Auf ihrer aktuellen Welttournee machten die Rolling Stones in Berlin und Düsseldorf Station. Gut möglich, dass es ihre letzten Konzerte in Deutschland waren.
Wer vor 50 Jahren geglaubt hatte, es würde sich um ein vorübergehendes Phänomen handeln, irrte sich gewaltig. Vom damaligen Manager Andrew Loog Oldham als Anti-Beatles in Szene gesetzt, sind die Rolling Stones zum Mythos der Moderne emporgestiegen, als ewig junge Rock-Uropas zum Millionen-Unternehmen avanciert und als Rock-Dinos mit dem Ruf der größten Rock-'n'-Roll-Band aller Zeiten in die Rock 'n' Roll Hall Of Fame eingezogen.
Die einstmals bösen Buben verkauften weltweit bis heute rund 200 Millionen Alben, keine andere Band hatte mehr Top-Ten-Hits weltweit. 2012 feierten sie ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum, und auch im Jahr 2014 halten die beiden Gründungsmitglieder, die "Glimmer Twins" Mick Jagger (geb. 26. Juli 1943) und Keith Richards (geb. 18. Dezember1943), die Band immer noch zusammen und füllen nach wie vor die Stadien dieser Welt.
Im Februar starteten Mick Jagger, Keith Richards, Charlie Watts und Ronnie Wood ihre Welttournee in Abu Dhabi. In deren Rahmen machten sie im Juni nun auch in Deutschland auf der Waldbühne in Berlin und im Esprit-Stadion in Düsseldorf Station.
Auch wenn Fortuna den Düsseldorfer Fußballern zuletzt kein Glück brachte, so konnten sich die Veranstalter über ein volles Stadion mit Ticketpreisen zwischen 172 und 293 Euro freuen. In weniger als einer halben Stunde war das Kartenkontingent der über 50 000 Zuschauer fassenden Sportarena ausverkauft. Schon lange vor Showbeginn tummelten sich die zum Teil weit angereisten Fans vor der Halle.
Mit einem multimedialen Intro ließen die Stones den Springteufel aus der spektakulären Lightshow: "Jumpin' Jack Flash!" Krachend wie ein Steinschlag donnerte das erste Gitarrenriff von Keith Richards in die Halle und Mick Jagger begrüßte seine jung gebliebenen Alt-Fans sowie
einige von deren Kindern und Enkelkindern in Deutsch: "Es ist schön, wieder in Deutschland zu sein!" So, "Let's Spend The Night Together", yeah!
Kein Face Lifting, keine Scheu vor so manchem mit breitem Grinsen quittierten Fehl-griff auf den sechs Saiten. Alles wirkte authentisch, auch der teils etwas holprige Sound mit all den bekannten Ecken und Kanten. Aber gerade das macht die Stones aus mit ihrem gelebten Credo: "It's Only Rock 'n' Roll, But We Like It!" Bill Wyman, der längst relaxten Bar-Blues macht, wurde wieder durch Daryl Jones am groovenden Bass ersetzt und Keyboarder Chuck Lavell komplettierte den R-'n'-B-Sound mit schnörkelreichem Pianospiel. Zu allem schlug der 73-jährige Charlie Watts in stoischer Gleichmut den Rhythmus wie immer.
Ältere Titel dominierten Der Schwerpunkt des gesamten Live-Repertoires lag zur Freude der Fans auf älteren Titeln wie zum Beispiel aus dem
legendären "Let-It-Bleed"-Album das selten live gehörte elegische "You Got The Silver" mit akustischen Gitarren. Zwischendrin löste Keith Richards den Springteufel am Mikro mal für zwei Titel ab und ließ ganz cool sein
dreckiges "Can't Be Seen" vom Stapel - genial skelettiert für eingefleischte Stones-Fans, leicht abgedreht wirkend fürs Jungvolk.
Auch wenn der einstige Schock mit "Sympathy For The Devil" mehr zum zeitgeistigen Schick mutierte, mündete alles letztlich doch im unkaputtbaren Rock 'n' Roll, nun durchaus mit "Satisfaction"-Garantie. Da werden nochmal die alten "Honky Tonk Women" bemüht und Alt-Stone Mick Taylor darf auch die Bühne entern und den "Midnight Rambler" mimen, womit er bewies, dass er immer noch genauso viel Blues-Feeling wie Ron Wood besitzt, der für gekonnte Riffs an passender Stelle sorgte.
Zwischen rhythmisch stampfendem "Brown Shugar" gab es immer mal wieder auch echten Blues mit
unterstützender attraktiver Womenpower, vor allem von Lisa Fischer: "Gimme Shelter!" Und sogar Mick Jagger griff ab und zu statt ans Mikro in die Saiten einer Stratocaster oder bearbeitete eine Mundharmonika um "Out Of Control" leicht schrill sein Solo zu liefern. Angesichts unzähliger Hits hieß es am Ende verständlicherweise dann zur ersten Zugabe "You Can't Always Get What You Want" mit großem Chor, Horn und einem Mick mit schräger Kappe auf der Föhn-Frisur und Westerngitarre. Doch mit dem 19. Titel des Abends blieben letztlich nur wenige Wünsche offen, als zuletzt das unvermeidliche "Satisfaction", soundtechnisch etwas aufgehübscht, mit reichlich nostalgischer Wehmut erklang. War es diesmal tatsächlich das letzte Mal?