Mit Hilfe von Informanten kam unsere Redaktion 1992 einem Umweltskandal auf die Spur. Die Behörden mauerten - am Ende wurden nach dem "Fall Roßstadt" Gesetze verschärft. Jetzt gibt es einen sicheren Pfad für heikle Informationen: secure.infranken.de
Einer der größten Umweltskandale Bayerns beginnt zur frühen Morgenstunde im Frühling am Rand einer finsteren Kiesgrube in Franken. Die Nachtaktion bringt einen Redakteur der Tagezeitung "Fränkischer Tag" und seinen Informanten auf die Spur von Müllschiebereien, deren gewaltiges Ausmaß damals beim Blick durch das Fernglas noch nicht einmal zu erahnen ist.
Das war 1992, und über den Umweltskandal Roßstadt ist nicht nur im übertragenen Sinn Gras gewachsen, seit die Staatsanwaltschaft Bamberg die Ermittlungen gegen den verantwortlichen Unternehmer im Januar 2010 eingestellt hat.
123 Seiten Anklage
Die 123 Seiten starke Anklageschrift wurde nie vor Gericht verlesen. Der Firmenchef D.K. erkrankte, als sein Kies-Imperium zusammenbrach, und 2010 waren die Vorfälle verjährt, die aus dem Maintal an der Grenze der Landkreise Haßberge und Bamberg bis heute eine der größten illegalen Mülldeponien im Freistaat machen.
Die Geschichte, die die Redaktion nach Hinweisen von Informanten bis ins Detail recherchiert hat, folgt über 25 Jahren den verschlungenen Wegen der Müll-Mafia. "Da wird mehr Geld verdient als mit Drogen", sagt ein Polizeibeamter unter der Hand. 1991 ging ein Bürger im Lindigwald bei Kleinostheim (Aschaffenburg) spazieren. Dort lagen 80 000 Tonnen Erde für die Rekultivierung der ehemaligen Kiesgrube. Der Spaziergänger sah es glitzern, doch es war kein Schatz, auf den er stieß, sondern 18 000 Tonnen Elektroschrott, mit der Erde vermischt und so nicht teuer entsorgt, sondern noch zu Geld gemacht.
Firmengeflecht
Hinter dem Fall Lindigwald steckte ein europaweit agierendes Firmengeflecht, das sich Sub- und Subsubunternehmern bediente, um Spuren zu verwischen. Eine dieser Spuren führte in die Kiesgruben bei Roßstadt und Trunstadt. Hier baute D.K. nicht nur Sand ab, er führte eine Brecheranlage für Bauschutt und eine Sandwaschanlage, eine Bodenaufbereitungsanlage im mittelfränkischen Roth und weitere Betriebe. K. warb mit seinem Engagement zur Schonung der Ressourcen, im Umweltpakt Bayern galten die Betriebe als Vorzeigeunternehmen.
Als der Verdacht vom Untermain auf die Baggerseen in Ober- und Unterfranken fiel, dementierte nicht nur der Unternehmer energisch jede Beteiligung an illegalen Geschäften. Auch die Behörden in Haßfurt und Bamberg bescheinigten K. eine weiße Weste; seine Betriebe würden lückenlos überwacht.
Wie groß die Lücken in der Überwachung waren, konnte diese Zeitung bis 1998 wie ein Puzzle zusammensetzen.
Ein langer Weg
Der Weg dahin war lang und mühsam, Internet und Email gab es damals noch nicht, noch weniger einen Kanal für Informanten nach dem Muster unseres neuen Angebotes
secure.in-franken.de (siehe gesonderte Info). Wer sich mit der Zeitung in Verbindung setzte, ging ein persönliches Risiko ein. Eigene Beobachtungen auf dem Kiesgelände, Berichte von ehemaligen Mitarbeitern und Anwohnern und heimlich kopierte Unterlagen aus dem Firmengeflecht, die der Redaktion zugespielt wurden, ergaben ein schlüssiges Bild.
D.K. nutzte die Tatsache aus, dass sein weitläufiges Firmengelände kaum zu überblicken ist; zumal im Grenzgebiet zweier Landkreise und Regierungsbezirke in einer sich ständig verändernden Seenlandschaft die Zuständigkeiten nicht immer klar waren - allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz.
Die Unübersichtlichkeit wurde noch größer, weil K.'s Firmen enorme Materialmassen bewegten: Erde wurde vor dem Ausbaggern einer Kiesgrube abgetragen, Sand in Halden gelagert, zigtausende Tonnen Bauschutt lagen vor und hinter dem Brecher, für die Sandwaschanlage kam Material an. Es herrschte reger Schiffs- und Lkw-Verkehr.
Lückenlos?
Lückenlose Überwachung? "Ich bin jahrelang für D.K. gefahren . Mich hat nie einer kontrolliert", erzählte uns ein ehemaliger Mitarbeiter des "Recyclingparks".
