Deutschland
Energiepreisbremse

Saftige Preiserhöhung bei Strom und Gas? - So kannst du dich dagegen wehren

Die Preise bei Strom und Gas steigen. Die Bundesregierung will das stoppen, um die Kundschaft nicht in den Ruin zu treiben. Jetzt ist klar, wie die Gas- und Strompreisbremse aussehen soll.
Heizung
Die Gaspreisbremse soll keine Goldgrube für die Anbieter sein. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa/Symbolbild
  • Bundeskartellamt soll die Bremsen überprüfen
  • Wie sollen die Preisbremsen funktionieren?
  • Bundeskartellamt kommt in die Pole-Position
  • Was können Energiekund*innen bei einer Preiserhöhung tun?

Kassieren die rund 800 Strom- und Gasunternehmen jetzt richtig ab, wie zuvor schon die Mineralkonzerne beim Spritpreis? Sind die Preisbremsen nicht eine Einladung, einen ordentlichen Schluck aus der Pulle zu nehmen? Die Bundesregierung sagt nein und beauftragt zur Sicherheit das Bundeskartellamt in Bonn mit der Aufgabe der Kontrolle der Energieanbieter. Aber kann das wirklich funktionieren?

Bundeskartellamt soll die Bremsen überprüfen

Gleich zwei dicke Gesetzespakete hat die Bundesregierung in den Bundestag eingebracht. Die Gaspreisbremse: Genauer gesagt den "Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Preisbremsen für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme", 131 Seiten stark und mit einem "Missbrauchsverbot" in § 27 ausgestattet. Und die Strompreisbremse: "Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Strompreisbremse und zur Änderung weiterer energierechtlicher Bestimmungen", 161 Seiten stark und ebenfalls mit einem "Missbrauchsverbot" in § 39 versehen.

Die Erfahrungen mit der Spritpreisbremse, wo die Bundesregierung von den Öl-Multis vorgeführt wurde und keine Möglichkeiten hatte, einzugreifen, sollen sich nicht wiederholen. Erneut ist das Bundeskartellamt in Bonn mit der Kontrolle ("Missbrauchsverbot") beauftragt, aber diesmal mit einem klaren, gesetzlichen Auftrag und Sanktionsmöglichkeiten.

Das Bundeskartellamt soll die Preisbildung der Strom- und Gasanbieter überwachen. Es geht um die Überprüfung, ob Anbieter nicht unrechtmäßig die Preise anheben und somit zusätzlich Kasse machen. Laut Gesetzesvorschlag sollen die Stromanbieter in Zukunft nachweisen, ob eine Preiserhöhung gerechtfertigt ist. Es handelt sich um eine sogenannte Bringschuld. Sollten Versorger unrechtmäßig die Preise anheben, droht laut Gesetzentwurf ein Bußgeld von bis zu einer Million Euro oder bis zu vier Prozent des im vorausgegangenen Geschäftsjahr weltweit erzielten Umsatzes.

Wie sollen die Preisbremsen funktionieren?

Die Ideen für den Strom- und Gaspreisstopp sind jetzt auf dem Tisch. Und wie sieht der Plan aus? Die Strompreisbremse kommt ab 1. März.2023 und gilt rückwirkend zum 1. Januar 2023. 80 Prozent deines Stromverbrauchs erhältst du zum gedeckelten Preis von maximal 40 Cent pro Kilowattstunde. Den Differenzbetrag zum höheren Versorgerpreis begleicht der Staat und damit der Steuerzahler. Für den Rest, also alles, was über 80 Prozent hinausgeht, musst du den Marktpreis zahlen. Das soll der Anreiz sein, Strom zu sparen.

Gleiches gilt für Gas. 80 Prozent deines Gasverbrauchs erhältst du zum gedeckelten Preis von 12 Cent pro Kilowattstunde und 9,5 Cent pro Kilowattstunde für Fernwärme. Für den Rest, also alles, was über 80 Prozent hinausgeht, musst du den Marktpreis zahlen. Das soll der Anreiz sein, Gas zu sparen.

Verbraucher müssen die Erhöhung ab Januar 2023 zunächst selbst bezahlen. Im März erstattet dann der Staat die Differenz für die ersten beiden Monate des Jahres. Das klingt nicht nur umständlich, sondern ist es auch. Aber schneller lassen sich die Preisbremsen nach übereinstimmender Ansage der Energieversorger nicht organisieren.

