"Ich wollte mit dem Wahrzeichen von Redwitz etwas Einmaliges schaffen", sagt Manfred Mahr, der das Ensemble evangelische St.-Ägidius-Kirche, Schlosskapelle und Schloss im Maßstab 1:50 originalgetreu n...
"Ich wollte mit dem Wahrzeichen von Redwitz etwas Einmaliges schaffen", sagt Manfred Mahr, der das Ensemble evangelische St.-Ägidius-Kirche, Schlosskapelle und Schloss im Maßstab 1:50 originalgetreu nachgebaut hat. Dabei hat er jede auch noch so geringste Kleinigkeit in das Modell mit eingebaut, sei es ein fehlender Stein, ein Riss in der Mauer, die verschiedenfarbigen Dachziegel oder die Hinterlassenschaften der Tauben auf dem Dach.
Gebastelt und gemalt hat Mahr schon immer gern. Davon zeugen die Puppenstuben und nicht zuletzt die Gaststube der ehemaligen Gastwirtschaft "Hacker", die er bereits vor einigen Jahren im Maßstab 1:12 nachgebaut hat. Nicht von ungefähr hat er dafür den Umwelt- und Kulturpreis der Gemeinde erhalten. Mit einer bewundernswerten Gabe zum Perfektionismus ist Manfred Mahr nun ein Meisterstück gelungen. Nicht ganz unbeteiligt ist seine Frau Margit, die ihm den Rücken freihält oder ihn auch mal von seiner Arbeit abzieht, damit er entspannen und sich anderem zuwenden kann. In einigen wichtigen Phasen hat sie selbst mit Hand angelegt und war bei der Entstehung des Modells mit beteiligt.
Angefangen hat alles Anfang 2011. Mahr stand davor, seine Idee Wirklichkeit werden zu lassen. So begann er von der Kirche, der Schlosskapelle und dem Schloss das Aufmaß zu nehmen und Pläne zu erstellen. Alle Arbeiten wurden in einem Bautagebuch niedergeschrieben und dokumentiert. Den Startschuss für den Modellbau sieht er mit dem 11. Januar 2017. "Mal eine halbe Stunde, dann mal eine Stunde, immer wieder, manchmal auch länger", beschreibt er seine Arbeit am und mit dem Modell. Vor allem im Winter zogen sich die Bauphasen in die Länge. Stück für Stück nahm alles Form und Aussehen an. So, wie das Ensemble sich beim Aufstieg auf den Kirchberg präsentiert: erst die St.-Ägidius-Kirche, dann die Schlosskapelle und zum Schluss das Schloss. 90 mal 130 Zentimeter nimmt das Ensemble letztendlich an Fläche ein.
Mit großer Leidenschaft erzählt Manfred Mahr über seine Tätigkeiten und weiß noch über jedes Vorangehen Bescheid. So klebte er zuerst den Grundriss auf die Platte und dann nach und nach die Mauern aus verleimtem Holz, 22 Millimeter stark. Um die Optik von Putz und Sandstein originalgetreu wiederzugeben, wurde jeder Stein aus feinem Sandpapier ausgeschnitten und aufgeklebt. Der Putz wurde mit wasserfestem Leim eingepinselt und darauf Quarzsand eingestreut. Nach dem Härten wurde Dispersionsfarbe aufgebracht. Nach seinem selbst erstellten Plan zeichnete er die Fenster auf und sägte jedes einzelne aus. Platte für Platte stellte Mahr mit Präzision und Genauigkeit fertig und verschraubte die Teile anschließend miteinander. Letztlich wurde das Dach aufgesetzt.
Zwiebelturm war schwierig
Eine große Herausforderung für den begeisterten Bastler war der Zwiebelturm der St.-Ägidius-Kirche mit all seinen verschiedenen Neigungen. Allein das Aufkleben der Schiefer hat 18 Stunden in Anspruch genommen. Jetzt fehlte noch die Außenmauer der Sandsteinfassade. Auch hier war Einzelarbeit erforderlich, und jeder Stein wurde nach der Vorgabe auf den Fotos aufgesetzt. Unverwechselbar mit dem Original sind die Fugen. "Bei der Außenmauer war meine Frau maßgeblich beteiligt", schickt er lächelnd ein Lob an seine Margit. Auch der Wetterhahn und das Kreuz erforderten filigrane Arbeit und nahmen nicht nur Zeit, sondern auch Geduld in Anspruch. Mahr hatte dokumentiert, dass die Kamine und Fenster am Schloss alle anders aussehen. Auch die Dachneigungen sind nicht einheitlich, was alles im Modell veranschaulicht ist. Dazu zählen ebenso die in verschiedenen Stärken verlaufenen Fallrohre, die aus Messingdraht sind. Für die Dachrinnen verwendete Mahr Rundungen von alten Lamellen. Die Dachziegeln wurden dem Original farblich angepasst. Nicht fehlen dürfen die Blitzableiter.
Schaut man weiter nach unten auf den Kirchenparkplatz, blühen dort an der Mauer die Rosen und geben mit den Bänken zum Verweilen davor ein anheimelnde Stimmung wider. "Es ist Kirchweih", verrät die Fahne links vom Kircheneingang. Auch die roten Paramente kündigen diesen besonderen Zeitpunkt für die Kirche an. Am Boden liegen die ersten Herbstblätter. Vor der Kirche verweilen Gottesdienstbesucher. "Während der Bauphase hatte ich mich entschieden, zusätzlich den Innenausbau der neuen Kirche von 1919 darzustellen und mit einem abnehmbaren Dach einen Einblick in das Innere zu gewähren", vermittelt Manfred Mahr. Als einen Hingucker möchte man das Innere der Kirche im Dunkeln bezeichnen. Hier hat Mahr Beleuchtung installiert, die warmes Licht in die Kirche ausschickt. "Ganz schön schwer geworden", weiß der Bastler und gibt das Modellgewicht mit rund 75 Kilogramm an.
Eine Frage muss zum Schluss noch kommen. Wie viele Stunden er denn damit verbracht hat? Die Antwort fällt leicht, da sein Schaffen im Bautagebuch festgehalten ist. Ein Blick und gleich kommt die Antwort: "1170 Stunden." Hinzu kommen im Vorfeld rund 900 Stunden für die Bilder, die Aufmaße und die Dokumentation. Fünf dicke Ordner sind mittlerweile voll und zeugen von dieser gigantischen Arbeit. Die finanzielle Belastung habe sich in Grenzen gehalten, verraten Manfred und Margit Mahr noch.