Zell
"Wie im Science-Fiction-Film"

Gibt es bald überall 24-Stunden-Supermärkte in Franken? Dorfladen-Betreiber machen innovative Idee wahr

Nach der Eröffnung eines 24-Stunden-Dorfladens in Zell (Kreis Hof) haben die Betreiber eine weitere Idee verwirklicht. So sollen künftig ganz einfach überall in Franken - und darüber hinaus - solche Supermärkte ohne Personal eröffnen können.
Zell: 24-Stunden-Supermärkte dank innovativem Konzept - "wie im Science-Fiction-Film"
Das Waldsteinlädla in Zell ist das erste seiner Art. Nun soll die Plattform "Arudu" es ermöglichen, in ganz Deutschland, auch in Bayern, weitere 24-Stunden-Supermärkte zu eröffnen. Bis Ende des Jahres sollen bereits zehn weitere Läden entstehen. Foto: Waldsteinlädla
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  • Zell: Betreiber von 24-Stunden-Supermärkten machen innovative Idee wahr
  • "Arudu"-Plattform ermöglicht personal-freie Supermärkte, die rund um die Uhr geöffnet haben
  • Lebensmittel, Alltagswaren und regionale Produkte - "sogar der kleine Spargelbauer"
  • Per Mitgliedskarte und App: Wie die 24-Stunden-Läden funktionieren und wo man sie findet

Vor "ziemlich genau einem Jahr" entstand die Idee eines 24-Stunden-Dorfladens in Zell. Schon im April eröffneten die Gründer Pascal Timmel und Leonard König den ersten "Pilotladen, der "personalfrei funktioniert und rund um die Uhr geöffnet ist", wie Timmel im Interview mit inFranken.de erklärt.

24-Stunden-Supermärkte bald überall in Franken? Neue Plattform "Arudu" bietet Lösung

Schon kurz nach der Eröffnung erfuhren die Gründer "eine große Welle an Begeisterung" sowie Fragen nach der Umsetzbarkeit in anderen Läden. "Gesagt, getan", erzählt Timmel: "Wir haben eine Cloud-basierte Lösung gefunden, wie die Läden funktionieren können und wie die Prozesse dahinter aussehen müssen." Unter dem Namen "Arudu", was für "alles rund um die Uhr" stehe, schufen die beiden ein Konzept, dass die 24-Stunden-Supermärkte nun überall in Deutschland möglich mache - auch in Franken.

Die Idee: Die künftigen Betreiber der Geschäfte würden von Timmel und König mit dem nötigen Know-How, und der Technik ausgestattet, "und dann kann da wirklich jeder teilnehmen". Auch kleine Erzeuger wie Bäckereien, Metzgereien und "sogar der kleine Spargelbauer" könnten ihre Waren ohne großen finanziellen Aufwand dort anbieten, so das Versprechen der jungen Gründer. Bis auf die Lieferung laufe alles digital: "Der Bestandscheck oder auch die Abrechnung, sodass wir am Ende des Tages einen schlanken Prozess haben, der es auch wirtschaftlich möglich macht, einen solchen Laden zu betreiben."

Gerade in Zeiten von steigenden Energie-, Miet- und Personalkosten seien die digitalen 24-Stunden-Läden eine gute Möglichkeit, die "typischen Tante Emma Läden" vor dem Aussterben zu retten. "Viele Leute sind zwar erstmal vorsichtig, weil das schon ein wenig wie in einem Science-Fiction-Film ist", sagt Tümmel. "Aber wenn sie das mal verstanden haben, sind alle begeistert - vom Lieferanten, dem Ladenbetreiber bis hin zu den Endverbrauchern."

Rund um die Uhr geöffnet: So funktionieren die 24-Stunden-Läden

Um in den 24-Stunden-Supermärkten einkaufen zu gehen, benötige man eine Mitgliedskarte. Für 10 Euro "Bearbeitungsgebühr" erhalte man diese im Online-Shop von "Arudu". "Wir sagen ganz bewusst, dass man die nicht kauft, man zahlt eher einen Beitrag, um das ganze Netzwerk mitaufzubauen." Mit besagter Karte komme man dann in alle "Arudu"-Läden in Deutschland, deren Standorte in der zugehörigen "Arudu"-App einzusehen sehen. Neben dem ersten 24-Stunden-Supermarkt in Zell, dem "Waldsteinlädla", seien derzeit mehr als zehn weitere Läden in Planung.

Bis Ende des Jahres sollen darunter auch zwei Läden in Bayern eröffnen: In Nördlingen und Garmisch-Partenkirchen sei aktuell je ein Laden geplant. Per Mitgliedskarte komme man in die Supermärkte und "spaziert dann ganz normal durch den Laden und sucht sich seine Waren zusammen". Am Ende würden die Produkte an "Self-Checkout-Kassen" selbst eingescannt und per EC-Karte, Apple oder Google Pay oder ähnlichem bezahlt. Um vor Diebstahl zu schützen, biete "Arudo" an, "dass man immer live sieht, wer in den Laden eingeloggt ist".

Meist seien die Supermärkte von den Betreibern jedoch auch per Kamera überwacht. "Im Falle eines Diebstahls hat man über die Mitgliedskarten die Kontaktdaten der Einkäufer und kann direkt die Polizei einschalten." Neben den Sicherheitsvorkehrungen seien die Ladenbetreiber auch selbst für die Preise verantwortlich. "Ich kann nur von unserem Laden in Zell sprechen: Da ist es so, dass die Preise sich nicht von den Supermarktketten nebenan unterscheiden. Wenn, dann ist es nur marginal teurer - auf jeden Fall haben wir keine Tankstellen-Wucher-Preise", wirbt Tümmel.

"Ladenschlussgesetz ist absoluter Quatsch": Betreiber äußert Kritik an CSU-Regierung

Aus rechtlicher Perspektive zählen die 24-Stunden-Supermärkte nach "Arudu"-Konzept theoretisch zu den "digitalen Kleinstsupermärkten", sodass man zwar 24 Stunden geöffnet haben dürfte, allerdings ausschließlich Sonn- und Feiertage. "Ausgenommen davon sind Apotheken und Tankstellen, die hier einen Freifahrtschein haben", erklärt Timmel. In Bayern müssen nahezu alle Geschäfte mit Personal auch unter der Woche bereits um 20 Uhr schließen. 

Trotzdem können die "Arudu"-Supermärkte diesen Freifahrtschein ebenfalls nutzen: "Das liegt ganz einfach daran, dass wir die Möglichkeit anbieten, E-Zapfsäulen zu verbauen." Der "Arudu"-Mitgründer will sich damit jedoch nicht abspeisen lassen. "Ich persönlich finde, dass das Ladenschlussgesetz, so wie es jetzt ist, absoluter Quatsch ist." Nach aktuellem Recht könnten so auch kleine "Bauernläden oder -automaten mit Milch oder Eiern sonntags nicht öffnen".

Timmel hält die rechtliche Situation für nicht tragbar: "Da muss man auf jeden Fall nachjustieren und von politischer Seite etwas tun. Wir hoffen auch, dass sich durch Öffentlichkeitsarbeit in diesem Bereich vielleicht etwas tut." Bis dahin müsse man jedoch andere Wege nutzen, um die 24-Stunden-Supermärkte auch wirklich sieben Tage in der Woche anbieten zu können. 

Anfang des Jahres hatte Rewe in Pettstadt (Landkreis Bamberg) ebenfalls einen 24-Stunden-Markt ohne Personal eröffnet. Nach einer hitzigen Debatte fand die Gemeinde einen Weg, um diesen auch an Sonntagen zu öffnen

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