Bundeskartellamt kommt in die Pole-Position

Wie erfolgreich der Einsatz der Kartellbehörde am Ende des Tages sein wird, ist unklar. Zum einen haben laut dem Vergleichsportal "Check24" schon jetzt in mehr als 595 Fällen die Anbieter ihre Strompreise zu Anfang des kommenden Jahres in der Grundversorgung angehoben. Die Erhöhungen betragen im Schnitt 60,5 Prozent im Vergleich zum 30. September. Betroffen davon sind rund 7,4 Millionen Haushalte. Für Januar 2023 gibt es ebenfalls 419 Fälle von Gaspreiserhöhungen in der Grundversorgung. Betroffen davon sind rund 3,5 Millionen Haushalte. Die Erhöhungen betragen im Schnitt 56,0 Prozent im Vergleich zum 30. September. Eine Kontrolle dieser Preissteigerungen ist im Gesetz nicht vorgesehen. Es geht nur um die Preisanhebungen ab Januar 2023.

Außerdem stellt sich die Frage, wie das Bundeskartellamt mit seinem bisherigen Personal diese zusätzliche Aufgabe bei Hunderten Strom- und Gasverkäufern in Deutschland stemmen soll. Oder droht nun ein ähnliches Szenario beim Strom- und Gaspreisdeckel wie bei der Spritpreisbremse im Sommer? Die Anbieter jedenfalls geben sich zugeknöpft und legen ihre Preisgestaltung nicht offen.

Nach Informationen des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) ist die Behörde mit ihren rund 400 Beschäftigten jetzt schon besorgt, ob ihr eine umfangreiche Kontrolle wirklich gelingt. Es werde zwar Überprüfungen geben, wenn ein Anfangsverdacht bestehe. Aber selbst dann werde der Nachweis nicht so einfach sein. Der Versorger von Chemnitz bringt es auf MDR-Anfrage auf den Punkt. "Wir bitten um Verständnis, dass wir aus Wettbewerbsgründen weder zu unseren Einkaufspreisen noch Gewinnmargen Auskunft geben", sagte eine Unternehmenssprecherin von, "eins energy in sachsen"

Was kann die Energiekundschaft bei einer Preiserhöhung tun?

Millionen Energiekund*innen studieren ungläubig die Briefe ihrer Energielieferanten, in denen sie saftige Preiserhöhungen ankündigen. Versorger schlagen nach Berechnungen von Check24 im Schnitt 60 Prozent auf. Es bleibt die Frage: Muss die Kundschaft jede Erhöhung der Energiepreise schlucken? Kommt darauf an.

Hast du einen Grundversorgungsvertrag mit dem Energieanbieter, dann kann dieser die Preise nicht einfach erhöhen. Dies kann berechtigt sein, wenn der Versorger nachweisen kann, dass höhere Einkaufspreise Ursache für den Aufschlag sind. Kann er das nicht belegen, brauchen Verbraucher*innen die Preiserhöhung nicht zu akzeptieren. Ohne plausible Begründung kannst du die neue höhere Zahlung also verweigern. Hast du einen Sondervertrag, solltest du die Preiserhöhung nicht ignorieren. Wenn der Versorger an der Preisschraube dreht, kannst du ohne Nachfrage kündigen. Aber es gibt zwei heikle Punkte: Kund*innen mit Sonderverträgen müssen ihr Kündigungsrecht nutzen – vor Eintritt der Preiserhöhung. Und: Vor der Kündigung solltest du einen neuen Anbieter finden, der mit dir als Neukunde bzw. Neukundin einen Vertrag abschließen will. Dies ist keineswegs so banal.

Das Wirtschaftsministerium weist bei ZDF-Heute aber daraufhin, dass nicht jede Erhöhung automatisch illegal sei, sondern nur Anhebungen, die "missbräuchlich und ungerechtfertigt" sind. Kund*innen des Energieversorgers können dies allerdings nur schwer nachweisen. Insofern liegen die Hoffnungen beim Bundeskartellamt. Das ist neben den Verbraucherzentralen jedenfalls eine gute Adresse, um berechtigte Zweifel bei Preiserhöhungen von Gas und Strom anzumelden.

Fazit

Die Preisbremsen bei Gas und Strom sind notwendig, um die galoppierenden Preise in den Griff zu bekommen. Ob sie allerdings handwerklich gut gemacht sind, bleibt abzuwarten. Mit dem "Einheitsmindestpreis" von 40 Cent für Strom und von 12 Cent bei Gas bzw. 9 Cent für Fernwärme ist Wettbewerb, unterhalb dieser Grenzen, so gut wie ausgeschlossen. Viel wird davon abhängen, wie das Bundeskartellamt seine neue Aufgabe angeht. In jedem Fall sind die Preisbremsen die Nagelprobe für die Ampel-Koalition.

Verwandte Artikel