Aus fränkischer Psychiatrie geflohener Amokläufer gefasst - auf anderem Kontinent

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Aus der Forensik in Erlangen flieht ein Mann, der 2009 in Ansbach Amok gelaufen ist. Etwa drei Wochen lang wird seine Flucht dauern.

Update vom 07.09.2025: Aus Psychiatrie in Erlangen geflohener Amokläufer in Kolumbien gefasst

Der aus der Forensischen Psychiatrie entflohene Amokläufer von Ansbach ist gefasst worden. Er sei in Kolumbien festgenommen und am Sonntagmorgen (7. September 2025) nach Deutschland zurückgebracht worden, teilte das Justizministerium in Bayern mit. Der 34-Jährige war zuvor in der Psychiatrie in Erlangen untergebracht und wird nun zurück in die geschlossene Abteilung gebracht.

Der Mann war vor etwa drei Wochen von einem unbegleiteten Ausgang nicht zurückgekehrt. Die Polizei suchte mit einem europäischen Haftbefehl nach ihm. Eine Gefahr ging von dem Mann laut Einschätzung der behandelnden Klinik nicht aus.

Laut Staatsanwaltschaft handelt es sich bei ihm um einen verurteilten Mann, der für einen Amoklauf an einer Schule in Ansbach 2009 verantwortlich war. Der damals 18-Jährige war mit einem Beil, Messern und Molotow-Cocktails bewaffnet in die Schule gekommen und hatte neun Mitschüler und einen Lehrer verletzt. 2010 wurde er wegen versuchten Mordes in 47 Fällen zu neun Jahren Jugendhaft verurteilt. Eine Jugendkammer hatte zudem die unbefristete Unterbringung in einer Psychiatrie angeordnet.

Ausgang als Teil der Therapie

Nach Angaben der Bezirkskliniken Mittelfranken durfte der Mann bereits seit Anfang des Jahres regelmäßig die Forensische Psychiatrie zu Tagesausgängen verlassen. Diese waren Teil der Therapie. Bislang hatte es dabei keine Vorkommnisse gegeben. Laut Staatsanwaltschaft wurde zuletzt am 4. Juli dieses Jahres von der zuständigen Strafvollstreckungskammer die weitere Unterbringung des Mannes in der Psychiatrie angeordnet.

Nach seiner Flucht muss der Mann laut Staatsanwaltschaft nun damit rechnen, dass alle Lockerungsmaßnahmen zurückgenommen werden. Es werde eine neue Risikobewertung vorgenommen. Der Missbrauch des gewährten Klinikausgangs als solcher war nicht strafbar, hieß es.

Update vom 27.08.2025: Polizei geht auf Geschädigte von Amoklauf zu

Nachdem der Amokläufer von Ansbach aus der Forensischen Psychiatrie in Erlangen entflohen ist, hat die Polizei die Opfer der Tat aus dem Jahr 2009 kontaktiert. In den Tagen nach dem Verschwinden des Mannes sei die Polizei auf mehrere Geschädigte zugegangen, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Mittelfranken. Ihnen seien demnach Unterstützungsangebote gemacht und Ansprechpartner vermittelt worden.

Der verurteilte Verbrecher war am 16. August 2025 nach einem genehmigten Ausgang nicht zurückgekehrt, die Polizei sucht mit einem europäischen Haftbefehl nach ihm. Nach Einschätzung der behandelnden Klinik gehe von dem 34-Jährigen keine Gefahr für die Öffentlichkeit aus. Wo sich der Mann momentan aufhält, ist nicht bekannt.

Als damals 18-Jähriger hatte er 2009 bei einem Amoklauf in einer Schule in Ansbach neun Mitschüler und einen Lehrer verletzt. 2010 war er wegen versuchten Mordes in 47 Fällen zu neun Jahren Jugendhaft verurteilt worden. Eine Jugendkammer hatte zudem die unbefristete Unterbringung in einer Psychiatrie angeordnet.