"Recyling" hieß in Roßstadt und Trunstadt auch: vermischen und verstecken. Unmengen an Abfällen durchliefen weder die Sandwaschanlage noch die Bodenreinigungsanlage in Roth. Stattdessen wurden sie mit unbedenklichem Material vermischt und als Füllstoff in den Kiesgruben versenkt. Dabei handelte es sich unter anderem aus Bodenaushub von Tankstellensanierungen. Der Unternehmer fühlte sich so sicher, dass er nach Informationen dieser Zeitung ganze Schiffsladungen verseuchter Böden in die Baggerlöcher kippen ließ.
1998 platzte die Bombe, als die Polizei ein Schiff auf dem Weg nach Roßstadt stoppte, dessen Ladung als Erdaushub deklariert war. Der Boden stank nach Öl, mehrere hundert Tonnen Sondermüll, deren fachgerechte Entsorgung ein Vermögen gekostet hätte. D.K. und die mit ihm verbandelten Firmen kassierten ab und kippten den Dreck in den See.
In Konkurs
Das stinkende Schiff war das letzte Puzzleteilchen und brachte das Kartenhaus der Unternehmensgruppe zum Einsturz: Eine Firma K.'s nach der anderen meldete Konkurs an, auf dem Firmengelände waren nur noch Mitarbeiter der Umweltbehörden unterwegs. Diese bestätigten scheibchenweise, was die Redaktion längst herausgefunden hatte: K. nutzte sein Firmenkonstrukt, um im großen Stil umweltgefährdende Stoffe zu "entsorgen".
Als die Bagger der Behörden anrückten, wurden sie beinahe bei jedem Griff in den Untergrund fündig. Papierschlämme, faulig stinkender Sand aus Kloaken, mit Öl getränkte Böden ... schätzungsweise einige hunderttausend Tonnen Müll, der zum Himmel stinkt, waren in Roßstadt/Trunstadt über Jahre vergraben worden. Nur ein Teil der Umweltsünden konnte beseitigt werden. Beim größten Teil der illegalen Ablagerungen entschieden sich die Behörden für die Methode MNA, den natürlichen Abbau der Schadstoffe.
Gesetze verschärft
Der Fall Roßstadt beschäftigte am Ende auch die Staatsregierung, die als Konsequenz aus der lückenhaften Überwachung die Umweltgesetze drastisch verschärfte. Die Verfüllung von Kiesgruben ist seit 2002 in Bayern faktisch verboten.
Die Sanierung der gesamten Kiesgrube hätte einen mehrstelligen Millionenbetrag gekostet, sicher mehr als im Lindigwald, wo die öffentliche Hand auf 25 Millionen Euro sitzen blieb. Immerhin konnten die für den UmweltfrFrevel im Lindigwald Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden - anders als D.K.
Die Kiesgrube am Main bei Roßstadt hat heute einen neuen Eigentümer, der den Rest der Sandvorräte ausbeutet und einen Freizeitpark plant. So wächst langsam Gras über einen der größten Umweltskandale Bayerns - buchstäblich.
Sicherer Pfad für Informationen
Unter der Adresse
https://secure.infranken.de (bitte die Schreibweise beachten!) können Leser vertrauliche Informationen anonym und über einen abhörsicheren Weg an die Redaktion von inFranken.de senden. Nutzer unseres Angebots können das vorhandene Dateiupload-Formular unter dem Navigationspunkt "Dateien übertragen" über die https-gesicherte Webseite verwenden, um beispielsweise Dokumente, Texte oder Bilder zu schicken. Es werden keine personenbezogenen Daten übermittelt. Nur in der Online-Redaktion von infranken.de können die übermittelten Daten mit einem speziellen Schlüssel auf einem nicht mit dem Firmennetzwerk verbundenen PC wieder geöffnet werden.
Mit secure.InFranken geht es uns ausschließlich um Themen, die von großem öffentlichen Interesse sein könnten. Keinesfalls dient unser Aufruf dazu, Personen zu bespitzeln, auszuspionieren oder zu denunzieren!
angelegt, das meint also die 'Mantelredaktion'. Dazu würde jedoch die Beachtung des Pressekodex gehören. Was die Redaktion jedoch wiederkehrend macht, ist die Sperrung der Kommentarfunktion, besonders auffallend bei den Meldungen zum Thema Flüchtlinge/Asylwesen. Und das rein 'vorsorglich', nämlich bereits ohne dass auch nur ein einziger Kommentar abgegeben wurde. Sind solche Meinungsmaulkörbe nicht Ausdruck von medialer Meinungsdiktatur, die in keinster Weise den journalistischen Grundsätzen einer freien und objektiven Presse laut Pressekodex entspricht? Ob die Redaktion die Eier hat, diesen ihr vorgehaltenen Spiegel zu veröffentlichen?
ist wieder auferstanden, ging ja schneller als gedacht. Mielke würde vor Freude im Dreieck springen: Eine Zeitung in Westdeutschland ruft zur Denunziation auf!
