Schwache Eisenacher werden vom HSC 2000 Coburg im ersten fränkisch-thüringischen Derby phasenweise auseinandergenommen. Die Gäste sprachen selbst von einer Demontage. Matthias Gerlich ist beim Gastgeber der neue, erfolgreiche Siebenmeterwerfer und traf von fünf Würfen fünf beim 36:29-Erfolg.
Man kennt sich - das war zu sehen, als sich die Spieler des HSC 2000 Coburg und des ThSV Eisenach erstmals in der Halle zeigten. Gemischte Grüppchenbildung auf und neben dem Spielfeld. Einträchtig saßen auch die beiden Trainer Velimir Petkovic und Jan Gorr nebeneinander. Überhaupt war vieles anders - so wurde die Eisenacher Mannschaft vom eigenen Hallensprecher vorgestellt. Freundschaftlich ging es zu, aber das war dann erst einmal ausgeblendet.
Für die Coburger ging es darum, sich Luft auf das breite Tabellenmittelfeld zu verschaffen und den Gegner auch in der Tabelle weiter zu distanzieren, für Eisenach darum, den Kontakt zu den Aufstiegsplätzen nicht abreißen zu lassen.
Die Saisonrekordkulisse von 3147 Zuschauern sorgte für den gebührenden Rahmen beim ersten fränkisch-thüringischen Derby in der eingleisigen zweiten Liga.
Da wollten auch beide Teams nicht nachstehen, doch Eisenach konnte die Partie nur anfangs offen gestalten. Mehr und mehr wurden sie von den Coburgern überrollt, phasenweise sogar regelrecht vorgeführt. Es zeigte sich, dass die Wartburgstädter dem HSC nicht gewachsen waren und immer weniger Gegenwehr leisteten. Fast regungslos musste Petkovic an der Seitenlinie anschauen, wie sich seine Mannschaft von einem HSC, mit einem ausgezeichneten Martinsen im Tor, auseinandernehmen ließ, der über 60 Minuten sein bestes Spiel seit den Zweitligazeiten unter Lakisa, Suma und Piskac zeigte.
Martinsen hatte diesmal den Vorzug vor Krechel erhalten, da dieser unter der Woche ausbildungsbedingt nicht trainieren konnte.
In Eisenach selbst sprach man nach der Partie von einem "Desaster in Franken" - Chapeau HSC, Chapeau Jan Gorr, der seine Mannschaft bestens auf den Gegner eingestellte hatte.
Nach nicht einmal eineinhalb Minuten stand Jan Gorr schon kopfschüttelnd an der Seitenlinie, nachdem Jiri Vitek eine Zeitstrafe kassiert hatte über die man diskutieren konnte, da sein Gegenüber Aivis Jurdzs auf "Bauchnabelhöhe" in die Abwehr ging. Die Coburger überstanden das fast unbeschadet. Immer wieder eroberten sie mit aufmerksamer Abwehrarbeit Bälle, die zur 7:4- Führung (10.) genutzt wurden. Lediglich die linke ThSV-Angriffsseite strahlte Torgefahr aus. Beim HSC hatte Matthias Gerlich einen Lauf.
Der präsentierte sich als neuer Strafwurfschütze und das ganz sicher, verwandelte alle fünf Siebenmeter: "Der Trainer kam unter der Woche auf mich zu und sagte, dass er was Neues ausprobieren will, weil wir in den letzten Wochen da nicht die ganz perfekte Quote hatten. Ich habe gesagt, dass kann ich machen und habe getroffen."
Seinen ersten Ball aus dem Feld setzte er zwar weit übers Tor, doch die nächsten fünf saßen. Auf der anderen Seite hatte Eisenach eine sensationelle Quote im Torabschluss - 90 Prozent ihrer Würfe fanden ihren Weg ins Tor. Trotzdem führte Coburg nach 19 Minuten mit 14:10, weil die Abwehr sehr aufmerksam agierte, nur einige Male bei Einzelaktionen nicht im Bilde war und bei Balleroberung einen unheimlichen Zug zum Tor zeigte.
Deswegen war Petkovic dann auch auf der Suche nach der Auszeitkarte und rief seine Mannschaft zusammen.
Die hatte dann Glück, dass Florian Billek zwei Konter nicht verwertete, ansonsten wäre das 17:11 fällig gewesen. Doch auch Eisenach war im Spielaufbau alles andere als fehlerfrei. Davon profitierte die aufmerksame Coburger Abwehr immer wieder, ging dadurch mit einer Vier-Tore-Führung in die Pause. Es hätten sogar fünf Tore sein können, doch warum nach einem Pfostentreffer von Dominic Kelm, der beim Wurf zu Boden gezogen wurde, der Siebenmeterpfiff ausblieb, verstanden die HSC-Anhänger nicht. Auch Jan Gorr nicht, der sich für die berechtigte Beschwerde darüber die gelbe Karte "abholte". Nimmt man dann noch die Zeitstrafe direkt nach der Pause gegen Riha dazu, die er eigentlich für nichts kassierte, da er nur zum Block in der Abwehr stand, kam schon ganz schön was zusammen, dass die Emotionen hoch kochen ließ. Doch der HSC setzte dies positiv um, zog bis zur 37. Minute auf 23:16 davon.
Petkovic griff zu Taktikbrett und Zeitaus-Karte. Zunächst gab es erst einmal eine Anweisung für Jonsson, die Auszeit folgte hinterher.
Was zu erwarten war, folgte, Petkovic ließ 4:2 decken und stoppte damit kurz den Angriffsschwung des HSC, aber eben nur kurz. Mit viel Übersicht wurden die Lücken am gegnerischen Kreis, die sich durch die offensive Abwehr ergaben, gefunden und dabei auch einige Spielzüge präsentiert, die zum Zunge schnalzen waren. Einen solchen schloss Philipp Seitle dann mit einem Dreher zum 30:21 (51.) ab. Eisenach bäumte sich noch einmal kurz auf, während Coburg ein bisschen den Dampf rausnahm und drei Tore in Folge kassierte. Aber der HSC revanchierte sich vier Minuten später beim 34:24 mit der ersten Zehn-Tore-Führung. Da war es längst Zeit für die erste La ola-Welle.
Das passte es nur allzu gut, dass vor der Partie die erste vorzeitige Vertragsverlängerung mit TW Oliver Krechel bis 2017 bekannt gegeben wurde.
Bis zur Pressekonferenz dauerte es dann eine ganze Weile, weil Petkovic noch in der Kabine seiner Mannschaft gehörig die Leviten las.
HSC Coburg gegen ThSV Eisenach 36:29 (19:15)