Der Projektentwickler spielte im Prozess eine nachgeordnete Rolle. Er gab vor, immer nach bestem Gewissen gehandelt zu haben, nur Vermittler gewesen und selbst betrogen worden zu sein. Der Hauptangeklagte stellte sich als vom Stiefvater Betrogener dar. Er sei vom zweiten Ehemann seiner Mutter im guten Glauben gelassen worden, dieser verfüge über ein zweistelliges Millionenvermögen.
Verdächtig machten ihn jedoch Ungereimtheiten im Laufe der Ermittlungen und bei Prüfung seiner Computer-Festplatte: Die Polizei fand einen weiteren gefälschten Konto-Auszug zugunsten des Hauptangeklagten über 22 Millionen Dollar sowie einen wohl auch gefälschten Scheck der Deutschen Bank über 300 Millionen Euro. "Das stammt alles aus der Sammlung meines Stiefvaters", gab sich der Kaufmann unschuldig. Er habe unbedacht gehandelt, da er sich nach der Insolvenz seiner früheren Firma und körperlicher Gewaltandrohung eines der Gläubiger nicht anders zu helfen gewusst habe. Er habe ebenfalls auf eine erfolgreiche Durchführung des Recycling-Projekts gehofft, deshalb habe er seinem Stiefvater vertraut.
Der als Zeuge geladene Rechtsanwalt, dem 50 000 Euro in bar übergeben worden waren, sagte aus, er habe dieses Geld sowie weitere 5000 Euro Anfang September 2015 im Auftrag des Stiefvaters an eine Bank in Dubai überwiesen. Die Ermittler fanden eine Rechnung aus Dubai an den Stiefvater vom Januar 2015, also schon sechs Monate vor dem Betrugsfall, wonach genau dieser Geldbetrag zum Erwerb bestimmter Gesellschaftsanteile bestimmt war.
Kein Verdacht durch Barzahlung
Auf Fragen, ob der Anwalt bei Einzahlung dieser Geldsumme in bar keinen Verdacht geschöpft habe und warum der Stiefvater das Geld nicht selbst übergeben habe, wusste er keine Antwort. Zudem bestand der Anwalt darauf, es sei der Hauptangeklagte gewesen, der ihm die 50 000 Euro in bar übergeben habe, während der Mitangeklagte beteuerte, er habe dieses Geld ordnungsgemäß an eine Kanzleimitarbeiterin übergeben. Auch der Verteidiger des Hauptangeklagten widersprach, denn sein Mandant sei erst Tage später in der Kanzlei erschienen. "Und dabei bleibt er auch."
Alle Zeugen gaben zu, gutgläubig den mündlichen Aussagen des vermeintlichen Projektentwicklers und des Darlehenbeschaffers vertraut zu haben und sich durch Vorlage des angeblichen Vermögensnachweises hätten blenden lassen. Alle bestätigten zudem, den Mitangeklagten nur als "Boten" des Hauptangeklagten gesehen zu haben, da dieser fast nie telefonisch zu erreichen gewesen sei. Nur einmal habe man sich mit dem Hauptangeklagten in großer Runde zum Abschluss des Darlehensvertrages getroffen. Diese mehrfachen Aussagen nutzte der Verteidiger, um die Schuld zu relativieren. Allerdings gestand der Kaufmann ein, die restlichen knapp 65 000 der vereinnahmten 115 000 Euro zur Zahlung privater Verbindlichkeiten genutzt zu haben.
Stiefvater soll aussagen
Nach fast zehnstündiger Verhandlung wurde der Strafprozess vor dem Schöffengericht unterbrochen und die Fortsetzung auf den 10. Dezember festgesetzt. Der Vorsitzende stimmte dem Antrag der Verteidiger zu, zum nächsten Termin die Mutter des Hauptangeklagten und dessen Stiefvater zusätzlich als Zeugen vorzuladen, um Klarheit über dessen vermeintlich zweistelliges Millionen-Vermögen zu bekommen.