Der EU wird die Schuld dafür gegeben, dass Kaffee bereits ab 2025 Mangelware werden könnte. So liest sich zumindest die Befürchtung der Industrie. Die EU-Kommission selbst sieht die Lage aber ganz anders.
Die Kaffeebranche in Deutschland sieht die Kaffeeversorgung ab dem kommenden Jahr infolge einer neuen EU-Verordnung nicht mehr sicher gewährleistet. "Uns droht eine Unterversorgung auf dem deutschen und europäischen Markt. Die Preise für den dann noch verfügbaren Kaffee werden signifikant steigen", teilte der Deutsche Kaffeeverband mit.
Dem widerspricht aber die EU-Kommission: Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur hieß es bei der Behörde, es seien keine Tatsachen bekannt, dass die Verordnung Lebensmittelpreise anheizen würde. Man rechne mit sehr begrenzten Auswirkungen auf die Preise der von der Verordnung abgedeckten Rohstoffe.
Kaffeeverband fordert Verschiebung der Regelung
Holger Preibisch, der Geschäftsführer des Kaffeeverbands fordert, die Anwendung der EU-Regelung zu verschieben. Andernfalls seien weltweit Millionen Kaffeebauern in ihrer Existenz bedroht. Es geht um die im vergangenen Jahr in Kraft getretene und ab dem 30. Dezember anzuwendende EU-Regelung für entwaldungsfreie Lieferketten. Zuvor hatte bereits die Lebensmittel Zeitung über die Sorgen des Verbands berichtet.
Die Regelung verlangt von Unternehmen künftig eine Sorgfaltserklärung, dass für ihr Produkt nach dem 31. Dezember 2020 kein Wald gerodet oder geschädigt wurde. Das gilt dabei nicht nur für Rohstoffe wie Kakao- oder Kaffeebohnen, auch bestimmte Folgeprodukte wie Schokolade, Leder oder Möbel sind erfasst. Wer sich nicht an die Vorschriften hält, muss mit hohen Strafen von mindestens vier Prozent des Jahresumsatzes in der EU rechnen.
Der Kaffeeverband, der etwa 360 Unternehmen und Organisationen vertritt, befürwortet den Inhalt der Regelung nach eigenen Angaben zwar. Es sei jedoch nicht möglich, die erforderlichen Daten bis Ende 2024 vollständig bereitzustellen. "Derzeit erfüllen nur etwa 20 Prozent der Farmer die Anforderungen", sagte Verbandsgeschäftsführer Preibisch.
Er beklagt auch den bürokratischen Aufwand. Sowohl Händler, die Kaffee importieren, als auch abnehmende Röstereien müssten bei jeder Lieferung aufs neue eine Risikobewertung der Daten vornehmen und diese an die EU schicken. Wegen der politischen Strukturen in einigen Anbauländern sei es schwierig, die Informationen zu beschaffen, dazu fehle es noch immer an einer geeigneten Schnittstelle.
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In einem Schreiben an die Bundesregierung drängte die Branche kürzlich darauf, die Anwendung der Regelung zu verschieben. Das zuständige Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft erklärte auf Nachfrage, sich in Brüssel für Lösungswege einzusetzen. "Im Bereich des Kaffeehandels bestehen derzeit noch Hürden, um die Umsetzung bis zum Ende der Übergangszeit vollständig umzusetzen. Dazu gehört, dass die Rückverfolgbarkeit von konventionellem, nicht-zertifiziertem Kaffee aktuell noch nicht in allen Fällen bis zur Farm umgesetzt werden kann", sagte ein Sprecher.