Liebe infranken-Nutzer, vielen Dank für die rege Diskussion über unser neues Angebot secure.infranken.de. Der eine oder andere hat den sicheren elektronischen Postkasten der Redaktion offenbar nicht so verstanden wie er gedacht ist: Es geht dabei nicht darum, zu denunzieren oder anonym falsche Behauptungen in die Welt zu setzen, sondern genau um das Gegenteil: um fundierte Informationen. secure.infranken.de ist ein Angebot an alle, die Missständen auf die Spur gekommen sind und Informationen dazu haben, die sie der Redaktion zur Verfügung stellen wollen, ohne selbst in Erscheinung zu treten. Dafür kann es viele gute Gründe geben, denkt man etwa an Mitarbeiter einer Behörde, die sich nicht als Informant outen wollen, weil sie um ihren Job fürchten. Wie auch immer: Derlei Informationen werden von der Redaktion nicht ungeprüft veröffentlicht, sondern mit aller journalistischen Sorgfalt geprüft und dann als Grundlage für eigene Recherchen verwendet. Wenn sich die Informationen als hieb- und stichfest erweisen, wird daraus auch eine Geschichte - aber auch nur dann. Anders als die Beiträge in sozialen Netzwerken werden Zeitungen und ihre Portale von Menschen geschrieben, die ihr Handwerk gelernt haben. Es ist jedem überlassen, welchem Kanal er mehr Vertrauen schenken will. Dafür gibt es ja die Meinungsfreiheit im Grundgesetz. Wer andere "denunzieren" will, findet im Internet (und nicht nur da) unzählige anonyme Kanäle, wo vieles ungeprüft veröffentlicht wird - ohne journalistische Grundsätze, die infranken.de eben auch bei Kommentaren von Nutzern anlegt, weil das Portal dieser Zeitung keine Bühne für Beleidigungen, Hetze (aus welcher Ecke auch immer) und Falschbehauptungen bietet, sondern seriös bleibt. Von "Zensur" redet bei dieser soliden Vorgehensweise wohl nur der, der nicht schon selbst einmal ungerechtfertigt an einen öffentlichen Pranger gestellt wurde. Dafür werden soziale Netzwerke und Portale oft genug missbraucht.
Günter Flegel, Redaktion infranken.de
Ich halte Ihre Rechtfertigung für einen kläglichen Versuch Ihren Aufruf zur "Informationsbeschaffung" seriös erscheinen zu lassen. Ihr seid doch die "Journalisten"! Beschafft euch euere Informationen gefälligst selbst, dafür werdet ihr doch bezahlt! -- Wieviele IMs haben euch denn mittlerweile, mehr oder weniger, zwielichtige Infos gesteckt?
"Im Dienste der Wahrheit", jaja. Wieso nur erinnert Ihre Aktion so viele an das DDR-Regime?-- Sind die Leute alle zu blöde um euere "ehrenwerten" Absichten zu erkennen? Und überhaupt, trauen Sie sich diese Zeilen hier zu veröffentlichen?
....woher haben Sie denn ihre "News"?
Es ist nicht so, dass Journalisten und Redakteure den ganzen Tag draußen herumlaufen und nach Neuigkeiten Ausschau halten, abgesehen davon, dass damit keine Zeitung real möglich wäre. Man ist auf Informations-Zufluss angewiesen, sei es über Presseagenturen, freie Mitarbeiter etc.
Informationen fallen einem nicht in den Schoß und Journalisten sind auf Tipps von außen angewiesen, um dann weiter recherchieren zu können. Dabei können Sie den Leuten, die das Handwerk erlernt haben vertrauen, zu ihren Aufgaben gehört das Gewichten und Sortieren. Zudem gibt es einen Pressekodex (bitte nachlesen)
Im Journalistenjargon (besonders bei investigativ arbeitenden Leuten) nennt sich dies: "Heiße Tipps", meist verbunden mit "Quellenschutz". Wissen Sie eigentlich, wieviele Journalisten weltweit jährlich sterben? Googlen Sie das mal. Brisante Informationen können sowohl Reputation und Leben beider (Journalisten UND Auspacken) kosten. Wegen der "freien" Meinung, die von allen so sehr gewünscht wird. Um sich ein BILD machen zu können (toller Slogan übrigens^)
Wir Neuigkeiten-Konsumenten wollen doch möglichst breit gefächerte Information
Ein Denunziant handeltt aus "niederen" Motiven (Pöstla, Kohle, Geltungssucht). Unterstellen Sie den Journalisten nicht generell, zu dumm zu sein, dies zu merken.