"Buttersäure-Anschlag" auf Coburger Convent - Grünen-Politikerin findet Aktion "charmant"

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Buttersäure-Angriff auf Coburger Convent
Zahlreiche Einsatzkräfte, darunter Polizei und BRK waren am Pfingstmontag (20. Mai 2024) wegen des Coburger Convents in der Stadt eingesetzt.
Buttersäure-Angriff auf Coburger Convent
BRK Bereitschaft Coburg

Der Coburger Convent hat auch 2024 für zahlreiche Gegenproteste gesorgt. Unter anderem gab es einen mutmaßlichen Buttersäure-Angriff auf das Festzelt am Anger. Grünen-Stadträtin Melanie Becker sieht das Ganze eher als "Lausbubenstreich".

Der Coburger Convent hatte auch 2024 im Vorfeld wieder zu heftige Debatten in der Stadt geführt. So bezeichneten Gegner der Veranstaltung den Kongress der Studentenverbindungen, Landsmannschaften und Turnerschaften als "rückwärtsgewandt", "elitär" und "rechtsnational". Die Stadt hatte den Trägern beim umstrittenen Fackelmarsch am Montagabend (20. Mail 2024) gar den Alkoholkonsum verboten - das Verwaltungsgericht in Bayreuth entschärfte dies nach einer Klage durch den Verband. In den Vorjahren hatte es immer Beschwerden über ausartende Exzesse durch Convent-Teilnehmer gegeben - insbesondere über Sachbeschädigungen und anstößiges Verhalten im betrunkenen Zustand.

2023 hatten geleakte E-Mails für Aufsehen gesorgt, die dem Convent den Vorwurf einbrachten, "Fahndungsplakate" von unliebsamen Personen geplant zu haben. Im Anschluss war der langjährige Kongressbeauftragte zurückgetreten. Gleichzeitig stellte die Polizei im Vorjahr eine Zunahme der Straftaten durch Convent-Gegner fest. So wurde 2023 unter anderem der VW-Bus eines Teilnehmers angezündet, das Ehrenmal im Hofgarten beschmiert, Conventler angegriffen, und versucht, den Fackelzug zu stören. Auch heuer kam es zu mehreren Vorfällen, wie ein Sprecher der Polizeiinspektion Coburg gegenüber inFranken.de erklärt. Unter anderem verübten Unbekannte einen "Buttersäure-Anschlag" auf das Convent-Festzelt. 

Molotow-Cocktail auf Plakat, beschädigte Reifen, Buttersäure: Die Polizei-Bilanz beim Coburger Convent 2024

Während des Convents meldeten CC-Gegner laut Inspektion insgesamt elf Gegenversammlungen im Coburger Stadtgebiet an. Unterstützung bekam die örtliche Polizei demnach von Einsatzkräften der umliegenden Dienststellen, des Polizeipräsidiums Oberfranken sowie der Bayerischen Bereitschaftspolizei. "Wir hatten eine massive Polizeipräsenz und mehr Beamte als im letzten Jahr", sagt der Sprecher. Während einer Demonstration am Samstag (18. Mai 2024) sei ein Plakat sichergestellt worden, das den Werfer eines Molotow-Cocktails zeige. Die Staatsanwaltschaft ermittle nun wegen des Verdachts der Aufforderung zu Straftaten. 

Ebenfalls prüfe die Staatsanwaltschaft Sticker, die von Gegnern im Vorfeld im Stadtgebiet geklebt wurden. Sie zeigen eine brennende Verbindungsmütze und den Spruch "Burschis platt". In der Nacht auf Montag (20. Mai 2024) übten Unbekannte laut Polizei einen Anschlag mit einer "übelriechenden Flüssigkeit" auf das Festzelt aus. Laut CC-Sprecher Martin Vaupel handelte es sich hierbei um Buttersäure. "Wir könnten das erst nach einer Laboranalyse bestätigen. Ob die Staatsanwaltschaft diesen Schritt gehen wird, befindet sich aktuell in der Prüfung", so der Polizeisprecher. Es seien Ermittlungen wegen Sachbeschädigung eingeleitet worden, Biergarnituren würden nach DNA-Spuren untersucht. Am Montag musste auch die Feuerwehr auf den Coburger Marktplatz ausrücken, um eine Regenbogenflagge von einer Statue auf dem Marktplatz zu entfernen. 

Insgesamt spricht die Polizei von einer "positiven Bilanz" - obwohl mehr Gegendemonstranten als 2023 gezählt wurden. "Es gab glücklicherweise keine Brandanschläge mehr an Fahrzeugen", berichtet der Sprecher. Allerdings beschädigten Unbekannte in der Losaustraße jeweils zwei Reifen von zwei Fahrzeugen von Convent-Teilnehmern. "Am Montag im Rahmen des Fackelzugs nahmen am Anger über 300 Personen an der Versammlung teil, am Marktplatz waren es zwischen 200 und 300", sagt der Polizeisprecher. Bis auf einige Vermummte und zwei Beleidigungen gegenüber Beamten sei es aber friedlich geblieben: "2023 hatten die Straftaten eine ganz andere Dimension."

