Was sind strategische und taktische Atomwaffen?
Bei Atomwaffen wird unterschieden zwischen taktischen und strategischen Waffen. Taktische Atomwaffen, auch "Gefechtsfeldwaffen", sind in der Regel kleiner und sind für den begrenzten Einsatz auf dem Schlachtfeld gedacht. Sie richten sich vor allem gegen militärische Ziele und sollen etwa dafür sorgen, eine Frontlinie zu durchbrechen. Sie werden gegen gegnerische Streitkräfte eingesetzt. Sie werden von Flugzeugen, Kriegsschiffen, U-Booten, aber auch von Artilleriegeschützen ins Ziel gebracht.
Die Nato ging während des Kalten Kriegs davon aus, dass der Einsatz von nuklearen Waffen kontrollierbar sei und dass sich die Auseinandersetzung nicht zu einem allumfassenden Atomkrieg ausweiten müsste. Die Strategie wurde "Flexible Response" genannt. An dieser Theorie des begrenzten Konflikts mit Atomwaffen gab es jedoch große Zweifel und so wurde die Strategie "Flexible Response" 1991 abgelöst.
Strategische Atomwaffen hingegen sind für den großflächigen Einsatz im gegnerischen Hinterland gedacht und richten sich dadurch auch gegen große Städte. Sie sind größer als taktische Atomwaffen und werden von Langstreckenbombern, Mittelstreckenraketen und Interkontinentalraketen ins Ziel gebracht.
Welche Reichweite haben Atomwaffen?
Grundsätzlich haben strategische Atomwaffen große Reichweiten von bis zu 15.000 Kilometern. Taktische Kernwaffen sind meist in ihrer Reichweite eingeschränkt, da sie auch in einem begrenzten Umfeld zum Einsatz gebracht werden sollen. Diese Aufteilung ist jedoch mit der Zeit verwischt worden - inzwischen gibt es auch weitreichende Raketen, die einen Sprengkopf mit geringerer Kraft transportieren. Ein Beispiel sind die Trident-2-Raketen, die seit 2019 auf US-U-Booten stationiert sind.
Die Reichweite von Atomwaffen hängt jedenfalls immer vom Trägersystem ab. Langstreckenbomber haben Reichweiten von über 10.000 Kilometern und können dann ihre Atombomben abwerfen. Interkontinentalraketen können weit entfernte Ziele angreifen, wie der Name bereits sagt. Sie erreichen Ziele in eine Entfernung von bis zu 15.000 Kilometern und können oft mehrere Atomsprengköpfe transportieren und dadurch mehrere Ziele angreifen, wenn die Sprengköpfe an unterschiedlichen Orten abgeworfen werden. Die in Deutschland stationierten Atomwaffen in Büchel in Rheinland-Pfalz würden von den dort stationierten Tornados der Bundeswehr eingesetzt werden. Diese haben eine Reichweite von ca. 1.600 Kilometern. Russland verfügt über Luft-Boden-Hyperschallraketen, die mit konventionellen Sprengköpfen angeblich schon in der Ukraine im Einsatz waren. Diese Raketen haben eine Reichweite von etwa 2.500 Kilometern und sind mit vielfacher Schallgeschwindigkeit unterwegs. Für diese 2.500 Kilometer würden sie nur sehr kurze Zeit benötigen.
In den 70ern und 80ern des 20. Jahrhunderts gab es außerdem noch Mittelstrecken-Raketen, die ihren Fokus auf den europäischen Konfliktraum hatten. Sie hatten eine Reichweite von bis zu 5.000 Kilometern und hätten von Russland aus Städte in Europa, aber nicht in den USA erreichen können. Bekannt sind hier die sowjetischen SS-20 Raketen sowie die Pershing-2-Raketen der Nato. Diese Waffensysteme existieren jedoch nicht mehr - im Jahr 1987 vereinbarten die Supermächte in einem Abrüstungsabkommen das Verbot von Mittelstreckenraketen.
Was passiert bei einer Atombombenexplosion?
