Bürgergeld im Bundesrat: Die Union offenbart trauriges Menschenbild - zerstörerische Ideenlosigkeit am Limit

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Ein Kommentar von Io Görz
Bürgergeld im Bundesrat
Das Bürgergeld ist vorerst blockiert. Die Union zeigt damit, wie antimodern ihre Haltung ist.
Bürgergeld im Bundesrat
pixabay.com (Symbolbild)

Die Union hat das Bürgergeld wie angekündigt im Bundesrat blockiert. Nun geht das Gesetz in den Vermittlungsausschuss. Die Argumente gegen die Reform offenbaren ein unmodernes und menschenfeindliches Bild, das Grundlage der Unionspolitik zu sein scheint.

Fast könnte man meinen, zurzeit werde nicht über das Bürgergeld diskutiert, sondern über ein völlig anderes Thema: das bedingungslose Grundeinkommen. In Äußerungen von Unionspolitikern wie Friedrich Merz wird es sogar konkret als eine Art Schreckgespenst genannt, um gegen das Bürgergeld der Ampelregierung zu wettern. 

Nun wurde das Bürgergeld von der Union im Bundesrat erwartungsgemäß blockiert. Aufbauend auf der jahrzehntelangen Stigmatisierung von Hartz-IV-Empfänger*innen wähnt die Union dabei die gefühlte Mehrheit der Menschen auf ihrer Seite, denn, so das gebetsartige Mantra: Arbeit muss sich lohnen! 

Nein zum Bürgergeld: Angst als Antrieb?

Was aber vor allem dabei offenbar wird, ist das ziemlich traurige und ganz und gar nicht moderne Menschenbild und Bild der Arbeitswelt, das bei CDU und CSU für politische Entscheidungen verantwortlich zu sein scheint. 

Kurz gesagt ist die Position der Union, ob nun Friedrich Merz oder Markus Söder: Wer arbeitet, bekommt weniger Geld am Ende des Monats als jemand, der nicht arbeitet. Das habe zur Folge, dass Menschen nicht mehr arbeiten wollen, folglich legen sich alle nur noch auf die faule Haut, niemand zahlt mehr Steuern. Der Sozialstaat bricht zusammen. Apokalypse. Dass die Zahlen, die von Söder und Merz als Grundlage ihrer drastischen Warnungen hergenommen werden, bestenfalls Einzelfälle abbilden, stört beim Alarm schlagen natürlich nur. 

Welch trauriges und unmodernes Bild der Arbeit: Man muss Arbeit schon ziemlich schlimm und schwer erträglich finden, wenn man glaubt, dass nur die Angst vor völliger Verarmung, vor dem Verlust von Wohnung, gespartem Vermögen und sozialem Status dazu führt, dass man überhaupt arbeiten will. In der Welt der Unions-Parteien warten Menschen also nur, bis es irgendeine Möglichkeit gibt, nicht mehr arbeiten zu müssen, um sich endlich für das gleiche Geld aufs Sofa legen zu können. 

Braucht unsere Wirtschaft Angst und Armut? 

Spaß an der Arbeit? Eine Art Berufung und innerer Antrieb, der dazu führt, dass man seine Zeit in einer bestimmten Branche verbringt? Offenbar unvorstellbar. Zumindest in Bereichen, die nicht so gut bezahlt werden, dass jegliche Sozialleistung stets deutlichen Abstieg bedeuten würde. 

Das hängt mit einem Menschenbild zusammen, dass auch bei der Debatte um das oben genannte bedingungslose Grundeinkommen regelmäßig Sodom und Gomorrha an die Wand gemalt werden. Menschen arbeiten nur und ausschließlich, um Geld zu verdienen. Jeglicher anderer Antrieb scheint irrelevant. 

Keine Wirtschaft ohne Daumenschrauben also? Was für eine traurige Sicht auf die Gesellschaft, die angeblich nur funktioniert, wenn es Menschen gibt, deren Schicksal als Abschreckung dient. Die Angst vor Abstieg, vor mangelnder sozialer Teilhabe, die pure Existenzangst ist es dann, was man in Unionskreisen „positive Anreize“ zum Arbeiten nennt. 

Ideenlose Union auf Zerstörungskurs

Kein Wort darüber, dass man selbst bei einem Mindestlohn von 12 Euro – den in seiner Höhe oder prinzipiellen Existenz Unionspolitiker immer wieder ablehnten – nicht wirklich vom Fleck kommt, in der momentanen Inflation erst recht nicht. 

Armut als Schreckgespenst und Zwangsmaßnahmen als Drohkulisse sollen also Grundlage unserer Gesellschaft und eines funktionierenden Arbeitsmarktes sein? Das kann im Jahr 2022 nicht ernsthaft die Lösung sein. Die Blockadehaltung der Union zum Bürgergeld offenbart einmal mehr eine Ideenlosigkeit, die nicht nur lähmt, sondern zerstörerisch für Gesellschaft und Wirtschaft ist. 

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