Dabei greifen die von Ihrem Verein eingeklagten Fahrverbote den Menschen doch direkt in den Geldbeutel ...
Im Gegenteil: Wir helfen den von den Dieselkonzernen betrogenen Dieselfahrern, durch die von uns durchgesetzte Nachrüstung auf Kosten der Hersteller den Wertverlust ihrer Diesel zu stoppen. Dieselfahrer haben ein relativ teures Auto gekauft und das noch mit dem Versprechen der Hersteller, dass der Euro-5- oder Euro-6-Diesel ein besonders klimafreundliches, sauberes Fahrzeug sei. Anders als Frau Merkel vorgeschlagen hat, die Dieselbesitzer mit unwirksamen Micky-Maus-Software-Updates abzuspeisen, erhalten nun betroffene Fahrzeugbesitzer eine neue Abgasanlage. Daimler und VW haben die Kostenübernahme bis 3000 Euro erklärt. Ich bin gespannt, wann die restlichen Hersteller nachziehen.
Es gibt Experten, die den Sinn der Grenzwerte für Stickstoffdioxid öffentlich anzweifeln.
Die aktuell geltenden Grenzwerte für das Dieselabgasgift hat nicht die Deutsche Umwelthilfe festgelegt, sondern im Jahr 1999 die EU-Kommission. Aktiv beteiligt war das von der bis Ende 1998 amtierenden Umweltministerin Angela Merkel geleitete Ministerium. Diese Grenzwerte orientieren sich an einer auch heute noch gültigen Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO. Wenn nun ein industrienah argumentierender Wissenschaftler die Grenzwerte anzweifelt, dann sollte er sich bitte mit seiner Kritik an die Weltgesundheitsorganisation, die EU-Kommission und an das Umweltbundesamt wenden. Dort wird aber derzeit eher über eine Verschärfung nachgedacht. Die Schweiz hat übrigens seit 1986 bereits einen schärferen Grenzwert von 30 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft. Und diesen halten wir auch für Deutschland für sinnvoll.
Die CDU will prüfen, ob die DUH als gemeinnützige Organisation anerkannt bleibt. Gibt Ihnen das nicht zu denken?
Der Teil der CDU, der besonders scharf gegen die DUH vorgehen will, ist der politische Arm der Automobilindustrie. Es ist uns nicht gelungen, vor der Entscheidung auf dem CDU-Bundesparteitag mit auch nur einem führenden Christdemokraten ein Gespräch zu führen, es wurden uns keine Fragen gestellt und wir wurden auch nicht zum Parteitag eingeladen. Der Antrag, uns die Gemeinnützigkeit und die Klagebefugnis zu entziehen, wurde vom Bezirksverband Nordwürttemberg gestellt. Dessen stimmberechtigter Ehrenvorsitzender Matthias Wissmann ist der oberste Lobbyist der Autohersteller. Aus diesem Bezirk erhält die CDU zudem die höchsten Spenden der Autokonzerne. Aber die Krönung: Der Bundesparteitag der CDU, der über die Anträge entschied, wurde ausgerechnet von Volkswagen und Audi gesponsert. Die CDU - offensichtlich die "Christliche Diesel-Union" - ist heute die Partei der Autoindustrie. Zur Frage der Gemeinnützigkeit: Das zuständige Finanzamt hat uns gerade erst geprüft und die Gemeinnützigkeit bestätigt. Der Bescheid gilt bis August 2023. Das Finanzamt entscheidet nach Recht und Gesetz und nicht aufgrund von Parteitagsbeschlüssen.
Die CDU wirft Ihnen vor, den Wirtschaftsstandort zu schädigen.
Indem wir den größten Industrieskandal der Nachkriegsgeschichte mit aufgeklärt haben und die Unternehmen zwingen, Recht und Gesetz zu beachten? Sind es nicht die Autokonzerne, die über zwei Jahrzehnte ein kriminelles Kartell bilden und Millionen Autofahrer mit nicht funktionierenden Abgasanlagen schädigen? Wir setzen uns dafür ein, dass die Millionen betrogenen Fahrzeughalter eine funktionierende Abgasanlage erhalten - auf Kosten der in- wie ausländischen Dieselkonzerne.
Wie erfolgreich ist Ihre Arbeit? Sie können doch nicht damit zufrieden sein, wenn in Hamburg eine einzelne Straße gesperrt wird.
Sind wir nicht, Hamburg zeigt, dass symbolische Sperrungen weniger hundert Meter Straße ohne Kontrolle auch nicht wirken.
Und was ist mit Stuttgart, wo seit dem 1. Januar ein Dieselfahrverbot in der ganzen Innenstadt herrscht?
Eine solche, das gesamte Stadtgebiet umfassende Dieselfahrverbotszone wird dann wirken, wenn sie von den Behörden auch konsequent kontrolliert wird. Ab Februar soll es diese Kontrollen geben. Ich gehe mal davon aus, dass sich die meisten Dieselfahrer daran halten werden.
Wie bewegen Sie sich fort?
Ich fahre gerne Fahrrad, nutze so häufig wie möglich die Bahn und unser Familienauto ist ein französisches Elektroauto. Aber beruflich muss ich natürlich auch fliegen. Die Umwelthilfe kompensiert seit 15 Jahren alle nicht vermeidbaren Flüge bei Atmosfair.
Das Gespräch führte Margit Hufnagel