Was kann passieren?
Nicht-Cholera-Vibrionen im Badewasser können zu schnell fortschreitenden Wundinfektionen und - in seltenen Fällen - zu einer Blutvergiftung (Sepsis) führen. Auch Ohrentzündungen sind möglich.
Besonders gefährlich sind Wundinfektionen mit der Art Vibrio vulnificus, die innerhalb kürzester Zeit zu tiefgreifenden Nekrosen des Gewebes führen können, wie es vom RKI heißt. «Hier kann bereits eine sehr geringe Bakterienanzahl genügen, um eine Wundinfektion hervorzurufen.» Eine daraus resultierende Sepsis könne in sehr kurzer Zeit zum Tod durch multiples Organversagen führen.
Vorbeugend sollten Menschen mit Wunden oder frisch gestochenen Tätowierungen das Baden in betroffenen Gewässern meiden, insbesondere, wenn sie an Vorerkrankungen leiden oder ein geschwächtes Immunsystem haben.
Werden Urlauber vor besonders vielen Vibrionen im Wasser gewarnt?
Die EU-Badegewässerrichtlinie fordert bisher keine Prüfung auf Vibrionen, wie es im aktuellen Epidemiologischen Bulletin des RKI heißt. Derzeit werde diskutiert, ob es neue Regelungen wie amtliche Grenzwerte für abgestufte Handlungsempfehlungen geben sollte.
Einige Bundesländer mit Badegewässern, die bekannt für das Vorkommen von Vibrionen sind, untersuchten die Belastung vor allem in den Sommermonaten bereits. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales in Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel analysiert stichprobenweise Wasserproben an der Ostseeküste. «Im Falle einer erhöhten Gefahrenlage werden dann Warnungen durch die Landesbehörde ausgesprochen.»
Die europäische Gesundheitsbehörde ECDC bietet die interaktive Karte «Vibrio Map Viewer» für die Nord- und Ostsee an. Dafür wird das aktuelle Risiko für Massenvermehrungen aus Oberflächentemperaturen und Salzgehalt errechnet. «Dieses Instrument zeigt eindrucksvoll das steigende Risiko des Vorkommens von humanpathogenen Vibrionen im Wasser im Verlauf von heißen Sommermonaten an den Küsten Deutschlands und angrenzender Nachbarländer», heißt es vom RKI.
Steigt das Risiko im Zuge des Klimawandels?
Ja. Da sich Vibrionen erst ab etwa 20 Grad Wassertemperatur stark vermehren, spielt es eine große Rolle, dass sich die Gewässer im Zuge der Klimakrise erwärmen. «Häufigere und längere Wärmeperioden, wie sie zukünftig auch in nördlichen Breitengraden zu erwarten sind, begünstigen das Vorkommen von NCV sowohl in deutschen Küsten- als auch in Binnengewässern», heißt es vom RKI.
Die Ostsee, die aufgrund ihres niedrigen Salzgehalts ohnehin ein idealer Lebensraum für Vibrionen sei, sei eines der sich am schnellsten erwärmenden Meeresökosysteme weltweit.
Hinzu komme eine mögliche Erhöhung der Salzkonzentration in flachen Badegewässern durch verstärkte Verdunstung. In der Folge könnten immer mehr Gewässer optimale Lebensbedingungen für Vibrionen bieten. «Eine klimabedingte Verlängerung der Saison, in der mit hohen NCV-Konzentrationen gerechnet werden muss, verlängert zudem auch die Phase, in der Menschen mit den Erregern in Kontakt kommen können.»
In der Summe sei mit einem weiteren Anstieg der Infektionszahlen in den kommenden Jahren zu rechnen.
Sind Vibrionen etwas Ungewöhnliches?
Nein. Vibrio-Bakterien sind weltweit ein natürlicher Bestandteil mikrobieller Meer- und Süßwassergemeinschaften. Mehr als 150 Arten sind nach RKI-Angaben bekannt, wovon etwa ein Dutzend dem Menschen schaden können. Die bekannteste Spezies ist Vibrio cholerae, der Erreger der Cholera. Er ist vor allem in Ländern mit einem Mangel an sauberem Trinkwasser ein Problem.
In Deutschland spielt dieses Bakterium fast nur bei Reiserückkehrern eine Rolle. Erst im Februar wurden allerdings Cholerafälle erfasst, die durch importiertes, mit den Bakterien verunreinigtes Quellwasser aus Äthiopien verursacht wurden, wie es im RKI-Bulletin heißt. Einer der drei Patienten wurde intensivmedizinisch behandelt, alle erholten sich. Ähnliche, auf eingeführte Lebensmittel zurückgehende Infektionen hatte es zuvor schon gegeben.