Die Geschichte eines Autodidakten, der die dörfliche Musikwelt in Geroda in seinen Bann zieht - und wie in Zeiten der Vereinsmüdigkeit immer noch junge Menschen zu begeistern sind.
Familienunternehmen haben oft den Vorteil, dass die Eigendynamik besonders stark ist. Genau das ist der Fall beim Musikverein Jugendblasorchester Scholz, kurz JBO Scholz, in Geroda, das heuer auf über 50 Jahre Erfolg zurückblicken darf. Mit über 69 aktiven Musikern, davon 13 junge Musikanten, ist die kleinste Gemeinde im Landkreis Bad Kissingen musikalisch gut aufgestellt.
Ganze Schulklassen
Über den Nachwuchs kann sich Joachim Scholz, Dirigent und Sohn des Gründers, nicht beschweren. Trotzdem "ist der Zulauf an jungen Musikern nicht zu vergleichen mit damals", sagt Scholz und meint damit den Andrang junger Musikanten in den 1970 er und 1980er Jahren. Damals seien nahezu ganze Schulklassen zur musikalischen Ausbildung gekommen. Heute ist die Situation eine andere: "Alle zwei Jahre kommen immer wieder eine Handvoll neue dazu", so Scholz, der trotzdem ganz zufrieden mit der Situation ist.
Proben in der Küche
Lonny und Heinz Scholz - aus Schlesien stammend - kamen im Jahr 1957 mit ihrem Sohn Joachim aus Eisenbrechtshofen nach Geroda. Im Dorf gab es damals eine Handvoll "alte Musikanten", die nur noch auf Beerdigungen spielten. Heinz Scholz, Landwirt und leidenschaftlicher Autodidakt in Sachen Musik, schloss sich der Gruppe mit seiner Posaune an. Doch "der Brüller war das nicht", so Joachim Scholz über die damalige Situation. Heinz Scholz beschloss, die Gruppe neu zu beleben, sprach junge Leute an und übernahm ab 1958 die musikalische Ausbildung in der eigenen Küche. Die "Blaskapelle Scholz" war gegründet.
Blütezeit 1980er Jahr
"Der Erfolg hat ihn beflügelt", erzählt der heutige Dirigent über seinen Vater. Zehn Jahre später gründete er schließlich die Jugendkapelle, das heutige Jugendblasorchester Scholz, mit rund 26 Musikern. Die Abende in der Küche bei Lonny und Heinz waren bald legendär, und immer mehr junge Musiker kamen dazu.Und wie könnte es anders sein, wuchsen die Kinder mit der Musik des Vaters auf. Alle lernten Instrumente und beteiligten sich aktiv am Vereinsleben. Joachim Scholz übernahm in den 1980er Jahren die Leitung und gründete seine eigene Formation, "Jo Scholz und die Rhöner Musikanten", mit der er jahrelang "durch die Bierzelte tingelte" und für Stimmung sorgte. Es folgten weitere Gruppen, wie die erste Schülerkapelle unter der Leitung von Heinz´ Tochter Sybille, die ab 1982 als "Black Mountain Blues Band" auftrat, während Heinz im selben Jahr eine weitere Schülerkapelle mit 33 Kindern ins Leben rief. Die Ansprüche stiegen und die Kapelle wurde immer professioneller.
Breites Repertoire
Die Affinität zur Musik und zur Ausbildung junger Musiker ist der ganzen Familie zu eigen, denn nicht nur die drei Kinder, sondern ebenfalls alle neun Enkelkinder sind auf verschiedene Arten im Alltag mit der Musik verbunden. Die Tochter von Joachim Scholz, Sabine Scholz, dirigiert neben ihrem Vater das große Orchester. "Uns ist es wichtig, einen breiten Querschnitt zu spielen", sagt Scholz. Neben traditionellen, böhmischen Stücken gehören Swing und Bigbandsound genauso zum Repertoire wie Musicals, Pop und Rock.
Eigenes Vereinsheim?
Im Moment probt der Verein recht beengt im Erdgeschoss des Bürgerhauses. "Damit kann man leben", so der Dirigent. Trotzdem hat Scholz "noch immer die Vision eines eigenen Vereinsheimes". Als fester Bestandteil des Dorflebens wäre es schön, auch in Zukunft die jungen Musiker vor Ort ausbilden zu können. Perfekt, so meint Scholz, könne die Musik sicher nicht sein, doch ganz nach dem Motto: "Wenn du ein Schiff bauen willst, dann hol dir keine Zimmerleute, sondern Männer, die das Meer lieben", ist Scholz die Leidenschaft seiner Musiker wichtiger als alles andere. Genau so, wie er es von seinem Vater übernommen hat. Zum Jubiläumsjahr bringt das Orchester eine CD mit dem Namen "Küchenstudio" heraus. Die Musikstücke dafür wurden in genau derselben Küche aufgenommen, in der die Geschichte des Vereins begann.
Höhepunkte aus 50 Jahren JBO Scholz
1969: Gründung einer Jugendkapelle durch Heinz Scholz (Leiter und Ausbilder)