Die Mutter eines zehn Monate alten Kindes hat eine Online-Petition gegen den "inflationären Gebrauch" von Martinshörnern in München gestartet - und dafür ordentlich Gegenwind bekommen. Ist ihr die Nachtruhe etwa wichtiger als Menschenleben?
Diese Petition erhitzt die Gemüter: Einer Münchnerin geht es gehörig gegen den Strich, dass Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste Tag und Nacht mit Martinshorn durch die Straßen fahren. Ihre Begründung: Die Lärmbelästigung durch das Martinshorn schränke die Lebensqualität ein. Im konkreten Fall beschreibt die Frau, dass ihr zehn Monate altes Baby durch den, wie es in der Petition zum angemessenen Einsatz des Martinshornes in Münchenwörtlich heißt, "inflationären Gebrauch des Martinshornes" aufwache oder gar nicht erst einschlafen könne. Die Initiatorin führt weiter aus: "Die Martinshörner ertönen zu jeder erdenklichen Tages- und Nachtzeit - unabhängig der Dringlichkeit des Einsatzes bzgl. der Verkehrslage". Blaulicht alleine wäre schließlich auch ausreichend, wenn niemand auf der Straße unterwegs ist.
Petition gegen Martinshorn - Nutzer kritisieren Initiatorin
Zuerst über die Petition berichtet hatte die Süddeutsche Zeitung. In der Pro- und Contra-Debatte zu dem Thema finden sich zahlreiche Einträge, acht auf der Pro-Seite, mehr als 50 auf der Contra-Seite. Der Tenor: Die Petition ist vollkommener Unsinn, schließlich halten sich (medizinische) Notfälle oder Verbrechen auch nicht an irgendwelche Ruhezeiten. Einige Argumente beziehen sich darüber hinaus auf Paragraf 38 der Straßenverkehrsordnung. Dort ist deutlich zu lesen, dass Blaulicht nur zusammen mit dem Martinshorn Wegerecht für Einsatzkräfte einräumt. Blaulicht alleine diene demnach lediglich zur Warnung. Das Martinshorn aus Lärmschutzgründen einfach auszulassen, ist also auch rechtlich riskant.
Auch der Bayerische Rundfunk (BR) griff das Thema auf. Christian Strohschein fährt im unterfränkischen Aschaffenburg für das Bayerische Rote Kreuz und hat wenig bis gar kein Verständnis für die Petition: "Wir sind Menschen, die helfen wollen. Wir arbeiten für das Wohl des Bürgers und nicht, weil wir es toll finden, mit Martinshorn und Blaulicht nachts durch die Stadt zu fahren", sagte Strohschein dem BR.
Einsatzfahrten mit Blaulicht und Martinshorn haben zugenommen
Zwar sei es tatsächlich so, dass Einsatzfahrten mit Blaulicht und Martinshorn zugenommen haben, das liege nach den Worten Strohscheins allerdings an den Bürgern selbst: "Früher bist du zu Herzinfarkten und Schlaganfällen gerufen worden, wenn der Bürger wirklich Hilfe brauchte. Heute fahren wir Einsätze wegen eingerissener Fingernägel, Husten und Heiserkeit". Warum ist das so? Für Strohschein spielen Egoismus und Bequemlichkeit dabei die Hauptrolle. Denn wenn der Rettungswagen kommt, müssen die Bürger sich nicht selbst in die Klinik begeben oder einen Termin beim Arzt ausmachen.
Man ahnt es schon: Auf viel Gegenliebe stößt die Petition der Münchnerin nicht. Seit Ende Juli diesen Jahres haben sich auch erst 48 Unterstützer gefunden. Offenbar scheinen die meisten Menschen zu verstehen, dass im Notfall die Rettung von Menschenleben wichtiger ist als die Nachtruhe. ak