Coburger "Spielzeit": Bleiben die Klaviere stumm?

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Wird es ähnliche Bilder dieses Jahr wieder geben in Coburg? Mattes Baumann zählte zu den Pianisten, die sich vor einem Jahr an dem erfolgreiche Projekt "Spielzeit" des Sängerkreises Coburg-Kronach-Lichtenfels beteiligten. Künstlerisch gestaltete Klaviere auf öffentlichen Plätzen der Innenstadt luden dabei zum spontanen Musizieren ein. Foto: Archiv/Marieke Fiala
Wird es ähnliche Bilder dieses Jahr wieder geben in Coburg? Mattes Baumann zählte zu den Pianisten, die sich vor einem Jahr an dem erfolgreiche Projekt "Spielzeit" des Sängerkreises Coburg-Kronach-Lichtenfels beteiligten. Künstlerisch gestaltete Klaviere auf öffentlichen Plätzen der Innenstadt luden dabei zum spontanen Musizieren ein. Foto: Archiv/Marieke Fiala

Warum das Projekt "Spielzeit" des Sängerkreises mit Klaviermusik auf öffentlichen Plätzen an den Auswirkungen der Corona-Krise zu scheitern droht.

Klaviere an öffentlichen Plätzen bringen Musik in die Coburger Innenstadt. Mit diesem Projekt unter dem Motto "Spielzeit" verbuchte der Sängerkreis Coburg-Kronach-Lichtenfels im vergangenen Herbst einen großen Erfolg. Auch in diesem Jahr sollten Klaviere an verschiedenen Plätzen in der Innenstadt wieder Passanten zum spontanen Musizieren einladen. Doch daraus wird wahrscheinlich nichts.

Unerfüllbare Forderungen?

Der Grund: Das Ordnungsamt der Stadt Coburg hatte Nachbesserungen am vorgelegten Hygienekonzept gefordert. Der Sängerkreis sah sich freilich nicht in der Lage, diese Forderungen in der Praxis umzusetzen.

Gang zum Verwaltungsgericht

Der Sängerkreis mit seinem Vorsitzenden Jens-Uwe Peter ist deshalb Ende August mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vor das Verwaltungsgericht Bayreuth gezogen, um das Projekt vielleicht doch noch zu retten. "Ich kann nicht abschätzen, wann es zu einer Entscheidung kommt, hoffe aber spätestens im Verlauf dieser Woche", erklärt der Sängerkreis-Vorsitzende auf Tageblatt-Nachfrage.

Ende Oktober ist zu spät

Sollte die Entscheidung deutlich später fallen, hätte sich die Durchführung des Projekts in diesem Jahr aus Peters Sicht ohnehin erledigt: "Ende Oktober oder noch später brauche ich keine Klaviere ins Freie zu stellen, da spielt dann niemand mehr daran."

Warten auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts

Die Stadt stehe dem Projekt des Sängerkreises grundsätzlich sehr positiv gegenüber, betonte Louay Yassin als Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Stadt. Dennoch müsse die Stadt in jedem Fall genau abwägen zwischen den Interessen von Veranstaltern und dem Schutz der öffentlichen Gesundheit. "Was passiert, wenn sich jemand wegen dieses Projektes mit dem Virus infizieren sollte", fragt Yassin. Dann heiße es, die Stadt sei mit ihren Hygiene-Auflagen zu nachlässig gewesen. Man müsse deshalb jetzt einfach abwarten, wie das Verwaltungsgericht entscheidet.

Sollte der Antrag abgelehnt werden, werde er keine weiteren Schritte unternehmen, erklärt derweil der Sängerkreisvorsitzende, "da eine Klage nicht sehr aussichtsreich wäre, aber vor allem die Entscheidung zu spät kommen würde."

Mit einer spontanen Aktion vielleichtnoch möglich

Sollte der Antrag jedoch angenommen werden, stelle sich für ihn die Frage, was noch umsetzbar ist. Die Klaviere stehen abrufbereit beim Klavierhändler, müssten allerdings noch wie im vergangenen Jahr von Künstlern umgestaltet werden. In einer sehr spontanen Aktion ohne Vorlaufzeit wäre das vielleicht möglich, sagt Peter.

