Anrufen, aussuchen, mitnehmen – am besten einen pflegeleichten, lieben, stubenreinen, braven Hund. So stellt sich manch einer das vor. Was natürlich so nicht machbar ist. Ein Welpe vom Züchter muss erzogen werden, ein Tier aus dem Tierheim braucht Zuwendung, hat womöglich schon eine lange Leidensgeschichte hinter sich, hat Macken oder ist schon etwas älter. Und mit dem Kauf eines Hundes bindet man sich – nicht nur Wochen und Monate, sondern für die nächsten Jahre. „Dass man einen Hund zehn, vielleicht 15 Jahre hat, bedenken viele nicht“, sagt Angela Drabant.
90 Prozent der Anfragen an Kitzinger Tierheim nicht seriös
Etwa zehn Hunde sind momentan im Kitzinger Tierheim. „Das ist extrem wenig. Und einige davon sind Ladenhüter“, sagt die Leiterin. Will heißen, sie leben schon seit Jahren im Tierheim. Doch auch die werden nur an Menschen vermittelt, die es ernst meinen. Angela Drabant merkt schnell, ob eine Anfrage seriös ist, ob ein Interessent geeignet ist, Hundebesitzer zu werden.
„Ich höre das gleich am Telefon. Dafür mache ich den Job lang genug.“ Seit 1988 ist sie im Tierheim tätig, hat unzählige Gespräche geführt, viele Tiere vermittelt. Diese Erfahrung hilft – „und mein Bauchgefühl“. In Coronazeiten kann man nicht ins Tierheim gehen und sich die Tiere anschauen. Deshalb beschreibt Angela Drabant mit ihren Kollegen auf der Homepage des Tierheims sehr genau, welche Tiere zur Verfügung stehen. Rasse, Alter, Eigenschaften, dazu gibt es Bilder.
Die Interessenten erfahren, ob das Tier alleine bleiben kann, ob es Kinder mag, ob es mit anderen Hunden zurechtkommt. Scheint ein passendes Mensch-Tier-Paar gefunden, wird ein Termin zum Gassigehen ausgemacht. Stimmt die Chemie und es gefällt auch dem Hund, füllen die Interessenten eine Selbstauskunft aus. Wenn auch die passt, darf man den Hund einen Tag zur Probe holen. „Wenn es eine Katastrophe ist, bringen die Leute den Hund gleich wieder“, weiß Drabant aus Erfahrung. Wenn es klappt, schaut ein Mitglied des Tierheim-Teams am Nachmittag vorbei. „Dann geht es mit der Vermittlung ganz zügig.“ Udo Kopernik ist Pressesprecher im VDH, dem Verband für das Deutsche Hundewesen, in dem viele Züchter und Vereine organisiert sind.
Labrador-Retriever besonders gefragt
Er hatte zwar in diesem Jahr keinen Wurf, weiß aber aus Gesprächen mit anderen Züchtern, dass die Nachfrage nach Hunden seit dem Lockdown stark zugenommen hat und immer noch anhält. Viele Züchter könnten die Tiere schon vermitteln, wenn die Hündin noch nicht mal trächtig, sondern der Wurf nur geplant sei. „Auch bei Rassen, die sonst nicht gerade auf der Beliebtheitsskala stehen.“ Bei beliebten Rassen wie dem Labrador-Retriever sei die Zahl der Anfragen so groß, dass man sie nicht mal mehr beantworten könne.
Nachdem die Grenzen wieder geöffnet sind, blüht auch der Welpenhandel aus dem Ausland wieder. Dazu kommen sogenannte Wühltischwelpen aus dem anonymen Welpenhandel im Internet, von unseriösen Züchtern. Die meisten dieser Tiere sind noch nicht geprägt und sozialisiert, wenn sie abgegeben werden. Werden die jetzt auch noch von Leuten gekauft, die sich nicht mit Hunden auskennen – Kopernik spricht von „unerfahrenen Dilettanten“ – sei das schwierig. Zumal erschwerend hinzukomme, dass die Hundesportvereine seit November nicht mehr unterrichten dürften.
Wer lernen will, wie man mit Hunden umgeht, wie man sie erzieht, steht alleine da. „Diejenigen, die dringend Hilfe bräuchten, können sie momentan nicht in Anspruch nehmen“, so der Pressesprecher. „Da werden wir in den nächsten Wochen und Monate große Probleme bekommen.“ Nicht nur, weil dann Tiere ausgesetzt oder in die Tierheime gegeben werden. Es werde auch zu vermeidbaren Unfällen kommen, befürchtet Udo Kopernik.
Zugleich kann er nachvollziehen, dass viele Menschen sich jetzt einen Hund zulegen möchten. „Wir leben in einer Zeit, die beunruhigt. Da sucht man soziale Nähe zu einem Lebewesen.“ Studien hätten belegt, dass Hunde da eine große Hilfe seien, denn die enge Bindung zwischen dem Menschen und dem Hund und die Kommunikation mit dem Tier beruhige. Doch ob das tatsächlich der richtige Grund ist, sich jetzt einen Hund zuzulegen? Kopernik: „Aquarien beruhigen auch.“
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