Im Moment der Zündung einer Atombombe entstehen im Zentrum der Explosion Temperaturen von mehreren Millionen Grad und ein gigantischer Druck von mehreren Billionen Pascal. Rund 50 Prozent der Energie wird in Form einer Druckwelle freigesetzt, mehr als ein Drittel in Form von Hitze und 10 Prozent als Falloutstrahlung. Rund 5 Prozent der Energie wird als Sofortstrahlung abgegeben. Im ersten Moment wird ein extrem heller Lichtblitz erzeugt, der Menschen auch in weiter Entfernung erblinden lassen kann. Im direkten Umfeld der Explosion wird alles verdampft. In einem weiteren Umkreis geraten brennbare Gegenstände und Stoffe in Brand und Menschen erleiden schwerste Verbrennungen durch die Hitze.
Die Explosionskraft ist gewaltig, da die Hälfte der Energie als Druckwelle abgegeben wird. Diese verursacht den größten Verlust an Menschenleben in direkter Folge der Explosion. Schäden werden durch den extremen Luftüberdruck an der Vorderseite der Druckwelle erzeugt, die sich in alle Richtungen ausbreitet. Menschen sterben direkt am Überdruck oder an Auswirkungen wie umherfliegenden Trümmern und einstürzenden Gebäuden.
Nur ein geringer Teil der Menschen stirbt an der Sofortstrahlung, da diese nur kurz wirkt und in einem begrenzten Radius. In diesem Umkreis sterben die Menschen vor allem durch die Druckwelle. Die ionisierende Strahlung, die später als eine Minute nach der Explosion emittiert wird, heißt Reststrahlung. Ihr größter Teil ist der sogenannte Fallout. Zusätzlich zu dem Fallout gibt es eine gewisse Reststrahlung in der Nähe des Explosionsherdes, die durch Aktivierung von Neutronen entsteht.
Was würde passieren, wenn eine Atombombe auf Berlin abgeworfen wird?
In einer Studie aus dem Jahr 2020 hat die Umweltorganisation Greenpeace errechnen lassen, was passieren würde, wenn Deutschland das Ziel eines atomaren Angriffs werden würde. Als Beispiele wurden etwa Berlin und Frankfurt genommen, um eine Abschätzung über die Folgen zu liefern. Diese sind nur sehr ungefähr, bieten aber eine grobe Einschätzung zur Größenordnung der Auswirkungen eines solchen Vorfalls.
In der Studie wurde angenommen, dass eine 20-Kilotonnen-Bombe direkt vor dem Reichstagsgebäude in Berlin explodiert. In einem Radius von 260 Meter würde alles verdampfen. Hiervon wären um die 1000 Menschen direkt betroffen. In einem Radius von 590 Metern würden Gebäude schwer beschädigt und beinahe alle Menschen, rund 4500, würden sterben. In weiterer Entfernung zum Explosionsort bis etwa 1,4 Kilometern würden Menschen im Freien eine tödliche Strahlendosis abbekommen, auch Druckwelle und Hitze wären hier für viele Todesfälle verantwortlich. Die Schätzungen gehen von rund 20.000 Toten aus. In einem weiteren Radius bis etwa 2 Kilometer würden Menschen schwere Verbrennungen erleiden, rund 50.000 Menschen wären betroffen. Insgesamt geht die Modellrechnung für den beschriebenen Fall von rund 27.000 Toten und über 70.000 Verletzten aus, in direkter Folge der Explosion.
Weitreichende Folgen wären durch den Fallout zu erwarten, in dem radioaktiv belastetes Material niedergehen würde. In dem rund 150 Quadratkilometer großen Gebiet, das dann betroffen wäre, wohnen rund 318.000 Menschen. Menschen im Freien würden durch den Fallout eine tödliche Strahlendosis abbekommen. Dies würde mehrere Zehntausend Menschen betreffen. Zehntausende weitere Menschen würden das Risiko tödlicher Krebserkrankungen aufweisen. In einer Entfernung bis etwa 100 km wären insgesamt über 600.000 Menschen von hohen Strahlendosen betroffen, die akut tödlich sein können oder erhebliche Langzeitfolgen nach sich ziehen können. Die Studie geht davon aus, dass durch den Fallout rund 120.000 Tote zu erwarten wären, dazu rund 50.000 spätere Todesfälle durch eine Krebserkrankung.
