Der frühere Justiziar am Landratsamt, Jürgen Meins, hatte deutlich Kritik am Vorgehen der Stadt zum Thema Altlasten geübt. Die Stadt antwortet auf die Vorhaltungen .
Was geschah mit dem Unrat, der nach dem Zweiten Weltkrieg und offenbar noch bis in die 1950er Jahre in der Blaich im Untergrund verschwand? Darüber ist eine Diskussion entbrannt - vor allem die Frage betreffend: Geht eine Gefahr von den Hinterlassenschaften für die Bewohner aus? Die Stadt hatte dazu ein umfangreiches Gutachten in Auftrag gegeben. Das beauftragte Büro Rupp kommt zusammengefasst zu dem Schluss: Die Belastung ist geringer als befürchtet. Daraufhin hatte sich der frühere Justiziar am Landratsamt und Experte für Umweltfragen, Jürgen Meins, kritisch geäußert, was das Vorgehen der Stadt betrifft. Nun entgegnen die Stadtverwaltung und OB Ingo Lehmann (SPD) Meins' Äußerungen.
Muss der Verursacher der Altlast - hier also offenkundig die Stadt Kulmbach - automatisch die Kosten für Untersuchung und Sanierung tragen?
Die von Herrn Meins getroffenen Aussagen dazu sind grundsätzlich richtig. Jedoch muss die Stadt Kulmbach nur für eine Sanierung zahlen, wenn diese auch notwendig ist.
Verlief die Information der betroffenen Grundstücksbesitzer korrekt? Was ist mit jenen, die die Bodenprüftrupps nicht aufs Grundstück ließen? Haben sie daraus Nachteile zu erwarten?
Im Vorfeld der geplanten Untersuchungen haben wir alle betroffenen Grundstückseigentümer über die geplanten Maßnahmen aufgeklärt und per Infoschreiben ausführlich unterrichtet. Eine Verpflichtung zur Duldung von Untersuchungen setzt zunächst einen entsprechenden Verwaltungsakt voraus, der im zweiten Schritt vollstreckt werden könnte. Dieses Vorgehen liegt im Ermessen der Behörde. Eine Verpflichtung besteht grundsätzlich nicht. Hier wurde das Ermessen zugunsten der Betroffenen ausgeübt, da für eine Gesamtbewertung eine Untersuchung gerade auch dieser Grundstücke nicht erforderlich war.
Gibt es spezielle Verfahren für die Sanierung ehemaliger Hausmülldeponien wie in der Blaich? Und wie sieht es mit der Haftung aus, sollten Eigentümer auf belastetem Grund bauen wollen?
Die Fläche wurde erst 2017 in Teilbereichen durch das Landratsamt in das Altlastenkataster aufgenommen. Ein Risiko hat in gewisser Hinsicht jeder Bauherr. Bei einem Bauvorhaben mit entsprechenden Aushubmaßnahmen ist der Bauherr verpflichtet, das Aushubmaterial fachgerecht entsorgen zu lassen. Fällt bei einem Aushub eine Beimengung von Fremdstoffen auf oder zeigt dieser Aushub Unregelmäßigkeiten, sind entsprechende Untersuchungen durch den Bauherren zu veranlassen, um den richtigen Entsorgungsweg festlegen zu können. Dies ist ein ganz normales Vorgehen und bezieht sich auf das Abfallrecht.
"Die Aussage von Herrn Meins bezüglich des Bestandsschutzes ist nicht korrekt, wie auch die Aussage, dass die Regierung entscheidet, wann saniert wird. Hier findet eine Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger statt", so OB Ingo Lehmann dazu. Und weiter: "Die Sanierungspflicht geht nicht von einer Behörde aus, und es kann auch nicht frei entschieden werden, sondern eine Sanierung hängt von den Schadstoffen, der Belastung und der Nutzung ab. Die Grenzwerte von Schadstoffen werden zudem natürlich nicht willkürlich festgesetzt. Eine Bebauung von Altlastenflächen beziehungsweise vorbelasteten Grundstücken ist durchaus möglich und wird sehr oft praktiziert. Allerdings sind hier eben entsprechende Vorgaben zu beachten."