Anwalt spricht von Therapie-Fortschritten

Seit Beginn des Jahres durfte der 34-Jährige als Teil der Therapie regelmäßig die Forensische Psychiatrie zu Tagesausgängen verlassen, wie eine Kliniksprecherin mitgeteilt hatte. Bislang habe es dabei keine Vorfälle oder Beanstandungen gegeben. Während seiner Unterbringung hat er laut der Sprecherin eine Frau über das Internet kennengelernt. Die Staatsanwaltschaft Ansbach bestätigte, dass es einen Kontakt nach München gab, der überprüft werde. Nähere Angaben wollte ein Sprecher aus ermittlungstaktischen Gründen nicht machen.

Laut dem Rechtsanwalt des 34-Jährigen, David Mühlberger, habe der Mann zuletzt Fortschritte bei seiner Therapie gemacht und wäre voraussichtlich 2027 entlassen worden. Gründe für das Verschwinden des Mannes könnten aus Sicht von Mühlberger Verzweiflung und Misstrauen gegenüber dem Maßregelvollzugssystem sein. In seiner bisherigen Unterbringung habe der Mann nie ein Vergehen begangen. Zugleich habe er über Jahre keinen Ausgang bekommen, auch wenn ein Gutachten dies bereits 2020 empfohlen habe, sagte Mühlberger.

Wird der 34-Jährige gefasst, müsse er laut Staatsanwaltschaft mit einer Rücknahme sämtlicher Lockerungen rechnen. Eine Freilassung bereits in wenigen Jahren ist auch nach Erwartung seines Anwalts nach diesem sogenannten Lockerungsmissbrauch erst einmal vom Tisch.

Update vom 26.08.2025, 9 Uhr: Ermittler verfolgen mehrere Hinweise

Bei der Suche nach einem entflohenen Straftäter aus der forensischen Psychiatrie in Erlangen verfolgen die Ermittler verschiedene Hinweise.

"Die Fahndungsmaßnahmen werden laufend geprüft und an den aktuellen Stand angepasst", erklärte ein Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft Ansbach. Weitere Einzelheiten nannte er nicht. Laut der Klinik stellt der Mann keine Gefahr für die Öffentlichkeit dar. Der 34-Jährige war bei einem Ausgang aus der forensischen Psychiatrie in Erlangen Mitte August nicht zurückgekehrt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft handelt es sich bei ihm um einen verurteilten Amokläufer.

2009 war der damals 18-Jährige mit einem Beil, Messern und Molotowcocktails bewaffnet in eine Schule in Ansbach eingedrungen und hatte neun Mitschüler sowie einen Lehrer verletzt. Unbefristete Unterbringung in der Psychiatrie Zwei Jahre später wurde er wegen versuchten Mordes in 47 Fällen zu neun Jahren Jugendhaft verurteilt.

Eine Jugendkammer ordnete zudem die unbefristete Unterbringung in einer Psychiatrie an. Die Ermittler fahnden mit einem europäischen Haftbefehl nach dem Flüchtigen. Die Polizei hatte zunächst das nähere Umfeld des Mannes und mehrere Adressen überprüft, ihn dort jedoch nicht gefunden.

Update vom 19.08.2025, 13 Uhr: Bei dem Flüchtigen handelt es sich um Amokläufer von Ansbach

Seit Samstag (16. August 2025) fahndet die Polizei nach einem flüchtigen Patienten der forensischen Psychiatrie in Erlangen. Nach einem routinemäßigen Ausgang sei der 34-jährige Mann nicht in die Einrichtung zurückgekehrt. Kurz darauf wurden Gerüchte laut, dass es sich dabei um den Amokläufer von Ansbach handeln könnte

Zunächst konnten weder Polizei noch die Bezirkskliniken Mittelfranken aus datenschutzrechtlichen Gründen dazu eine Aussage treffen - auch, wenn ein Sprecher des Polizeipräsidiums Mittelfranken gegenüber unserer Redaktion von einem "offenen Geheimnis" sprach.

