Seit fünf Jahren beschäftigt sich die Justiz mit falsch abgerechneten Präventionskursen in einem Fitnessstudio. Jetzt gab es eine überraschende Gerichtsentscheidung. Und es stellt sich die Frage: Hat auch die AOK Fehler gemacht?
Gesundheit ist kein Zufall: Jeder kann durch sein Verhalten selbst dazu beitragen, Krankheiten vorzubeugen. Deswegen geben die Krankenkassen für Prävention viel Geld aus. Sie bezahlen zum Beispiel Zuschüsse für Gesundheitskurse: Herz-Kreislauf, Pilates, Yoga, gesunder Rücken oder Entspannung - das professionelle Angebot ist vielfältig.
Doch im Geschäft mit der Gesundheit gibt es Graubereiche. Im Zweifel klärt ein Gericht, was erlaubt ist und was nicht. So auch in einem Kulmbacher Fall, der einen Rattenschwanz von Ermittlungen nach sich zog. Wahrscheinlich eines der letzten Verfahren wurde jetzt mit einer überraschenden Entscheidung des Landgerichts Bayreuth beendet.
Querverrechnung verboten
Im Zentrum des Komplexes: ein Fitnessstudio. Es hatte einer Vielzahl von Kunden die Teilnahme an Präventionskursen bestätigt. Die AOK bezahlte 75 Euro an jedes ihrer Mitglieder, obwohl die Kosten von 99 Euro verbotenerweise mit dem Monatsbeitrag des Studios verrechnet worden waren.
2013 erstattete die AOK Anzeige gegen das Fitnessstudio. Dort fand eine Hausdurchsuchung statt. Die Staatsanwaltschaft Bayreuth belangte den Betreiber des Studios wegen Beihilfe zum Betrug in 711 Fällen und weitete die Ermittlungen auf die Kursteilnehmer wegen Betrugs aus.
Wie viele Kunden des Fitnessstudios falsch abgerechnet haben, ist nicht mehr genau zu beziffern. Von 50 bis 60 Beschuldigten, zumeist im Rentenalter, denen Strafbefehle ins Haus flatterten, ist die Rede oder auch von knapp 100. Andere Quellen sprechen von 300 Personen. Leitender Oberstaatsanwalt Herbert Potzel geht jedenfalls davon aus, dass die Verfahren weitgehend abgeschlossen sind.
Mit geballter Faust
Die allermeisten Beschuldigten akzeptierten die Strafbefehle und bezahlten Geldstrafen. Sie dürften mit geballter Faust in der Tasche den aktuellen Richterspruch zur Kenntnis nehmen.
Ein Mann aus dem Landkreis Kulmbach hatte Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt. Und die Berufungskammer hob das Urteil des Amtsgerichts Bayreuth auf. Das Verfahren wurde wegen geringer Schuld eingestellt. Der Angeklagte (74) muss die Geldstrafe von 1600 Euro nicht bezahlen und verließ das Gericht als unbescholtener Mann. Sein Rechtsanwalt, Alexander Schmidtgall aus Kulmbach, meinte: "Das kommt einem Freispruch gleich." Auch die Gerichtskosten wurden der Staatskasse auferlegt.