Thomas Schaller besitzt ein Stück Perfektion in Palisander

3 Min
An der Oberseite ist die Gitarre abgerundet, was das Auflegen des Arms angenehmer macht. Das helle Tonholz ist aus Fichte, das Griffbrett aus Ebenholz. Zarge und Boden sind aus ostindischem Palisander.
An der Oberseite ist die Gitarre abgerundet, was das Auflegen des Arms angenehmer macht. Das helle Tonholz ist aus Fichte, das Griffbrett aus Ebenholz. Zarge und Boden sind aus ostindischem Palisander.
Die Ornamente und schmalen Ränder am Gitarrenkörper aus Perlmutt (Abalone) sind der einzige offensichtliche Schmuck.
Die Ornamente und schmalen Ränder am Gitarrenkörper aus Perlmutt (Abalone) sind der einzige offensichtliche Schmuck.
 
Das "Ryan"-Markenzeichen ist unauffällig im Körper der Gitarre.
Das "Ryan"-Markenzeichen ist unauffällig im Körper der Gitarre.
 

Ein musikalischer Traum von Thomas Schaller aus Marktzeuln trägt den Namen "Cathedral" und hat Stahlseiten. Nach Jahren hat der 51-Jährige ihn sich verwirklicht.

Vor drei oder vier Jahren hat sich Thomas Schaller neu verliebt. In einem holländischen Gitarrenladen. "Ryan Cathedral" hieß die Auserwählte. "Ich habe sie in die Hand genommen, und es war sofort alles da: Spielgefühl, Klang, Verbindung. Phänomenal!" Aber der Preis ... Es hat damals nicht sollen sein. Seit sechs Wochen besitzt der 51-Jährige Marktzeulner das Instrument. Also fast.

Sieben Jahre Wartezeit

Vor zwei Jahren wollte Schaller sich die gebrauchte "Cathedral" kaufen, die er sich beim ersten Aufeinandertreffen hatte entgehen lassen. Doch nachdem er übers Internet beim Gitarrenbauer Kevin Ryan angeklopft hatte, machte der ihm ein besseres Angebot. Nämlich für denselben Preis eine neue zu bauen. "Da war ich erstmal aus dem Häuschen." Nach Monaten Bedenkzeit gab Schaller sein O.K. für den Bau.
Dann hätte er eigentlich fünf bis sieben Jahre Wartezeit einplanen müssen. Über Kontakte zu Peter Finger - eine gut vernetzte Gitarristen-Ikone aus Osnabrück - ging es deutlich schneller. Seit dem 21. Juni nennt er das Trauminstrument sein Eigen.

"Cathedral Grand Fingerstyle" heißt die große Liebe, die Thomas Schaller neben seiner Ehefrau und seinen zwei Töchtern hat, mit vollem Namen. Die Gitarre lagert in dem Musikzimmer des 51-Jährigen im ersten Stock seines Marktzeulner Hauses in einem Koffer aus glänzend schwarzer Kohlefaser.

Innen ist der schlanke Koffer mit schwarzem Samt verkleidet. Ein Gitarrenbefeuchter, der über den Saiten hängt, reguliert die Luftfeuchtigkeit, die von einem Messgerät erfasst wird. "Um die 50 sollte es anzeigen", beschreibt Schaller die perfekte klimatische Umgebung für eine gute Gitarre. Eine passende 54 steht auf der Uhr.

"Voila." Vorsichtig nimmt er die Gitarre raus, legt sie übers rechte Knie und zupft eine Saite. Zwei Instrumente baut Kevin Ryan aus Californien im Monat - alle nach Kundenwunsch. Deshalb und weil die Materialien - Fichte, Ebenholz, Palisander und Perlmutt - erlesen sind, kosten sie einiges. Die günstigste Gitarre, die auf der Homepage des Künstlers zum Verkauf steht, liegt bei 14 500, die teuerste bei 27 000 Dollar. So teuer, sagt Schaller, sei seine aber nicht gewesen. Ist sowieso zweitrangig: "Sie ist perfekt. Hören Sie mal den Klang", sagt Schaller und zupft die Stahlsaiten. Klingt auch für den Laien voll und warm. Bei Konzerten in Kirchen etwa braucht Schaller keinen Verstärker.

Der Traum, nur Gitarrist zu sein

Schaller ist nicht nur Besitzer eines edlen Instruments, sondern auch Lehrer für evangelische Religion und Musik an der Realschule Burgkunstadt. "Indirekt" habe sein Künstlersein Einfluss auf den Unterricht. Schaller kennt sich mit Musik rundum aus: Er komponiert Stücke mit dem Bleistift auf Papier, kann sie in ein Computerprogramm übertragen und ist in Sachen Tontechnik informiert. Trotzdem wolle er nicht jeden Schüler zum Vollblutmusiker drängen. "Es ist gut, dass ich praktisches Wissen habe. Aber vor allem ist für mich wichtig, neben der Arbeit noch etwas anderes zum Ausgleich zu haben", sagt er.

Sicherlich gehört der Marktzeulner zu den besten Gitarristen der Region, vielleicht Deutschlands. War da eigentlich jemals der Traum, nur Gitarrist zu sein? Schaller lacht. "Es gab schon so Midlife-Crisis-Zeiten, in denen ich daran gedacht habe." Jedoch weiß er, dass er eine enge musikalische Sparte bedient. "Diese Sicherheit und der Lebensstandard, den wir haben, wären so nicht denkbar", sagt Schaller und weist in den Flur des schicken Einfamilienhauses in Marktzeuln. Seine Art zu spielen, der "Fingerstyle", hat mit Popmusik aus dem Radio wenig gemein. "Der Wechselbass mit dem springenden Daumen ist das Typische", erklärt er den Stil, bei dem meist Stahlsaiten gezupft werden. Möglicherweise, meint er, hätte er sich als Profi-Gitarrist nicht einmal die teure "Cathedral" von Kevin Ryan leisten können.

Trotzdem freut sich der 51-Jährige über Angebote, in gut klingenden Räumen aufzutreten - gern Kirchen, Kapellen, Synagogen. Alle paar Wochen die Nähe zum Publikum spüren, die er so mag. Übrigens singt der Gitarrist bei seinen Auftritten prinzipiell nicht. "Ich kann singen, und im Unterricht tu' ich das auch. Aber ich finde, diese Musik ... das sind Lieder ohne Worte." Es komme wohl auch daher, dass seine Wurzeln in der klassischen Musik liegen. Bei Komponisten wie Heitor Villa-Lobos (Brasilien), Fernando Sorr (Spanien) oder Johann Sebastian Bach. Gerade die Stücke des Letztgenannten auf die Gitarre zu übertragen, sei extrem schwierig. "Das ist ein Universum für sich."

Die Religion spielt mit

Wer neugierig geworden ist, kann sich Schallers CD "Pilgrim" von 2012 anhören. Die Lieder klingen warm, meist ein bisschen melancholisch und haben Titel wie "Ein Engel in der Not", "Licht und Liebe" oder "Sehnsucht nach dem Licht". Der Name der CD, zu deutsch Pilger, komme einerseits daher, dass er mit meiner Frau und Freunden gern auf dem Jakobsweg unterwegs sei. Zum anderen handelten die Lieder von Stationen auf dem Lebensweg. Dieses Religiöse stecke immer drin, sei aber nicht bewusst gewollt. Es ergebe sich automatisch beim Spiel, meint Schaller. Nur der erste Abschnitt einer Komposition sei Arbeit: "Das letzte bisschen bekommt man geschenkt."