Auf Nachfrage von inFranken.de bestätigte die Staatsanwaltschaft Ansbach nun, dass es sich bei dem Flüchtigen um den Amokläufer von Ansbach handelt. Vor rund 16 Jahren hatte dieser mit einer Axt, Molotow-Cocktails und mehreren Messern seine Schule gestürmt und mehrere Menschen verletzt. Wegen versuchten Mordes in 47 Fällen wurde er zu neun Jahren Jugendhaft verurteilt. Eine Jugendkammer hatte zudem die unbefristete Unterbringung in einer Psychiatrie angeordnet. 

Update vom 19.08.2025, 10 Uhr: Polizei fahndet weiterhin 

Nach seiner Flucht aus der forensischen Psychiatrie in Erlangen ist der Amokläufer aus Ansbach weiterhin auf der Flucht. Es gibt keine neuen Fortschritte, teilte die Polizei am frühen Dienstagmorgen (19. August 2025) mit. Von dem Mann geht nach Einschätzung der behandelnden Klinik derzeit keine Gefahr für die Öffentlichkeit aus.

Der Mann war nach einem genehmigten Ausgang am Samstag (16. August 2025) nicht in die Klinik zurückgekehrt. Seitdem fahndet die Polizei Mittelfranken nach dem entflohenen Häftling. Dieser ist laut Polizeiangaben der Täter des Amoklaufs in einer Ansbacher Schule.

Im September 2009 hatte er dort neun Mitschüler und einen Lehrer verletzt. Der damals 18-Jährige war mit einem Beil, Messern und Molotow-Cocktails bewaffnet in die Schule eingedrungen. 2010 wurde er wegen versuchten Mordes in 47 Fällen zu neun Jahren Jugendhaft verurteilt. Eine Jugendkammer hatte zudem die unbefristete Unterbringung in einer Psychiatrie angeordnet. Gegen den Mann besteht ein bundesweiter Haftbefehl.

Erstmeldung vom 18.08.2025: Mann aus Psychiatrie entflohen

Vor wenigen Tagen ist ein Mann aus der Psychiatrie entflohen. Mutmaßlich könnte es sich dabei um den Amokläufer von Ansbach handeln. Die Polizei fahndet - allerdings greift sie hierbei nur auf wenige der den Beamten zur Verfügung stehenden Mittel zurück. Warum ist das so? Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt die Polizei Mittelfranken, wie Entscheidungen über Fahndungsmaßnahmen getroffen werden - und weshalb im Fall des möglichen Ansbacher Attentäters kein Bild veröffentlicht wird.

Die Polizei hat verschiedene Möglichkeiten, vermisste oder flüchtige Personen zu ermitteln. Von dem einfach Vermerk im System über die zielgerichtete Fahndung bis hin zur Flächensuche mit Hunden oder dem Hubschrauber. Und natürlich die Öffentlichkeitsfahndung. "Generell ist die Entscheidung über eine Fahndung immer auf den Einzelfall bezogen", erklärt Michael Konrad, Sprecher der Polizei Mittelfranken. Im Grunde seien zwei Aspekte ausschlaggebend: die Gefahrenlage, also die Notwendigkeit sowie die Frage danach, wie erfolgversprechend derartige Maßnahmen seien.

Mann kehrt nicht in forensische Psychiatrie zurück - warum wird wie gefahndet?

Eine Fahndung meint grundsätzlich die "allgemeine oder gezielte Suche nach Personen oder Sachen im Rahmen der Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr", heißt es vom Bundeskriminalamt (BKA). Das Ziel sei es, fahndungsrelevante Erkenntnisse über Täter, Tathergang, Zeugen oder Geschädigte zu erlangen. Gefahndet wird derzeit auch im Fall des Mannes, der nach einem Ausgang nicht in die forensische Psychiatrie Erlangen zurückgekehrt ist. Allerdings beschränkt sich die Polizei auf eine zielgerichtete Fahndung: "In unserem System ist der Mann vermerkt. Wenn er von einer Streife kontrolliert werden würde, könnte man feststellen, dass er eigentlich in der psychiatrischen Einrichtung in Erlangen sein müsste", so Konrad.

