Der Lichtenfelser Bau- und Umweltausschuss behandelte Martin Schramms Bauantrag für zwei Asylbewerberunterkünfte in dem Gewerbegebiet. Um ihn befürworten zu können, hätte das Gremium den Bebauungsplan verändern müssen.
Einstimmig dagegen. So votierte der Lichtenfelser Bau- und Umweltausschuss beim Tagesordnungspunkt drei in seiner Sitzung am Dienstag. Es ging um Martin Schramms Antrag zum Neubau von zwei Asylbewerberunterkünften an der Mainau.
160 Menschen sollten in dem Gewerbegebiet - zwischen dem OBI-Baumarkt und dem Modegeschäft Vögele - eine mögliche Unterkunft finden. Der Lichtenfelser Bauunternehmer Martin Schramm will dort zwei Wohneinheiten mit Platz für je 80 Personen anlegen. Die Umsetzung ist aber umstritten, weil der von Schramm angepeilte Bauplatz mitten in einem Gewerbegebiet liegt. Um hier den Bau von Wohnungen zu ermöglichen, müsste die Stadt Lichtenfels Änderungen im Bebauungsplan vornehmen.
Rechtsprechung beurteilt kritisch
"Zulässig in diesem Bereich sind nur Gewerbebetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören ... sowie zugehörige Wohnungen für Betriebspersonal, Betriebsinhaber und so weiter", verlas Günther Lorenz, Leiter der Bauverwaltung, die geltenden Richtlinien für den Standort.
Im Bebauungsplan ausgeschlossen seien an gleicher Stelle Anlagen für kirchliche, Kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke, sagte Lorenz. Dann bezog er sich auf das von Schramm angedachte Bauvorhaben. Dieses sei "nach der Rechtsprechung als Anlage mit wohnähnlichem Charakter anzusehen". Die Unterbringung solcher Anlagen in Gewerbegebieten werde "von der Rechtsprechung generell als kritisch beurteilt", so Lorenz. Ein Ausschlusskriterium sei das aber noch nicht.
Denn aufgrund der zunehmenden Flüchtlingszahlen will der Gesetzgeber die Zulassung von Flüchtlingsunterkünften in Gewerbegebieten erleichtern. Lorenz verwies in der Ausschusssitzung auf den Paragrafen 246, Abschnitt 10 im Baugesetzbuch: Sich von den Richtlinien des Bebauungsplans zu befreien sei möglich, wenn zweierlei Punkte erfüllt seien:
Anlagen für soziale Zwecke müssten "in dem betreffenden Bereich zumindest allgemein oder ausnahmsweise zulässig sein". Das sei hier nicht der Fall, so Lorenz. Zweitens müsse die Befreiung "unter Würdigung nachbarrechtlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar sein". Die Sonderregelung, die es erleichtern soll, Flüchtlingsunterkünfte in Gewerbegebieten zu bauen, könne in diesem Fall nicht zur Anwendung kommen, sagte Lorenz.
Den Bebauungsplan ändern?
Um den Bau zu ermöglichen, müsste der Bebauungsplan geändert werden. Eine solche Änderung schien Lorenz stellvertretend für die Lichtenfelser Bauverwaltung "aus städtebaulicher Sicht problematisch". Es handele sich bei den betreffenden Grundstücken um die letzten noch bebaubaren Plätze an der Mainau. Und die sollten möglichst "für eine gewerbliche Entwicklung vorbehalten bleiben".
Bürgermeister Andreas Hügerich (SPD) stimmte zu, dass es sinnvoll sei, die Flächen für gewerbliche Zwecke freizuhalten. Man dürfe die Stadtentwicklung nicht außer Acht lassen. "Wir haben dem Bauwerber mehrere Alternativen zu dem Baugrund mitgeteilt, die für uns eher in Betracht kommen könnten", wies Hügerich hin. Er schlug vor, das gemeindliche Einvernehmen zu versagen.
Lieber Arbeitsplätze schaffen
Auf Dietmar Heinkelmanns (SPD) Nachfrage, ob man die Alternativstandorte bekanntgeben könne, wollte Hügerich im öffentlichen Teil der Sitzung nicht eingehen. Mit Hinweis darauf, dass die Belange Dritter berührt seien - es handele sich auch um Privatgrundstücke. Otto Dinkel (CSU) äußerte die Befürchtung, dass die bis zu 160 Flüchtlinge im Gewerbegebiet isoliert sein könnten. Rudolph Panzer (FW/FB) sagte, wenn man auf diesen letzten freien Grundstücken an der Mainau Unterkünfte baue, würde man sich die Chance nehmen, an dieser Stelle Arbeitsplätze zu schaffen. Es zu versagen sei auch im Sinne der Flüchtlinge: "Es ist nicht nur so, dass die Leute da sind, sondern sie müssen auch einen Arbeitsplatz kriegen. Und dann haben wir möglicherweise kein Gelände, auf dem wir Betriebe ansiedeln können." Der Bau- und Umweltausschuss versagte das gemeindliche Einvernehmen einstimmig.
Bei Werbeschildern genau hingesehen
In der Lichtenfelser Innenstadt hängen Nasenschilder, Flachschilder, Leuchtkästen und allerlei andere Arten von Werbetafeln. Bei einer Ortsbegehung ließen die Mitglieder des Bau- und Umweltausschusses diese auf sich wirken. Um danach einen Neuerlass der Gestaltungs- und Erhaltungssatzung zu diskutieren.
Bei der vorhergehenden Bauausschusssitzung war beschlossen worden, dass sich die Mitglieder aktiv in der Innenstadt umsehen sollten. Die bestehende Gestaltungs- und Erhaltungssatzung sollte auf den Prüfstand kommen. Zur jetzigen Sitzung lagen zudem Bauanträge des Betreibers der Generali-Versicherungsfiliale an der Badgasse und der Firma Westfa-Werbung vor, die geprüft werden sollten.
Bürgermeister Andreas Hügerich und Bauverwaltungschef Günther Lorenz warben für eine "abgespeckte Satzung", die Raum für Einzelfallentscheidungen lasse: Den Händlern solle Freiraum für individuelle Lösungen gelassen werden. Dabei solle man Wohngebiete aber möglichst freihalten von großen Werbeanlagen, wie sie Westfa-Werbung einsetzt. Man wolle jetzt mit dem Landratsamt absprechen, wie man die Anregungen in einer Verordnung zu Papier bringen könne. Bis zur kommenden Sitzung des Bau- und Umweltausschusses sollen die entsprechenden Unterlagen vorliegen. Hügerich sprach sich zudem dafür aus, dass die Gewerbetreibenden sensibilisiert werden sollten, ihre Werbemaßnahmen vor Anbringung mit der Stadt abzustimmen. Derzeit ist es oft der Fall, dass sie erst angebracht und nachträglich beurteilt werden.
Das gemeindliche Einvernehmen erhielt der Neubau einer Wohnanlage mit zwei Mehrfamilienwohnhäusern mit je neun und sechs Wohneinheiten sowie Garagen, Carports und Stellplätzen an der Wendenstraße 35a und 35b. Bauherr ist die Raab Baugesellschaft.
Ebenfalls sprach das Gremium sein gemeindliches Einvernehmen für einen Bauantrag der Stadt Lichtenfels aus: Es ging um die Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen der Herzog-Otto-Mittelschule an der Friedenslinde 7. Primär verbesserten die Umbauten den Brandschutz und die Sicherheit des Schulgebäudes.