Wenn Fernsehkost im großen Kino gezeigt wird

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Brecht, echt? Leonie Benesch und Tom Schilling als junger Bertolt Brecht in der Drei-Stunden-Doku von Heinrich Breloer über den großen deutschen Theatermacher.Foto: Nik Konietzny / WDR
Brecht, echt? Leonie Benesch und Tom Schilling als junger Bertolt Brecht in der Drei-Stunden-Doku von Heinrich Breloer über den großen deutschen Theatermacher.Foto: Nik Konietzny / WDR
Süßes Paar: Nawazuddin Siddiqu (Rafi) und Sanya Malhotra (Miloni) setzen sich in "Photograph" über alle indischen Konvetionen hinweg. Foto: Joe D'Souza
Süßes Paar: Nawazuddin Siddiqu (Rafi) und  Sanya Malhotra (Miloni) setzen sich in "Photograph" über alle indischen Konvetionen hinweg.     Foto: Joe D'Souza
 

Berlinale und Musikfilm - da war doch mal was?

2008 eröffneten Martin Scorsese und die Rolling Stone mit der Doku "Shine a light" die Filmfestspiele. Völlig außer Rand und Band war das Festival damals.

Da ist die Vorfreude auf "Weil Du nur einmal lebst - Die Toten Hosen auf Tour" natürlich riesig. Heute Abend wird die Band diesen, ihren Film im vollbesetzten Friedrichstadtpalast präsentieren - aber ganz so viel Hysterie wie einst Mick Jagger und Co. werden die in Ehren gealterten Altpunker aus Düsseldorf nicht auslösen.

Rummel und großes Kino

"Berlinale Special" heißt die Sparte, in der "Weil Du nur einmal lebst" zu sehen ist. Dieser Berlinale-Teil wurde vor nicht allzu langer Zeit eingeführt, um großen Filmen außerhalb des Wettbewerbs eine Plattform zu geben. Filme von Michael Moore waren da ebenso zu sehen wie der erste Teil von "Fifty Shades of Grey" - Rummel und großes Kino halt. Auch wichtig für ein Festival. Heuer kommt die Special-Reihe aber recht dünn daher.

Aus deutscher Sicht ganz interessant war "Brecht", eine zweiteilige Fiktion-Doku von Heinrich Breloer, die sich über drei Stunden hinweg mit dem Leben des großen deutschen Autoren und Theatermachers Bertolt Brecht auseinandersetzt.

Glaubwürdigkeit fehlt

Die Besetzung - unter anderem mit Tom Schillig als jungem und Burghart Klaußner als altem Brecht - ist dabei genau so zu viel versprechend wie Breloers Filmographie mit "Todesspiel" über die Schleyer-Entführung an der Spitze. "Brecht" aber ist im Fernsehen, da vielleicht nicht einmal zur besten Sendezeit, gut aufgehoben. Für mehr fehlt es an der Glaubwürdigkeit der Schauspieler und tiefgreifender Auseinandersetzung mit der Person Brecht. Da war mehr drin.

Und gleich noch eine echte Dokumentation war diese Woche in Berlin zu sehen: "Es hätte schlimmer kommen können", der Film, der Mario Adorf ein filmisches Denkmal setzt. Verdient hat sich Adorf dieses schön anzuschauende Werk. Ob es - wenn, dann schon dank der Berlinale - den Weg ins Kino schafft, ist noch offen.

Unvermeidliches Happy End

Dass das "Berlinale Special" heuer immer noch mehr Beachtung als das völlig untergegangene "Panorama"-Programm findet, liegt an Filmen wie "Photograph".

Die mit Unterstützung von Arte entstandene deutsch-indische Produktion schildert die süße Liebesgeschichte zwischen dem Fotografen Rafi und der jungen Studentin Miloni. Beide stammen aus wirtschaftlich unterschiedlichen Schichten, was in Indien eigentlich auch heute noch eine unüberwindliche Hürde darstellt.

Doch Rafi und Miloni schaffen es, sanft und vorsichtig, diese zu überwinden.

Nein, keine Bange: "Photograph" ist kein Teil des singend-schrägen Bollywood-Kinos, das sie bei der Berlinale auch schon mal erfolglos haben groß machen wollen. Regisseur Ritesh Batra, der mit "Lunchbox" vor sechs Jahren einen internationalen Achtungserfolg landete, ermöglicht mit seinem Film einen - zugegeben leicht überromantisierten - Einblick in die indische Gesellschaft der Gegenwart.

Das ist durchaus mal interessant anzuschauen und darf dann sogar mit dem von Anfang unvermeidlichen Happy End zu Ende gehen. Denn Filme, in denen alles schlimm und traurig ist, hat die Berlinale heuer mehr als genug.