Außerdem habe die Kriminalpolizei bereits familiäre Anlaufstellen überprüft. "Die Kollegen werden weiterhin zielgerichtet fahnden, gemessen an Fragen wie: Wo will er hin, was will er möglicherweise tun und was ist die Ursache dafür, dass er nicht in die psychiatrische Einrichtung zurückgekommen ist?" Allerdings sehe man in diesem Fall von weiteren Maßnahmen ab. Die Gründe dafür seien in diesem Fall recht einfach: "Von dem Mann geht keine Gefahr aus, das hat auch die behandelnde Klinik bestätigt." Bereits seit Anfang des Jahres habe der Mann im Rahmen seiner Therapie regelmäßig Tagesausgänge wahrnehmen können, bei denen es bisher keinerlei Beanstandungen gegeben habe, erklärt die Klinik.

"Das wäre nicht passiert, wenn man davon ausgegangen wäre, dass der Mann ein akutes Sicherheitsrisiko darstellt", bestätigt auch der Polizeisprecher. Dies sei der Grund, weshalb derzeit von offensiveren Fahndungsmaßnahmen abgesehen werde. "Im jetzigen Fall ist es einfach nicht zielführend und eben auch nicht notwendig, öffentlich nach diesem Menschen zu fahnden", sagt Konrad. Doch was braucht es, um stärkere Maßnahmen oder gar eine Öffentlichkeitsfahndung einzuleiten?

Öffentlichkeitsfahndung mit Bild: Was braucht es für derartige Maßnahmen?

Es gibt eben auch Fälle, in denen die Polizei auf offensivere Maßnahmen zurückgreift. Dazu werden unter anderem Hunde oder Hubschrauber eingesetzt und teilweise eben auch Bilder veröffentlicht und die Bevölkerung um Mithilfe gebeten. "Das ist allerdings gesetzlich geregelt, man kann das nicht einfach auf Gutdünken machen", erläutert der Polizeisprecher. Wie bereits erläutert, werden Fahndungsmaßnahmen darüber hinaus im Einzelfall entschieden. Zunächst gilt demzufolge: je höher die Gefahr, desto höher die Ermittlungsmaßnahmen.

"Die Fahndungsmaßnahmen müssen notwendig, verhältnismäßig und natürlich am Ende auch erfolgversprechend sein." Wenn jemand also beispielsweise eine schwere Straftat beginge und danach flüchtig wäre, seien Hunde und Hubschrauber eine Möglichkeit, den Menschen zu finden. "Dazu muss man aber eben auch wissen: Wo suche ich überhaupt? Man kann nicht einfach irgendwelche Waldstücke durchkämmen. Es muss eine Wahrscheinlichkeit geben, dass man dabei auch zum Erfolg kommt." Eine Öffentlichkeitsfahndung sei schließlich das letzte Mittel: "Alle anderen Mittel müssen prinzipiell ausgeschöpft sein. Die ermittelnde Dienststelle muss zu dem Schluss kommen, dass eine Öffentlichkeitsfahndung sinnvoll wäre - und die Entscheidung muss gerichtlich bestätigt werden."

Bei bewaffneten, flüchtigen Tätern sei dies eine Möglichkeit: "Dann könnte man vielleicht mit einem Bild an die Öffentlichkeit, um Hinweise aus der Bevölkerung erhalten zu können." Dies müsse jedoch auch immer im Verhältnis zur verübten Straftat stehen. Denn: "Bei an die Öffentlichkeit gerichteten Fahndungsmaßnahmen wird stets das Recht des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung eingeschränkt", heißt es vom Bayerischen Landesbeauftragten für Datenschutz. "Die Person wird eben überall in der Öffentlichkeit gezeigt. Dazu braucht man schon einen dringenden Tatverdacht", bestätigt Konrad. Dies sei im derzeitigen Fall des gesuchten Patienten der forensischen Psychiatrie Erlangen nicht zutreffend. Mehr Nachrichten aus Nürnberg und der Region findest du in unserem Lokalressort.

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