Die Kriminalitätsrate im Altlandkreis Bad Brückenau hat sich bei Kindern und Jugendlichen in den letzten vier Jahren mehr als verdoppelt. In einem Workshop holten sich Betreuer und Vereinsvertreter Tipps.
Seit dem Jahr 2010 stieg die Kriminalitätsrate bei den Straftaten von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren im Altlandkreis Bad Brückenau von ehemals zehn Prozent auf sorgenbereitende 20,5 % im Jahr 2013 an. Stellt man diese Zahl dem bayerischen Landesdurchschnitt gegenüber, der bei zwölf Prozent liegt macht diese Tatsache betroffen.
Weil die Jugendkriminalität im Altlandkreis BRK so hoch ist, setzt die Polizei verstärkt auf Prävention und auf die Zusammenarbeit mit den Vereinen. Deshalb gab es jetzt eine Info-Veranstaltung in Riedenberg für alle, die ehrenamtlich mit Jugendlichen zu tun haben. Die meisten der Straftaten wurden in Bad Brückenau selbst begangen. Dies sei allerdings unter anderem dadurch begründet, dass die meisten Schulen oder Ausbildungsplätze dort angesiedelt sind. Auch sind solch intensive Ermittlungen, wie in Bad Brückenau, nicht überall möglich, erläuterte der Dienststellenleiter der Polizeiinspektion Bad Brückenau, Herbert Markert.
Im Detail begingen 60 Jugendliche 80 Straftaten, die eine strafrechtliche Verfolgung, erkennungsdienstliche Maßnahmen oder die Einweisung in die Kinder- und Jugendpsychiatrie nötig machten. Im Bereich der Kinder begingen 25 insgesamt 44 Straftaten, meist Beleidigungen, Diebstahl, gefährliche Körperverletzung, Sachbeschädigung und Rauschgiftdelikte. Zwar werden Kinder bis 13 Jahre strafrechtlich nicht verfolgt, dennoch haben diese Straftaten Folgen für die Sozialisation. Es werden Schulverweise ausgesprochen oder Vereinsausschlüsse durchgeführt, um nur einige zu nennen.
Der abnorme Anstieg der Straftaten im Altlandkreis führte zunächst im März diesen Jahres zu einer Besprechung mit den Allianzbürgermeistern. Im Mai traf man sich mit den Leitern der weiterführenden Schulen der Standorte Bad Brückenau, Schondra und Wildflecken. Schnell war man sich einig, dass etwas passieren muss. Das war auch der Grund, warum Dienststellenleiter Herbert Markert, zusammen mit dem Schulverbindungsbeamten Manfred Schneider, den Jugendbeamten Monika Konopka und Swen Faulstich, sowie dem Jugendsozialarbeiter der Stadt Bad Brückenau, Boris Höttinger , mit diesem Thema in die Vereine zu gehen. Das Interesse an dem gemeinsamen Workshop war erfreulich groß. Das Sportheim in Riedenberg war voll besetztr.
Woher dieser Anstieg stammt, kann sich die Polizei teilweise durch die gestiegene Nutzung von Facebook, Smartphones und anderen Netzwerken erklären. Ein Drittel aller Straftaten werden hier begangen. Dort wird gestalkt, gemobbt oder - oft aus Unkenntnis eine Straftat zu begehen - Bilder mit pornographischem Hintergrund weitergeschickt.
"Was erhoffen wir uns von diesem Abend?", fragte Herbert Markert zu Beginn. "Wir möchten und müssen etwas zum Schutz unserer Kinder und Jugendlichen tun, damit sie nicht Opfer oder straffällig werden. Wir möchten Sie als Verantwortliche sensibilisieren. Seien Sie aufmerksam, wenn Sie bemerken, dass ein Kind oder ein Jugendlicher plötzlich anders ist als sonst. Gehen sie auf die Kinder zu und stellen Sie Fragen. Informieren sie die Eltern und suchen mit ihnen nach Lösungen", rief er eindringlich auf.
"Wir wollen aber keine Verunsicherung bei Ihnen erzeugen. Sie sollen auch keine informelle Mitarbeiter in den Umkleideräumen gewinnen oder gar petzen. Aber wenn sich ein Kind Ihnen anvertraut und über eine Straftat berichtet, oder Sie sehen, dass zum Beispiel in den Duschen Nacktfotos gemacht werden, die dann über die Gruppen der Smartphones rasend schnell verbreitet werden, müssen Sie handeln." Vielen Jugendlichen sei gar nicht bewusst, dass sie sich mit der Verbreitung dieser Bilder selbst strafbar machen. Deshalb bar er: "Weisen sie diese unbedingt darauf hin!"
In der Diskussionsrunde standen noch zahlreiche Fragen im Raum. Ob man denn eine Häufung bei bestimmten Nationalitäten feststellen könne. Dies verneinte Herbert Markert. Und auch, ob denn die straffällig gewordenen sozial engagiert in Vereinen seien, wollte Anwesende wissen. Hier konnte er mitteilen, dass es meist nur bei Kindern und Jugendlichen vorkomme, die eben oft keinerlei soziale Bindungen zu Gruppen und Vereinen haben.
"Was tue ich, wenn ich die Eltern über eine Straftat ihres Kindes informiere, diese aber keinerlei Interesse an einer Lösung zeigen"? Herbert Markert verdeutlichte , dass man im Falle einer fehlenden sozialen Kontrolle der Eltern durchaus auch das Jugendamt benachrichtigen kann und muss.
Alkohol und Drogen sind seltener Großes Interesse herrschte auch bei der Frage, wie viele Straftaten unter Alkoholeinfluss entstanden sind. Die Statistiken zeigen, dass bei insgesamt 89 Taten unter Alkoholeinfluss "nur" sechs Jugendliche und unter Drogen ein Jugendlicher zu verzeichnen sind und somit nur eine ganz kleine Größe darstellen.
Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor delinquentem Verhalten sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, so Herbert Markert. Bei der PI Bad Brückenau haben sich deshalb bereits im letzten Jahr zwei weitere Beamte auf Jugendkriminalität spezialisiert. Auch wird ab kommendem Jahr ein Jugendsozialarbeiter an den Grund-und Mittelschulen eingestellt werden.
Für 23. September 2015 ist in Breitenbach bereits eine Infoveranstaltung mit dem Schwerpunkt Kriminalität durch Smartphones und Internet geplant. Hierzu wird ein Spezialist aus Schweinfurt anwesend sein.