Kommentar: Beendet die Schattenkämpfe um das Streuobst in der Fränkischen Schweiz!

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Bilder wie diese schockierten in den vergangenen Wochen viele im Landkreis Forchheim und darüber hinaus. Foto: privat
Bilder wie diese schockierten in den vergangenen Wochen viele im Landkreis Forchheim und darüber hinaus. Foto: privat

Die Emotionen kochen über: Bauern fällen alte Obstbäume, Naturschützer schimpfen und klagen. Vieles ist in der Diskussion um die Streuobstwiesen im Landkreis Forchheim schief gelaufen. Aber wer sachlich bleibt, findet versöhnliche und zukunftsfähige Ideen.

Der Streit um die Streuobstwiesen droht zu eskalieren, die Bevölkerung scheint gespalten. Anfang des Jahres hätte sich wohl kaum einer vorstellen können, dass der Obstbau im Landkreis Forchheim zu einem so großen Zankapfel heranwächst. Vielerorts liegen nun alte Obstbäume am Boden. Landwirte und Naturschutzverbände stehen sich unversöhnlicher denn je gegenüber. Von beiden Seiten hagelt es in Leserbriefen und Kommentarspalten Vorwürfe, wenn nicht sogar Beschimpfungen.

FT setzt Themenschwerpunkt

Dabei ist komplett in Vergessenheit geraten: Alle, wirklich alle, im Landkreis Forchheim wollen, dass unsere von Obstbau geprägte Kultur- und Naturlandschaft in der Fränkischen Schweiz erhalten bleibt. Der Fränkische Tag Forchheim wird das Thema Obstbau in den kommenden Tagen in mehreren Geschichten beleuchten und möchte damit einen Beitrag leisten, Klarheit in den hoch emotionalen Streit zu bringen.

 

Denn wer sich sachlich mit dem Obstbau in der Region auseinandersetzt und sich von den Schattenkämpfen der Politik und Interessensverbänden nicht ablenken lässt, erkennt: Es gibt Ideen für eine versöhnliche Lösung.

Woher rührt der Streit?

Auf der Suche nach einer Ursache des Streits in diesem Frühjahr landet man bei der Biotopkartierung des bayerischen Landesamtes für Umweltschutz. Der Knackpunkt: Behördenmitarbeiter haben Fehler gemacht. Als die Karte im Januar veröffentlicht wurde, stellten Landwirte plötzlich fest, dass vielerorts normale Obstanlagen (zum Beispiel Kirschenintensivanlagen) als Streuobstwiesen markiert wurden. Das Umweltamt hat die Fehler eingeräumt und die falsche Kartierung zurückgezogen. Doch die fehlerhafte Kartierung hatte weitreichende Folgen.

Das liegt auch an zwei Missverständnissen: Erstens ist die Biotopkartierung kein politisches Instrument. Grob gesagt, ist sie eine Art Inventur. Und zweitens sind nicht alle Flächen, die das bayerische Landesamt für Umweltschutz dort kartiert, gesetzlich geschützte Biotope.

Sorgen der Obstbauern

Doch die Karte weckte unter den Obstbauern in der Fränkischen Schweiz Ängste, sie könnten nicht mehr über ihre Felder bestimmen. Die Sorgen waren beim Infoabend am 10. April im Sportheim in Weingarts deutlich zu spüren, der Andrang war riesig, die Empörung enorm.

Ein entscheidendes Versäumnis: Die Möglichkeit, über die Biotopkartierung aufzuklären, wurde offensichtlich verpasst. Einer krassen Behauptung wie "Enteignung" zu diesem Zeitpunkt nicht zu widersprechen, war eigentlich unverantwortlich. Die Bemühungen des bayerischen Umweltministers Thorsten Glauber (FW), die Biotopkartierung klarzustellen, fruchteten bei einigen Obstbauern nicht mehr.

Nun fielen die ersten Streuobstbäume im Landkreis. Was einen Landwirt dazu treibt, letztendlich zur Säge zu greifen und alte Bäume zu fällen, lässt sich nicht verallgemeinern. Wer aber mit den Obstbauern spricht, erfährt, dass meist die Emotionen überhandnahmen: Man hört zum Beispiel von einem Obstbauern, der früh am Morgen in einer Kurzschlussreaktion unter Tränen die Bäume seiner Vorfahren gefällt hat.

Im vergangenen Monat nahm zudem das Gesetz zum bayerischen Volksbegehren Artenschutz Form an. Sicherlich griffen einige Obstbauern nicht nur aus Verunsicherung sondern auch aus Trotz und Protest zur Säge. Und die Bilder von Obstbaumstümpfen und gerodeten Feldern schockieren.

Die Untere Naturschutzbehörde reagierte und warnte. Naturschützer sprangen über das Stöckchen, schimpften und wüteten - oft pauschal gegen die Landwirte. Die nächste Eskalationsstufe ist erreicht, der LBV stellt Anzeige gegen unbekannt. Der Gesprächsfaden scheint durchschnitten, eine Lösung in weiter Ferne. Nach den ersten Entwürfen des Artenschutz-Gesetztes wird deutlich, dass Streuobstwiesen-Besitzer mit Einschränkungen rechnen müssen, aber sie können ihre Flächen weiter bewirtschaften.

Streuobst und Natur schützen

Alle Streithähne sollten sich besinnen und den Blick in die Zukunft richten. Wer in der Fränkischen Schweiz viel für den Artenschutz tun möchte, ist gut beraten, die Streuobstwiesen-Besitzer dafür zu begeistern.

Die Krux: Viele in der "Fränkischen" sehen für ihre hochstämmigen Obstbaum-Bestände keine Perspektive. Streuobst ist aufwendig, unterm Strich ist der Gewinn für das Obst, das zu Saft oder Schnaps wird, in der Region aber eher gering. Damit die überalterten Streuobstwiesen im Landkreis lebendig bleiben, müssen die Flächen jedoch gepflegt werden. Und wer tut das?

Wie es funktionieren kann, machen andere vor: Die Streuobstwiesen rund um Hesselberg stehen besser da. Was der Landkreis Forchheim braucht, wäre zum Beispiel eine Streuobstinitiative wie die mittelfränkische "Hesselberger" oder die unterfränkische "Schlaraffenburger". Durch Strategie und einzigartige Produkte werden dort Streuobstwiesen erhalten. Warum gibt es so eine zukunftsträchtige Zusammenarbeit nicht bei uns?

Um im Bild zu bleiben: Dafür muss die gespaltene Bevölkerung wieder zusammenwachsen. Erst dann könnten konstruktive Ideen aufblühen.