Hat sich die Stadt einer anderen Lösung des Problems verweigert?
Hier müssen wir Herrn Meins deutlich widersprechen. Wir haben uns in keiner Weise quergestellt, sondern in Abstimmung mit dem Landratsamt alle notwendigen Schritte nach Bundesbodenschutzgesetz abgearbeitet. Wir haben auch gemäß Artikel 13a BayBodSchG über die Gesellschaft zur Altlastensanierung in Bayern mbH (GAB) eine Förderung beantragt und diese auch bewilligt bekommen. Wir bekommen jedoch die Sanierung nur dort gefördert, wo bodenschutzrechtlich auch eine Sanierung notwendig ist.
Wann wäre das Sanierungsverfahren abgeschlossen, wann die Altlast offiziell aus dem Register entfernt?
Ein Entlassung aus dem Altlastenkataster würde nur bei einer vollständigen Sanierung - in der Regel durch Aushub und Entsorgung der Abfälle - in Frage kommen. Dies ist aber baulich aus verschiedenen Gründen bei vielen Grundstücken gar nicht möglich. "Und hier sind wir auch wieder bei dem Punkt ,wirtschaftlicher Einsatz von Steuermitteln'", sagt Ingo Lehmann. "Wo kein vollständiger Aushub notwendig ist - und dies ist er nirgendwo in der Blaich -, werden wir auch keine Kosten für einen Totalaushub übernehmen. Demzufolge ist auch für kein Grundstück eine Entlassung aus dem Altlastenkataster aktuell möglich. Es wird auch keine Altlast getilgt. Wann eine Bank einen Kredit vergibt, kommt zudem auch nicht allein auf das Grundstück an." Durch die Untersuchungen und die dadurch gewonnenen Erkenntnisse zählen einige Grundstücke nicht mehr zu der Verdachtsfläche und werden somit nicht im sog. Altlastenkataster weitergeführt.
Genügt es tatsächlich, den Oberboden auf einer Höhe von 30 bis 35 Zentimetern auszutauschen/mit unbelastetem Material zu bedecken oder den Eigentümern der Flächen Hochbeete als Alternative anzubieten? Reicht das als Schutz für die Bürger in der Blaich? Was macht die Baugenossenschaft mit ihren Vorhaben, die auf Eis liegen?
Hier hat Herr Meins einige Kriterien durcheinander gebracht. Hochbeete haben nichts mit spielenden Kindern im Freien zu tun. Bei den Hochbeeten geht es lediglich um einen Ersatz für die gärtnerische Nutzung der Privatgrundstücke, sollte ein Austausch des Oberbodens - aus welchen Gründen auch immer - nicht möglich sein. Der direkte Kontakt im Oberboden kann nur durch einen Bodenaustausch oder durch Aufbringen von unbelasteten Oberboden erreicht werden. Ein Grundstückseigentümer macht sich auch strafbar beziehungsweise regresspflichtig, sollte er beim Verkauf die Altlast, die ja nun allen Grundstückseigentümern bekannt ist, arglistig verschweigen. Durch Eintragung im Altlastenkataster des Landratsamtes gilt das Grundstück als belastet. Diese Belastung muss künftig bei jedem Grundstücksgeschäft angegeben werden.
OB Ingo Lehmann ergänzt dazu: "Die Baugenossenschaft hat nun Klarheit. Natürlich hätte sie bereits vorher bauen können, allerdings wollte sie - was aus wirtschaftlicher Sicht verständlich ist - abwarten, ob die Kosten für eine mögliche Entsorgung eventuell die Stadt zahlen muss. Dies ist nun nicht der Fall, wie wir kürzlich bekanntgegeben haben. Wir machen außerdem auch kein Geheimnis daraus, dass es durchaus auch andere Interessenten gibt, die gerne im Bereich Blaich bauen würden."