Riedenberg: Pickelhaube vom Urgroßonkel

3 Min
Rudolf Hergenröder, der Urgroßneffe von Ignaz Hergenröder, verwahrt in seinem privaten kleinen Museum noch heute die originale Pickelhaube sowie die Verdienstmedaillen, den Wehrpass und zahlreiche Urkunden. Fotos: Evelyn Schneider
Rudolf Hergenröder, der Urgroßneffe von Ignaz Hergenröder, verwahrt in seinem privaten kleinen Museum noch heute die originale Pickelhaube sowie die Verdienstmedaillen, den Wehrpass und zahlreiche Urkunden. Fotos: Evelyn Schneider
Das alte Kapellchen: an der Einganstüre standen die Namen der Gefallenen und Vermissten.
Das alte Kapellchen: an der Einganstüre standen die Namen der Gefallenen und Vermissten.
 
Die Namen der Gefallenen am heutigen Kriegerdenkmal an der Kirche in Riedenberg. Im Ersten Weltkrieg waren 47 Männer aus dem Ort gefallen oder wurden vermisst.
Die Namen der Gefallenen am heutigen Kriegerdenkmal an der Kirche in Riedenberg. Im Ersten Weltkrieg waren 47 Männer aus dem Ort gefallen oder wurden vermisst.
 
Ignaz Hergenröder auf einem Foto in seiner Uniform und natürlich mit der Pickelhaube.
Ignaz Hergenröder auf einem Foto in seiner Uniform und natürlich mit der Pickelhaube.
 

47 Männer aus Riedenberg sind im Ersten Weltkrieg gefallen oder gelten als vermisst. Sie alle hatten eines gemeinsam: Bevor sie loszogen, stiegen sie die Stufen zum Riedenberger Kapellchen hinauf. Doch die Mutter Gottes konnte nicht alle erhören. Mit Ignaz Hergenröder aber meinte sie es gut...

War Riedenberg selbst während des Ersten Weltkrieges auch nicht mit dem direkten Kriegsgeschehen konfrontiert, hinterließen die menschenvernichtenden Schlachten dennoch ihre Spuren im damals 680 Einwohner zählenden Ort.

Nahezu alle wehrfähigen Männer wurden eingezogen und mussten Frauen und Kinder mit den damals noch sehr schweren landwirtschaftlichen Arbeiten zurücklassen. Allen war jedoch ein Weg gemein - die steilen Stufen hinauf zum Kapellchen. Damals noch als kleine Marienkapelle gebaut, baten die Soldaten vor ihrem Kriegsantritt um den Segen und den Schutz der Mutter Gottes.

Dass sie nicht alle beschützen konnte, war am Ende des Ersten Weltkrieges schließlich auf den Mauern des Kapellchens zu sehen. 47 Männer waren gefallen oder vermisst. Ihre Namen schrieb Edmund Schumm in gotischer Schrift rechts und links der Eingangstüre auf. "Leider ist heute nichts mehr davon zu sehen", bedauert Friedrich Schumm - ein Nachfahre Edmunds - sehr. "Als man das Kapellchen erweiterte, wurden die Namen wohl übermalt". Zu lesen sind sie noch immer auf dem Kriegerdenkmal an der Kirche.

Privates Museum angelegt

Von fast keinem der damaligen Soldaten gibt es heute noch Erinnerungsstücke, geschweige denn Wissenswertes über dessen Leben. Allerdings tauchten vor einigen Jahren von einem sehr angesehenen und hochrangigem Riedenberger Bürger tatsächlich noch originale Urkunden, Bilder und sogar seine Pickelhaube auf, die er im Ersten Weltkrieg trug.

Der Urgroßneffe von Ignaz Hergenröder, Rudolf Hergenröder, konnte diesen - für ihn selbst auch - unschätzbaren Erinnerungsstücke von einem entfernten Verwandten übernehmen. Ein richtiges Museum hat er mittlerweile angelegt. Nicht nur von Ignaz, sondern viele andere Kriegsutensilien wurden von ihm im Laufe der Jahre gesammelt. So kann man auch heute noch den detaillierten Lebenslauf von Ignaz Hergenröder nachlesen - besonders den während des Ersten Weltkrieges. "Die Unterlagen sind bei mir in den allerbesten Händen", erklärt Hergenröder.

Ein hochrangiger Offizier war er geworden. Eigentlich sehr ungewöhnlich für einen Mann aus einem kleinen Rhöndorf. Waren doch die meisten wohl eher nur einfache Soldaten, die in den Krieg gezwungen wurden. Doch als Ignaz, der am 11. März 1882 in Unterriedenberg geboren wurde, noch zur Schule ging, fiel er durch seine Intelligenz und sehr guten schulischen Leistungen auf - vor allem der Kirche. Diese sorgte dafür, dass der kleine Junge auf das Gymnasium nach Münnerstadt ging. Heute unvorstellbar ist die Tatsache, dass er diesen Weg zu Fuß gehen musste, wollte er einmal nach Hause. Einen ganzen Tag war er unterwegs, um die 35 Kilometer lange Strecke zu bewältigen.

Im Mai 1915 schwer verwundet

Pfarrer sollte er werden, so der Wunsch der Kirchenoberen. Wahrscheinlich wäre er das tatsächlich geworden - wäre da nicht die Liebe dazwischen gekommen. Sein Lebensweg ging dann in eine ganz andere Richtung. Von 1906 bis 1907 leistete er als "Einjährig Freiwilliger" seinen Dienst beim 9. Bayerischen Infanterieregiment in Würzburg. Offizier konnte er werden, da er mittlerweile Jura studiert hatte.

Bis 1913 war er als Jurist in Pirmasens. Durch seinen Dienst in Würzburg war er zum Leutnant der Reserve geworden und wurde schließlich am 4. August 1914, also bereits vier Tage nach Kriegsbeginn, zum 8. Bayerischen Infanterieregiment nach Metz (damals noch zur Rhein-Pfalz gehörend) eingezogen. Bis zum 16. Juli 1916 stand er an der Westfront bei den Stellungskämpfen bei den Combres-Höhen als Kompaniechef.

Unterbrochen wurde sein Einsatz durch seine Verwundung am 5. Mai 1915 bei St. Remy. Er erlitt einen Durchschuss des linken Oberarmes sowie einen Bruststreifschuss. Im Lazarett erhielt er schließlich einen Feldpostbrief, in dem alle gefallenen, vermissten und verwundeten Soldaten aus seiner Kompanie aufgelistet waren. Dieser Feldpostbrief existiert noch heute und wird von Rudolf Hergenröder bestens verwahrt und in Ehren gehalten.

Nach dem Krieg Richter

Nachdem Ignaz wieder eingerückt war, leistete er vom Herbst 1916 bis März 1917 beim 2. Ersatzbatallion 8 des Bayerischen Infanterieregiments in Zweibrücken seinen Dienst, bis er schließlich schwer erkrankte und seinen Frontdienst nicht mehr leisten konnte. Als Ausbildungsoffizier im heimatnahen Hammelburg war er ab Mai 1917 beim MG-Lehrkurs eingesetzt. Im Dezember 1918 schied er als Hauptmann der Reserve aus. Danach war er Richter an verschiedenen Gerichten und wurde schließlich Senatspräsident am Oberlandesgericht Nürnberg. Er starb 1955.

Für seine Leistungen hatte er das Eiserne Kreuz II, den Bayerischen Militärverdienstorden 4. Klasse, sowie die Prinzregent Luitpold-Medaille in Bronze erhalten. Davon erzählt noch heute das kleine Museum.