ist immer der gleiche, nämlich Schimmel und Moos". Und weil der Schimmel manchmal ganze Wände und Möbelstücke überzieht, geht Kleinheinz meist nur noch mit Atemmaske in die Gebäude. Eingebrochen ist er nach eigener Aussage noch nie. Der respektvolle Umgang sei ihm sehr wichtig. "Ich gehe nur rein, wenn bereits jemand vor mir drinnen war", sagt er. Rechtlich gesehen sei das Hausfriedensbruch, doch oftmals "lassen die Wachdienste mit sich reden, wenn sie sehen, dass ich mit Kamera hier bin und keine bösen Absichten habe", sagt er.
Autodidakt im Fotografieren
Seit fünf Jahren hält Kleinheinz diese magischen Orte fotografisch fest. "Ich fotografiere die Details, weil sie durch Vandalismus nicht lange in diesem schönen Zustand bleiben." Diese Erfahrung mache er immer wieder. Nur wenige Tage entscheiden manchmal über den Erhalt der Gegenstände. Auch seine tänzerischen Fähigkeiten hält er auf den Bildern fest. "Ich muss überall einen Handstand machen", sagt der Breakdancer. So entstehen Fotos mit athletischen Körpern in meistens schauriger Umgebung.
Langzeitbelichtung und sogenannte Lightpaintings - also Bilder mit zeitverzögerter Aufnahme von Lichteffekten - gehören zu seinem Repertoire. Die fotografischen Fähigkeiten dafür habe er sich alle selbst beigebracht und baue sie täglich weiter aus. Sein Anspruch sei es, Bilder aus ungewöhnlichen Perspektiven zu erstellen. Die Technik - eine Spiegelreflexkamera und Computerprogramme zur Bildbearbeitung - hilft ihm dabei.
Bodenständige Ausbildung
Trotz seiner zwei großen Leidenschaften, der Lost-Place-Fotografie und dem Tanzen, absolvierte er direkt nach der Realschule eine Ausbildung als IT-Systemelektroniker. "Mir war von Anfang an klar, dass ich diese Ausbildung machen muss, um etwas in der Rückhand zu haben", sagt er. Neben seinem Engagement in Schweinfurt unterrichtet er Zumba im Tanzstudio seiner Schwester in Bad Brückenau und gibt Tanzkurse in Fulda, Schweinfurt und Hammelburg.