Grünen-Stadträtin mit Regenbogen-"Provokation" bei Fackelmarsch  

Auch Grünen-Stadträtin Melanie Becker, eine der scharfen Kritikerinnen des Coburger Convents, war am Montag vor Ort, wie sie inFranken.de erzählt. "Ich habe mich mit einer Regenbogenflagge in den Fackelzug eingereiht. Es war natürlich eine Provokation, aber ich kam tatsächlich unbehelligt bis auf den Markt, wo ich von sehr freundlichen Polizisten lediglich ermahnt wurde", sagt Becker. Auch von den Teilnehmern des Convents sei sie "mit Daumen hoch und zustimmenden Zurufen empfangen worden". Im vergangenen Jahr habe die Kommunalpolitikerin "einen Platzverweis erhalten", bevor überhaupt jemand gestört habe. 

"Ich glaube, man hat versucht, nicht auf mich zu reagieren. Die Mitlaufenden des Zuges verhielten sich sehr professionell", schildert Becker, deren Fraktion den Convent als "Nährboden für rechte Ideologien" sieht. "Wir konnten uns mit unserem friedlichen und gemäßigten Protest in der Herrngasse viel Aufmerksamkeit verschaffen", sagt sie wiederum. Insgesamt sei die Stimmung "deutlich weniger aufgeheizt" gewesen als in den Vorjahren, so ihre Beobachtung. Dass die Conventler nach dem Verbot, den Rathaus-Balkon für ihre Rede zu nutzen, wieder den Hebebühnen-Trick anwandten, empfindet die Grünen-Politikerin trotzdem als "provokant". Auch der Fackelzug "geht überhaupt nicht", so ihr fester Standpunkt. 

Oberbürgermeister Dominik Sauerteig (SPD) hatte sich zuvor kritisch zu dem Protest gegen den Convent geäußert. Er sprach nach dem Buttersäure-Angriff auf das Festzelt von "Demonstrationstouristen, die aus ganz Deutschland nach Coburg kommen, um Streit, Randale und Gewalt mitzubringen". Grünen-Politikerin Becker sieht das zum Teil anders. "Ich würde die Sache mit der Buttersäure nicht machen, aber ich finde das eher charmant. Es ist mal etwas anderes und hat etwas von einem Lausbubenstreich", sagt sie. "Das fällt für mich noch unter akzeptabel - im Gegensatz zu Gewaltaufrufen, etwa auf Plakaten. Davon distanzieren wir uns in aller Deutlichkeit, das ist einfach hohl."

"Leib und Leben schützen": Convent-Sprecher fordert Polizeibewachung von Festzelt am Anger

Martin Vaupel, Pressesprecher des Convents, hingegen sieht die Teilnehmer in Coburg nicht ausreichend vor Gefahren bewahrt. "Es war ein klarer Buttersäure-Anschlag, wir haben ihn am Montag gegen halb eins entdeckt", sagt er. Das Zelt habe trotz aufwändiger Reinigung noch am Abend beim Festkommers deutlich gerochen. Laut der Uni Münster kann das Einatmen von Buttersäure-Dampf zu "schweren Irritationen" der Atemwege führen. Bei Kontakt mit der Haut sind schwere Verätzungen möglich, im Auge besteht Erblindungsgefahr. "Ich gehe davon aus, dass eine Stadt, die sich als Kongressstadt versteht, auch dafür sorgen muss, dass die Ordnungshüter Leib und Leben der Teilnehmer schützen", kritisiert er.

Dem widerspricht der Sprecher der Coburger Polizei. "Wer alles schützt, schützt nichts, wir sind für die gesamte Stadt und ihre Bürger verantwortlich", sagt der Beamte. "Das ganze Zelt ist CC-Sache und dort muss ein Sicherheitsdienst her, den der CC dann eben bezahlen muss", so die Sicht der Polizei. Trotz Anfeindungen von Gegnern und kritischen Äußerungen von der Stadtspitze zum Fackelzug fühle sich der Convent in Coburg weiterhin "herzlich willkommen", sagt Vaupel. "Das haben auch OB Sauerteig und Herr Aydin deutlich gemacht. Misstöne zwischen uns und der Stadt gibt es gar nicht mehr. Denn unser AHCC-Vorsitzender Hubert Stech und Herr Sauerteig stehen jetzt in sehr regelmäßigem Kontakt miteinander", erzählt der Convent-Sprecher. 

"Die Demonstranten der Antifa und ich weiß nicht, wer da sonst noch mitmacht, kommen ja meistens gar nicht selbst aus Coburg", sagt Vaupel. Dies bestätigt auch die Polizei gegenüber inFranken.de. Laut dem Sprecher sei bei Personenüberprüfungen deutlich geworden, dass die Mehrzahl der Protestler "von außerhalb der Stadt und des Landkreises Coburg anreisen". Gleichzeitig herrscht auch gerade unter jungen Menschen in Coburg - darunter viele Studenten - eine weit verbreitete Skepsis bis Ablehnung gegenüber dem jährlichen Massentreffen. Daran änderte sich auch 2024 nichts. Weitere Nachrichten aus Coburg findet ihr hier.