Strompreis: Verbraucher müssen mit höheren Kosten rechnen - Grüne kritisieren Bundesregierung

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Der Strompreis setzt sich aus den Produktionskosten, Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgelten der Betreiber zusammen. Foto: Jens Kalaene, dpa
Der Strompreis setzt sich aus den Produktionskosten, Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgelten der Betreiber zusammen. Foto: Jens Kalaene, dpa

Viele Stromkunden in Deutschland müssen sich auch im kommenden Jahr auf höhere Kosten einstellen. Für den Branchenverband ist klar, wo es Entlastung geben sollte.

Verbraucher müssen im kommenden Jahr mit höheren Stromkosten rechnen. Der Branchenverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) fordert deshalb von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) eine milliardenschwere Entlastung der Haushalte bei der Stromsteuer. BDEW-Hauptgeschäftsführer Stefan Kapferer hält einer Reduzierung von derzeit 2,05 Cent pro Kilowattstunde auf das europarechtlich mögliche Minimum von 0,1 Cent für geboten. "Im EU-weiten Vergleich wird eines besonders deutlich: Der deutsche Staat bittet die Haushalte bei den Steuern, Abgaben und Umlagen über Maß zur Kasse", sagt Kapferer.

Sinkende Netzentgelte

Der Strompreis setzt sich aus den Produktionskosten, Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgelten der Betreiber zusammen. Laut Kapferer haben sich Steuern, Abgaben und Umlagen seit 2006 mehr als verdoppelt und machen inzwischen bereits 54 Prozent des Strompreises aus. Nur noch 20 Prozent der Kosten könnten die Lieferanten überhaupt beeinflussen. Nun würden steigende Beschaffungskosten Preiserhöhungen unausweichlich machen. Hintergrund seien etwa Preissteigerungen beim Handel mit Verschmutzungsrechten und höhere Kosten für Kohle und Gas. Demnach bezahlten die Unternehmen 2017 im Durchschnitt knapp über 30 Euro für eine Megawattstunde Strom, in diesem Jahr seien es bereits mehr als 50 Euro gewesen. Kapferer widerspricht damit erst wenige Tage alten Berichten, wonach sinkende Netzentgelte 2019 für etwas Entlastung bei den Strompreisen sorgen könnten.

Staat als Preistreiber

Unterstützung für die Forderung nach einer drastischen Senkung der Stromsteuer kommt aus der FDP. Bundestagsfraktionsvize Michael Theurer sagte dieser Redaktion: "Dass die Bundesregierung hier untätig ist, ist ein Schlag ins Gesicht der Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen. Denn je geringer das Einkommen, desto höher ist der Anteil der Stromkosten an den Gesamtausgaben."

Größter Preistreiber bei den Stromkosten sei der Staat. "Dieser ist mit über zehn Milliarden Euro für Steuern und Abgaben sowie über 25 Milliarden Euro für das planwirtschaftliche Erneuerbare-Energien-Gesetz inzwischen für mehr als die Hälfte des Strompreises verantwortlich." Massiv kritisiert Theurer in diesem Zusammenhang Bundeswirtschafts- und Energieminister Peter Altmaier: "Ohne die von Altmaier angekündigten, aber verschleppten Reformen beim Erneuerbare-Energien-Gesetz und die Absenkung der Stromsteuer auf das Mindestmaß wird der Strompreis nicht zu bändigen sein."

Finger in die Wunde gelegt

Auch die Grünen gehen hart mit der Energiepolitik der Bundesregierung ins Gericht. Bundestagsfraktionsvize und Energieexperte Oliver Krischer sagte unserer Redaktion: "Der BDEW legt den Finger in die Wunde. Denn unser Umlagen- und Abgabensystem passt nicht mehr zur neuen Energiewelt." Für Krischer sind Hauptpreistreiber inzwischen die Netzentgelte, vielerorts seien diese der dickste Brocken auf der Stromrechnung.

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Der Grünen-Politiker kritisiert dabei undurchsichtige Regelungen: "Die Ursachen dafür liegen weitgehend im Dunkeln. So wird der Öffentlichkeit etwa vorenthalten, wer wieviel Netzentgelte zahlt und welche Unternehmen oder auch Golfclubs von den Netzentgelten ganz oder teilweise befreit werden." Er fordert "mehr Transparenz und eine faire Verteilung der Kosten". Für Krischer steht fest: "Die Bundesregierung darf sich nicht länger wegducken, sie muss da jetzt ran."

Ähnlich appelliert Energieverbandschef Kapferer an die Verantwortlichen in der Großen Koalition. Notwendig sei eine völlige Kehrtwende, damit regenerativ erzeugter Strom etwa im Verkehrssektor - Stichwort Elektromobilität - attraktiver werde.

Kapferer sagt hierzu: "Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Bundesregierung hier nicht handelt."

Von unserem Korrespondenten Bernhard Junginger