Sexueller Kindesmissbrauch: Trau dich, deine Grenzen zu zeigen

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Schauspielerin Julia Bihl spielt im Theaterstück "Trau Dich" neben Alinas großer Schwester auch die Rolle der zwölfjährigen Paula, die von ihrer Freundin ständig dazu gedrängt wird einen Jungen zu küssen. Doch Paula ist noch nicht soweit.
Schauspielerin Julia Bihl spielt im Theaterstück "Trau Dich" neben Alinas großer Schwester auch die Rolle der zwölfjährigen Paula, die von ihrer Freundin ständig dazu gedrängt wird einen Jungen zu küssen. Doch Paula ist noch nicht soweit.
Manuel Oswald (Bundeszentrale), Schulrätin Claudia Schmidt, Katharina Amon von der Anlaufstelle sexuelle Gewalt an Frauen und Mädchen in Schweinfurt, Heike Kunzelmann vom Kreisjugendamt und Christian Brauner von der Erziehungsberatungsstelle der Caritas nach dem Pressegespräch. Fotos: Lisa Kieslinger
Manuel Oswald (Bundeszentrale), Schulrätin Claudia Schmidt, Katharina Amon von der Anlaufstelle sexuelle Gewalt an Frauen und Mädchen in Schweinfurt, Heike Kunzelmann vom Kreisjugendamt und Christian Brauner von der Erziehungsberatungsstelle der Caritas nach dem Pressegespräch.  Fotos: Lisa Kieslinger
 
Auf dem Foto sind zu sehen (von links): Carolin Mehringer-Räth (Leitung Abteilung Soziales im Landratsamt), Manuel Oswald (BZgA), Zäzilia Kehl (Erziehungsberatungsstelle Caritas), Sabine Kröner (Schulpsychologin), Kathrin Heidig (Jugendamt), Heike Kunzelmann (Jugendamt), Katharina Amon (Anlaufstelle sexuelle Gewalt an Frauen und Mädchen), Wilhelm Schneider (Landrat), Christian Brauner (Erziehungsberatungsstelle Caritas), Claudia Schmidt (Schulrätin), Christoph Schramm (Jugendamtsleiter). Foto...
Auf dem Foto sind zu sehen (von links): Carolin Mehringer-Räth (Leitung Abteilung Soziales im Landratsamt), Manuel Oswald (BZgA), Zäzilia Kehl (Erziehungsberatungsstelle Caritas), Sabine Kröner ...
Auf dem Foto sind zu sehen (von links): Carolin Mehringer-Räth (Leitung Abteilung Soziales im Landratsamt), Manuel Oswald (BZgA), Zäzilia Kehl (Erziehungsberatungsstelle Caritas), Sabine Kröner (Schulpsychologin), Kathrin Heidig (Jugendamt), Heike Kunzelmann (Jugendamt), Katharina Amon (Anlaufstelle sexuelle Gewalt an Frauen und Mädchen), Wilhelm Schneider (Landrat), Christian Brauner (Erziehungsberatungsstelle Caritas), Claudia Schmidt (Schulrätin), Christoph Schramm (Jugendamtsleiter). Foto...
 
Wladimirs Oma kann es nicht lassen ihn ständig Küsse zu geben. Foto; Lisa Kieslinger
Wladimirs Oma kann es nicht lassen ihn ständig Küsse zu geben. Foto; Lisa Kieslinger
 
Am Ende des Theaterstücks vertraut sich Alina ihrer großen Schwester an. Foto: Lisa Kieslinger
Am Ende des Theaterstücks vertraut sich Alina ihrer großen Schwester an. Foto: Lisa Kieslinger
 
Dennis albert mir Alina immer herum. Doch dann überschreitet er eine Grenze. Foto: Lisa Kieslinger
Dennis albert mir Alina immer herum. Doch dann überschreitet er eine Grenze. Foto: Lisa Kieslinger
 

Sexueller Missbrauch bei Kindern ist ein Thema, das in der Gesellschaft kaum präsent ist. Die Initiative "Trau dich!" will das ändern.

