Wie Regisseur Fatih Akin die Nerven des Berlinale-Publikums mit seinem Horror-Thriller "Der Goldene Handschuh" strapaziert und zahlreiche Besucher anlockt.
Überraschend kam die Sache nicht: "Der goldene Handschuh" ist bei den 69. Internationalen Filmfestspielen in Berlin der erste große Publikumsrenner gewesen. Volle Kinos, großer Rummel - das war ganz nach dem Geschmack der Festivalmacher um den scheidenden Chef Dieter Kosslick. Die von vorneherein übertriebenen Erwartungen konnte der deutsche Beitrag im Wettbewerb um den Goldenen Bären aber am Ende nicht erfüllen.
Regisseur Fatih Akin, der vor 14 Jahren mit "Gegen die Wand" schon einmal den besten Film einer Berlinale hatte, schickt das Publikum mit seinem neuen Film auf einen Höllenritt. Basierend auf dem Erfolgroman von Heinz Strunk schildert Akin die Taten des Serienmörders Fritz Honka, der Anfang der 70er Jahre in Hamburg vier Frauen umbrachte und ihre Leichen zerstückelte. Mit Ausnahme einiger stimmiger Milieuszenen aus dem "Goldenen Handschuh" (einer Kiez-Kneipe, die es heute noch gibt) und einer grotesken, aber stimmigen, akustischen Reise durch die Schlagerwelt der Früh-70er hat der Film außer einem Mord nach dem anderen aber nicht viel zu bieten.
Wahre Geschichte als Vorlage
Die Tötungen inszeniert Fatih Akin in einer derartigen Brutalität, dass es einem die Sprache verschlägt. Das mag vielleicht sogar realistisch sein, ist aber völlig überzogen. So ist "Der Goldene Handschuh" nicht viel mehr als ein Horrorfilm nach einer wahren Geschichte. Fatih Akin, der für "Aus dem Nichts" sogar den europäischen Filmpreis erhielt, hat seinen neuen Film bewusst so gemacht.
Das war keine gute Entscheidung, denn die Geschichte des Fritz Honka und dem Leben am Rande des Hamburger Rotlicht-Milieus hätte viel mehr hergegeben als ein blutrünstiges Schlachtfest. "Der Goldene Handschuh" kommt am 21. Februar in die deutschen Kinos. Allerdings nur für Zuschauer, die älter als 18 sind.
Sucht man im diesjährigen Berlinale-Programm nach weiteren Filmen, die es flächendeckend in die deutschen Kinos schaffen könnten, wird die Sache schwer.
Nora Fingscheidts "Systemsprenger", als deutscher Wettbewerbsbeitrag gelaufen, ist auch nicht viel mehr als das altbekannte "Kleine Fernsehspiel". Das ist nicht neu, wenn man auf die Geschichte der Internationalen Filmfestspiele blickt. Denn die können halt auch nur das zeigen, was der deutschen Markt hergibt.
Immerhin: es war auch schon mal deutlich weniger. Die Geschichte über die zehnjährige Benni, die mit ihren Gewaltausbrüchen Eltern und Jugendämter gleichermaßen an ihre Grenzen bringt, ist jedenfalls solide, gut gespielt und wohl lebensnäher, als man annehmen möchte. Für mehr als einen höflichen Applaus bei einem Filmfestival reicht das aber trotzdem nicht.