"Die Gesellschaft entwickelt sich vom reinen Wachstumsgedanken weg hin zu mehr Nachhaltigkeit und die Wirtschaft hat verstanden, dass die Ressourcen endlich sind. Davon haben wir auch profitiert", so der Erklärungsansatz aus Weyers' Sicht. Gleichzeitig gibt sie durchaus zu, dass die Grünen gerade in der Stadt gut ankommen. Die Gemeinden im Umkreis, in denen die Partei sehr stark abgeschnitten hatte, seien "geografisch doch innenstadtnah".
"Wo jeder mit dem eigenen Auto fährt, braucht es keinen besseren ÖPNV"
Auf dem Land, sagt Weyers, "fehlt es an Geldern und dem politischen Willen". Wo "jeder mit dem eigenen Auto fährt, braucht es keinen besseren ÖPNV. Den Leuten fehlt vielleicht auch der Glaube, dass einer möglich ist." Gleichzeitig, so schätze sie persönlich, würden viele auch zu sehr an ihrem eigenen Auto hängen.
Ein Grund für die vielen Grünen-Stimmen sei, so Weyer, sicherlich, "dass wir relativ viel Wahlkampf gemacht haben, viele Infostände, viel Haustürwahlkampf". Gleichzeitig lebten in Erlangen und im Umkreis "viele junge Menschen", darunter auch viele Erstwählende. In dieser Gruppe haben die Grünen bei der Bundestagswahl am vergangenen Sonntag deutschlandweit am besten abgeschnitten.
"Anders als im Bund" habe man sich außerdem strategisch auf die Themen "Nachhaltigkeit und Klimaziele" fokussiert, sagt die studentische Hilfskraft am Institut für Völkerrecht der Uni Erlangen. Sie sieht in den Stimmen für die Grünen in der Unistadt Erlangen "Unzufriedenheit mit der CDU/CSU und der SPD", man stehe "mehr für den Wandel". Außerdem, so glaubt Weyers, könnten auch Briefwählende eine Ursache für das starke Abschneiden ihrer Partei sein.
Jamaika-Koalition unter Söder? "Das Schlimmste, was unserem Land passieren könnte"
Die SPD, die in Erlangen immerhin den Oberbürgermeister stellt, konnte nämlich bei der ansässigen Bevölkerung nicht auf den "Scholz-Bonus" zählen und landete letztlich mit 20 Prozent auf dem dritten Rang. "Das ging bei der SPD mit dem Aufwärtstrend ja erst recht spät los und Erlangen hatte einen sehr hohen Briefwahl-Anteil, vielleicht haben viele auch schon vorher die Entscheidung getroffen", vermutet Weyers.
Und wie geht es nun im Bund weiter? Im Kreisverband Erlangen habe man trotz geringer Wahrscheinlichkeit bis zum Schluss auf die Möglichkeit einer rot-grünen Koalition gehofft - und auf ein besseres Grünen-Ergebnis, sagt Weyers. Bei einer Vorstandssitzung am Dienstag sei deutlich geworden, dass man sich nun eine Ampel-Koalition wünsche. "Ich persönlich möchte schon jetzt auf keinen Fall Jamaika", bekräftigt die Vorständin. Und was sagt sie zu den aktuellen Debatten um Jamaika unter Überraschungskanzler Söder? "Das wäre das Schlimmste, was unserem Land passieren könnte."
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