Alina ist acht. Ihre Familie ist eine echt glückliche Familie. Und was ist das beste an einer glücklichen Familie? Genau, man ist füreinander da, wenn mal jemand unglücklich ist. Ganz logisch. Bald heiratet Alinas ältere Schwester ihren Märchenprinz Dennis - wie er vom Rest der Familie immer genannt wird. Auch Alina mag ihn, schließlich spielt der 20-Jährige immer mit ihr, als wenn er selbst noch ein Kind wäre. Doch dann ändert ein Familienpicknick alles: Alina holt gemeinsam mit Dennis den Schokokuchen, den die Familie im Auto vergessen hat. Auf einmal fasst Dennis Alina auf den Oberschenkel und zwischen die Beine. Alina will was sagen, aber sie kann nicht. "Hör mal zu Alina, das ist unser Geheimnis. Du darfst wirklich niemandem davon erzählen", sagt Dennis zu der Achtjährigen. Zurück bei den anderen verteilt Dennis den Schokokuchen - als wäre nichts gewesen. Für Alina ist plötzlich alles anders.


So endet eine Szene im interaktiven Theaterstück "Trau dich!", das vor 300 Grundschülern aus dem Landkreis in der Stadthalle in Haßfurt aufgeführt wird. Das Theater ist das zentrale Element der gleichnamigen bundesweiten Initiative zur Prävention des sexuellen Kindesmissbrauchs vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.


Missbrauch und Kinderrechte

Die Initiative spricht Kinder zwischen acht und zwölf Jahren, Eltern und pädagogische Fachkräfte an. Sie klärt Kinder über ihre Rechte auf und stärkt sie darin, sich gegen Übergriffe abzugrenzen und an Vertrauenspersonen zu wenden. Bundesweit wird jedes siebte bis zehnte Mädchen und jeder zehnte bis 20. Junge bis zum Alter von 16 Jahren sexuell missbraucht - "gleich welcher Qualität", betont Heike Kunzelmann vom Jugendamt, einer Außenstelle des Landratsamtes Haßberge, es genügt schon eine Berührung, die die Intimsphäre des Kindes verletzt. Kunzelmann bestätigt, dass sich die bundesweiten Zahlen auch mit denen im Landkreis Haßberge decken.

Bei der Entwicklung des Theaterstücks setzte sich die deutsch-schweizerische Theatergruppe "Kompanie Kopfstand" mit dem Thema sexueller Missbrauch und Kinderrechte auseinander. Besonders wichtig war für die Schauspieler, einen Bezug zur realen Lebenswelt der Kinder zu finden. Dafür arbeiteten sie eng mit einer Berliner Schule zusammen. Bis Ende 2017 sind 18 Veranstaltungen in ganz Bayern geplant. Nach Nürnberg und Altötting war Haßfurt die dritte Station für die "Trau dich!"- Initiative. "Das Schreckliche, der so genannte Worst-Case, wird fokussiert, aber die Fälle werden ganzheitlich angegangen", lobt Christian Brauner die Arbeit der Initiative.

Er arbeitet in der Erziehungsberatungsstelle der Caritas in Haßfurt und war mit dafür zuständig, die Lehrer für dieses sensible Thema zu schulen. Laut Schulrätin Claudia Schmidt auch einer der wichtigsten Faktoren: "Lehrer sollen ihren Schülern im Notfall unterstützend zur Seite stehen können."


Trau dich, etwas zu sagen

Neben den Kindern und Lehrern gibt es eine weitere Gruppe, auf die die Initiative abzielt: die Eltern. Katharina Amon von der Anlaufstelle sexuelle Gewalt an Frauen und Mädchen mit Sitz in Schweinfurt führte die beiden Elternabende im Landkreis durch, um die Erwachsenen auf das Thema und die Anzeichen von sexuellem Missbrauch zu sensibilisieren. Bei einer Umfrage der Schauspieler im Foyer zeigt sich, dass die Schüler am ehesten ihren Eltern etwas anvertrauen würden.

Im Fall der achtjährigen Alina, die sich im Theaterstück immer mehr zurückzieht, ist es ihre große Schwester, die als erste von dem sexuellen Übergriff ihres Verlobten auf ihre kleine Schwester erfährt. Die Achtjährige hat es einfach nicht mehr ausgehalten, das schlimme Geheimnis mit sich herumzutragen. Und das ist am Ende des Theaterstücks die Quintessenz der Initiative: "Trau dich, etwas zu sagen. Du bist stark."