Durchgehend überwachen

"Ich hoffe, wenn der Antrag durchgeht, zumindest noch zwei Klaviere aufstellen zu können und würde diese dann je nach Witterung kürzer oder länger stehen lassen. Der Künstler soll die Klaviere ja auch nicht nur für ein, zwei Tage Aufstellung gestalten", erklärt Jens-Uwe Peter.

Viele Unwägbarkeiten

Geplant waren ursprünglich Klaviere im Rosengarten, auf dem Albertsplatz, auf dem Marktplatz und im Steinweg (zwei Stück). "Wir haben uns bereits frühzeitig dagegen entschieden, wieder Klaviere in Innenräumen aufzustellen, da für uns die Infektionsgefahr und insbesondere auch die Gruppenbildungsgefahr zu groß war", erläutert Peter.

"Ob und wie es im nächsten Jahr mit dem Projekt weitergehen wird, kann ich aktuell noch nicht sagen, dies hängt auch von der zukünftigen Entwicklung ab", blickt der Sängerkreis-Vorsitzende in die Zukunft.

Hygiene-Konzept Ende Juni vorgelegt

Das Projekt "Spielzeit" hatte in diesem Jahr eine lange Vorlaufzeit und war wegen der Corona-Pandemie von anfang an von Unwägbarkeiten begleitet. Mitte Mai habe er sich zum ersten Mal an das Ordnungsamt gewandt, erinnert sich Peter. Damals sei beiden Seiten klar gewesen, dass es für eine Beurteilung der Lage im Sommer oder Herbst noch zu früh sei. "Konkret habe ich am 29. Juni mein Hygienekonzept vorgelegt, da geplant war, zeitnah ein Klavier am ,Stadtstrand' aufzustellen. Es war hier beabsichtigt, dass Jugendliche dieses Klavier in der ersten Sommerferienwoche im Rahmen eines Workshops gestalten."

Unverhältnismäßige Anforderung

Erst am 3. August habe ihm das Ordnungsamt dann mitgeteilt, "dass ich das vorgelegte Hygienekonzept auch durchgehend überwachen muss". Damit, so Peter, "war zumindest die Aufstellung im Rosengarten hinfällig geworden." Er habe dann in den darauffolgenden Wochen mehrfach Kontakt mit dem Ordnungsamt gehabt und seine Argumentation dargelegt, "warum ich diese Anforderung erstens nicht umsetzen kann, zweitens aber auch als unverhältnismäßig ansehe."

Gleich bei der ersten Auflage vor einem Jahr hatte das Projekt "Spielzeit" große Resonanz gefunden in Coburg. Die zuvor von Künstlern optisch umgestalteten Klaviere hatten Passanten beispielsweise am Bahnhof und am Marktplatz, aber auch auf der Veste und im Palmenhaus zum Musizieren animiert. Auch bei der Museumsnacht, deren diesjährige Ausgabe am vergangenen Wochenende wegen der Corona-Pandemie abgesagt wurde, hatte der Sängerkreis mit seinem Projekt einen besonderen Akzent gesetzt.

"Ob es im nächsten Jahr mit dem Projekt weitergehen wird, kann ich aktuell noch nicht sagen, dies hängt auch von der zukünftigen Entwicklung ab", sagt Peter.

Rund um das Projekt "Spielzeit"

Veranstalter des Projekts "Spielzeit" ist der Sängerkreis Coburg-Kronach-Lichtenfels. Konzept "Spielzeit - wir stellen die Klaviere, Sie machen die Musik" - so wirbt der Sängerkreis für sein Projekt: "Ob als Einzelkünstler mit dem Schneewalzer, als Chor mit Klavierbegleitung oder als symphonisches Orchester mit einem Klavierkonzert: An unseren Klavieren wird ein Auftritt für jeden möglich. Und das Publikum gibt es auch gleich dazu."