Die Klärung einer Auseinandersetzung am Sander Weinfest wurde vor dem Amtsgericht komplizierter als gedacht.
Sechs unterschiedliche Blickwinkel und deswegen auch sechs verschiedene Aussagen vor dem Haßfurter Amtsgericht zu einer Schlägerei auf dem Sander Weinfest im letzten Jahr machten es für Richterin Ilona Conver nicht gerade einfach, den tatsächlichen Vorgang zu rekonstruieren. Am Ende gab es einen Kompromiss.
Wie Staatsanwältin Kerstin Harpf in der Anklageschrift verlas, handelte es sich um eine Auseinandersetzung in der Nacht zum 12. Juli 2015. Der 29-jährige Angeklagte aus einem Nachbarort soll ohne Grund einen 20-Jährigen vor dem Weinfest-Gelände angegriffen haben. Mit seiner Faust habe er mindestens sieben Mal gegen den Kopf des Geschädigten geschlagen. "Als dieser zu Boden ging, hat der Angeklagte weiter auf ihn eingetreten", liest Harpf vor. Mehrere Prellungen an Kopf, Nase, Ohren und Rippen seien die Folge gewesen. Dem Angeklagten wird gefährliche Körperverletzung zur Last gelegt.
Laut dem 29-Jährigen ist das nicht so abgelaufen. Als er und ein Arbeitskollege auf dem Weg nach Hause waren, hätten sie Schreie einer weiblichen Person gehört. Der Kollege wollte laut dem 29-Jährigen schauen, ob alles in Ordnung ist. Daraufhin habe der 20-Jährige, das angebliche spätere Opfer, den Kollegen weggeschubst, was den Angeklagten auf den Plan rief. Der Geschädigte habe ihm dann sofort gegen das Schienbein getreten, worauf der Angeklagte mit einer Schelle reagierte. Daraufhin gingen beide zu Boden und es kam zu einer Rangelei. "Das war eine Sekundensache, bis die Security kam", erklärt der 29-Jährige. Von Faustschlägen und Tritten wollte er nichts wissen.
Danach wurde der 20-jährige Geschädigte befragt, der aus dem Kreis Bamberg stammt. Seine Aussagen stimmten weitgehend mit der Anklageschrift überein.
Doch der Anwalt des Angeklagten, Horst Soutschek, wollte es ganz genau wissen und fragte immer wieder nach kleinen Details. So machte er es auch bei zwei Freunden und der Ex-Freundin des Geschädigten, die als Zeugen auftraten. Oft konnten sie sich nicht mehr bis ins Detail erinnern, da es schon über ein Jahr her sei. Besonders die Ex-Freundin sagte im Vergleich zu ihrer damaligen Aussage bei der Polizei anders aus. Das fiel Soutschek auf und er konfrontierte sie mit jeder Kleinigkeit. "Es ist schwer, sich das zu merken, was man vor einem Jahr gesagt hat, was? ", fragt Soutschek.
Auch nach dem letzten Zeugen, dem Arbeitskollegen des Angeklagten, war immer noch nicht klar, was nun wirklich in der Nacht zum 12. Juli 2015 in Sand passiert ist.
"Wenn es das Zeiler und Sander Weinfest nicht gäbe, hätten wir hier viel weniger zu tun", meint die Richterin.
Gibt es einen Fortsetzungstermin?
Rechtsanwalt Soutschek bat darum, in einem Fortsetzungstermin die Schweinfurter Polizeibeamten zu verhören, die nach der Auseinandersetzung die Aussagen aufgenommen haben. "Was soll dabei noch herauskommen?", fragt Ilona Conver.
"Naja, in den Arztberichten steht eigentlich drin, dass der Geschädigte nichts hatte", antwortet Soutschek. Laut Staatsanwältin Harpf absoluter Frevel, so etwas zu behaupten. Richterin Conver schlichtet die angespannte Situation im Gerichtssaal und bittet um Rechtsbesprechung hinter geschlossenen Türen.
Nachdem sich danach sowohl Rechtsanwalt Soutschek mit seinem Mandanten als auch der Nebenkläger-Vertreter Ludger Graf von Plettenberg mit seinem Mandanten verständigt hat, ging es recht schnell.
Die beiden Parteien haben sich geeinigt. Der Angeklagte werde dafür ein Geständnis für eine einfache Körperverletzung abgeben und dem Geschädigten einen Täter-Opfer-Ausgleich in Höhe von 700 Euro zahlen. Nach den Plädoyers von Staatsanwältin und den beiden Anwälten spricht die Richterin das Urteil: Für die einfache Körperverletzung muss der Angeklagte eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen je 18 Euro bezahlen. Rechtsmittel können keine mehr eingelegt werden, da es zu einer Verständigung der beiden Parteien gekommen war.