Tausende Missbrauchsfälle hat es laut einer Studie innerhalb der Katholischen Kirche gegeben. Auch im Erzbistum Bamberg kam es zu Übergriffen. Die Kleriker zeigen sich entsetzt und wollen die Taten aufklären.
Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Marx, hat die Opfer des massenhaften sexuellen Missbrauchs unter dem Dach der Kirche um Entschuldigung gebeten. "Allzulange ist in der Kirche Missbrauch geleugnet, weggeschaut und vertuscht worden", erklärte Marx am Dienstag in Fulda bei der Vorstellung einer Studie, die den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch katholische Kleriker in den vergangenen Jahrzehnten umfangreich dokumentiert.
Zwischen 1946 und 2014 sollen bundesweit 1670 Kleriker 3677 Kinder und Jugendliche missbraucht haben, wie aus der Studie hervorgeht. Das Erzbistum Bamberg stellte regionalisierte Zahlen vor. Demnach wurden für den Zeitraum der Untersuchung in 1711 Personalakten 41 Hinweise auf Missbrauchstäter entdeckt. 88 Opfer im Alter zwischen vier und 20 Jahren sind identifiziert worden.
"Es ist erschütternd, in welchem Ausmaß sexuelle Übergriffe durch Geistliche geschehen sind", sagte der Bamberger Generalvikar Georg Kestel. Vermehrt geschehen sind diese in den Privatwohnungen der Kleriker, in mindestens sieben Fällen sogar "über mehrere Jahre hinweg". Am häufigsten betroffen waren Ministranten. In zwei von drei der bekannten Fälle sind die Opfer männlich. Die meisten Übergriffe ereigneten sich in den 70er und 80er-Jahren, aber auch aktuell melden sich Menschen, die selbst betroffen sind oder eine Beobachtung gemacht haben.
Weil die Kirche den Studienmachern keinen Zugriff auf Originaldokumente gestattet hatte, werfen ihr Kritiker vor, die Missbrauchsfälle allenfalls intransparent aufzuarbeiten. Laut Kestel liege es aus Datenschutzgründen auf der Hand, Personalakten vertraulich zu behandeln. Er sieht ein ganz anderes Problem: "Viele der Missbräuche sind gar nicht in die Personalakten aufgenommen worden." Auch weil sich Opfer sexualisierter Gewalt nur selten oder erst viel später melden.
Nur gegen 26 der 41 ermittelten Kleriker aus der Region wurde Strafanzeige gestellt, gerade einmal sechs Täter später vor Gericht verurteilt. "Eingestellt werden die Verfahren oft, weil die Übergriffe verjährt sind oder der Beschuldigte verstarb", erklärt die Missbrauchsbeauftragte des Erzbistums, Eva Hastenteufel-Knörr.
Die Zahlen seien allenfalls die "Spitze des Eisbergs", sagt der Leiter der Studie, Harald Dreßing. Die Untersuchung benennt zudem problematische Strukturen, die Missbrauchsfälle auch heute begünstigen könnten, betonte Dreßing. Die Missbrauchsthematik sei daher keineswegs überwunden. "Das Risiko besteht fort", sagte er.
Nun müsse man die Täter zur Verantwortung ziehen und "als Institution Kirche die gebotenen Konsequenzen ziehen", sagt Generalvikar Kestel. In Bamberg setze man seit 2013 auf ein umfangreiches Präventionsprogramm, das etwa die Hälfte der Mitarbeiter im Erzbistum bereits in Anspruch genommen hat. Das Programm zeige Wirkung, meint die Präventionsbeauftragte Monika Rudolf.