Gestern kam ein Bus mit 47 Flüchtlingen in Mitwitz an, die meisten von ihnen stammen aus Afghanistan oder dem Irak. Sie werden im Jugendübernachtungshaus untergebracht. Und was sagen die Nachbarn?
Die Anwohnerin hält beim Beerenpflücken inne. Sie erinnert sich. Dass Geflohene kamen, hat sie schon mal erlebt. Damals kamen Schlesier und Egerländer nach Mitwitz. An diesem Tag sind es Afghanen und Iraker. 47 Fremde ziehen in das Jugendübernachtungshaus in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft ein. Für die Frau ist klar: "Ich mach' Stimmung - für die Asylanten!"
Am Dienstag hat sie aus der Zeitung erfahren, dass die Flüchtlinge kommen werden. Sehr kurzfristig. Aber wo manche sich beklagen würden, sagt sie ihre Hilfe zu. "Ich werde mich, so bald es geht, informieren, ob ich etwas tun kann. Das sind ganz arme Menschen, die alles verloren haben", sagt sie. Und wie ist die Stimmung in ihrer Nachbarschaft?
"Ich kann dazu nichts sagen. Ich halte nichts von Vorurteilen. Wir werden sehen, wie es funktioniert", meint eine Frau. Ein anderer will sich zu dem Thema nicht äußern. An der Schulstraße geht alles seiner Wege, während in der Turnhalle ein paar Hundert Meter entfernt die Gestrandeten eintreffen.
Nur, was sie am Körper tragen
An dem Donnerstagnachmittag bringt der Bus 47 Personen nach Mitwitz. Die meisten stammen laut Landratsamt aus dem Irak und Afghanistan, insgesamt sprechen die Menschen allerdings vier oder fünf unterschiedliche Sprachen. "Sie können sich untereinander kaum verständigen. Das macht die Kommunikation etwas aufwendiger", heißt es vor Ort. Das Betreten der Turnhalle, in der sie aufgenommen werden, ist für die Presse tabu.
Man sieht, die Menschen sind dünn. Einige fragen nach einer Zigarette. Sie haben wohl nur, was sie am Körper tragen. Mehrere Familien, eine schwangere Frau und ein junger Mann mit verletztem Auge sind unter den Menschen. Nach der Ankunft gibt es Essen, dann werden die Flüchtlinge "registriert", so gut es geht. Das heißt, Papiere oder Geburtsurkunden werden in einer groben Bestandsaufnahme ausgewertet.
Am heutigen Freitag werden vier der Flüchtlinge das Mitwitzer Jugendübernachtungshaus in Richtung "andere Bundesländer" verlassen. Der Rest bleibt zunächst in der Kreisgemeinde. Wie lang, ist vorerst ungewiss.
Der Umweg fällt immer öfter weg
Die Flüchtlinge wurden wohl von der Bundespolizei aufgegriffen. In Deggendorf (Niederbayern, dort gibt es eine Erstaufnahmeeinrichtung) seien sie vorregis triert und in Richtung Kreis Kronach weiter gesandt worden.
Gängige Praxis ist, dass Menschen, die nach Bayern eingereist sind, um Asyl zu beantragen, zuerst in eine Erstaufnahmeeinrichtung wie Zirndorf, München oder Deggendorf kommen. Dort bleiben sie kurze Zeit, werden ärztlich untersucht (Erstscreening) und ihre Personalien aufgenommen. Dann werden sie in der Regel an eine Übergangsaufnahme-Einrichtung, Bayreuth für Oberfranken, überstellt. Dort werden sie unter anderem eingehender medizinisch untersucht und dann "in die Fläche", also auf die Landkreise, verteilt.
Weil die Kapazitäten der Erst aufnahme-Einrichtungen mittlerweile ausgereizt sind, fällt der Umweg immer öfter weg. So wahrscheinlich auch im Fall der Flüchtlinge, die gestern in Mitwitz angekommen sind.
Helferkreis will unterstützen
Etwa zehn Männer und Frauen vom Landratsamt - vor allem Ausländer- und Sozialamt - kümmerten sich gestern um die Angekommenen. Materielle und medizinische Versorgung wird für das Landratsamt in den kommenden Tagen Priorität haben.
Bürgermeister Hans-Peter Laschka ist in der Turnhalle dabei. Er nimmt die Ankunft der Flüchtlinge augenscheinlich relativ gelassen. Und das, obwohl er und die Verwaltung der Marktgemeinde sich kaum auf die Umstände vorbereiten konnten. "Dienstag hieß es, sie sind wahrscheinlich unterwegs", sagt er. Jetzt ist es an der Marktgemeinde, die Neuankömmlinge, so gut es geht, zu integrieren. Ein Helferkreis aus Ehrenamtlichen, der bereits seit längerem für Asylbewerber in Mitwitz wirkt, kündigte gestern bereits seine Unterstützung an.
Zahlen und Fakten
Anzahl Im Kreis Kronach sind derzeit 217 Asylbewerber untergebracht. 40 davon in der Gemeinschaftsunterkunft und 177 dezentral.
Oberfranken Für den gesamten Regierungsbezirk sind 5728 Asylbewerber angegeben.
Verteilung In Bayern gibt es derzeit Aufnahmeeinrichtungen in den Regierungsbezirken Oberbayern (München), Mittelfranken (Zirndorf), Niederbayern (Deggendorf), Unterfranken (Schweinfurt). Übergangs-Aufnahmeeinrichtungen sind in Oberfranken (Bayreuth), in der Oberpfalz (Regensburg) und Schwaben (Augsburg).
red