Noch drastische wären die Auswirkungen, wenn eine strategische Atomwaffe auf Frankfurt gerichtet würde. Hier geht die Studie von rund 500.000 Toten in direkter Folge und weiteren 165.000 Krebstoten aus. Das Gebiet der radioaktiven Verseuchung würde sich in diesem Fall durch weite Teile Deutschlands ziehen. Aufgrund üblicher Windrichtung wäre davon auszugehen, dass sich der Fallout bis in den Harz ziehen würde.
Welche Auswirkungen hat ein Atomkrieg abseits von Explosion und Strahlung?
Doch es droht nicht nur Gefahr durch Strahlung und durch die direkten Explosionsauswirkungen. Ein Atomkrieg hätte auch direkte Auswirkungen auf die Nahrungsmittelversorgung der ganzen Welt. Eine Studie im Fachjournal "Nature Food" von Forscher*innen um Lili Xia und Alan Robock von der Rutgers University in New Brunswick (New Jersey, USA) zeigt: Das Leben von vielen Millionen Menschen wären selbst von einem regionalen, nuklearen Konflikt bedroht.
"In einem Atomkrieg würden auf Städte und Industriegebiete gerichtete Bomben Feuerstürme auslösen und große Mengen Ruß in die obere Atmosphäre schleudern, der sich global ausbreiten und den Planeten schnell abkühlen würde", schreiben die Wissenschaftler, von denen drei am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) tätig sind. Die Fortschritte bei der Modellierung der globalen Veränderungen im Zuge des Klimawandels haben Simulationen wie in dieser Studie möglich gemacht. Die Folgen eines Atomkriegs würden jedoch erheblich schneller eintreten als beim Klimawandel.
Die Folge eines begrenzten Konflikts, in dessen Verlauf die Forschenden von rund 100 Atombomben mit je 15.000 Tonnen Sprengkraft ausgingen, wären weltweite Hungersnöte durch Ruß in der oberen Atmosphäre und die resultierenden Ernteausfälle. Die Studie geht von rund 255 Millionen Hungertoten weltweit aus. Noch drastischer wären die Folgen eines weltweiten Atomkriegs. In diesem Fall - ausgehend von rund 4400 Atombomben mit 100.000 Tonnen Sprengkraft - würde mehr als die Hälfte der Menschheit verhungern. Die Auswirkungen der Explosionen und der Verstrahlung ist bei dem Ergebnis von rund 5 Milliarden Toten noch gar nicht eingerechnet.
"Diese Daten zeigen uns Eines: Wir müssen verhindern, dass ein Atomkrieg jemals geschieht", sagte Robock. «Wenn es Atomwaffen gibt, können sie auch eingesetzt werden. Das Verbot von Atomwaffen ist die einzige langfristige Lösung.» Wie es zu einem Atomkrieg kommen könnte oder verschiedene Wege, diesen zu verhindern, haben die Forscher nicht untersucht.
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Jawohl! Schiebt den Artikel immer wieder nach oben - gibt noch viel zu wenig Panikmache!
der Artikel war schon im Mai und im August zu lesen und nun wieder. Ob das mit den Leoparden zusammenhängt und der damit verbundenen Eskalation? Spätestens wenn unsere "Freunde" meinen die Krim zu erobern scheppert es gewaltig und wir mitten drin bzw beteiligt. Nunja Weltkrieg ist deutsche Tradition das war so und bleibt so leider...
Die Haubize 2000 aus Deutschland versetzt die Ukraine in die Lage auch Atom-Granaten damit zu verschiessen, bzw Saporischa mit normaler Munition zu treffen. Die Waffen sind nur unter der Kontrolle eines lokalen Kommandeurs. Damit kommen wir dem Szenario sicher näher und reiben uns dann die Augen. Warum man den Komiker, das ASOW-Regiment und den Berufsboxer unterstützt ist mir unverständlich und es ist hochgefährlich
Ich frage mich, wer solche "Studien" erstellt, die immer mehr Panik unter den Menschen schüren, die ohnehin schon von der Coronakrise und der Energiekrise gebeutelt werden. Das ist einfach krankhaft.