Verbraucher müssen die Erhöhung ab Januar 2023 zunächst selbst bezahlen. Im März erstattet dann der Staat die Differenz für die ersten beiden Monate des Jahres. Das klingt nicht nur umständlich, sondern ist es auch. Aber schneller lassen sich die Preisbremsen nach übereinstimmender Ansage der Energieversorger nicht organisieren.
Bundeskartellamt kommt in die Pole-Position
Wie erfolgreich der Einsatz der Kartellbehörde am Ende des Tages sein wird, ist unklar. Zum einen haben laut dem Vergleichsportal "Check24" schon jetzt in mehr als 595 Fällen die Anbieter ihre Strompreise zu Anfang des kommenden Jahres in der Grundversorgung angehoben. Die Erhöhungen betragen im Schnitt 60,5 Prozent im Vergleich zum 30. September. Betroffen davon sind rund 7,4 Millionen Haushalte. Für Januar 2023 gibt es ebenfalls 419 Fälle von Gaspreiserhöhungen in der Grundversorgung. Betroffen davon sind rund 3,5 Millionen Haushalte. Die Erhöhungen betragen im Schnitt 56,0 Prozent im Vergleich zum 30. September. Eine Kontrolle dieser Preissteigerungen ist im Gesetz nicht vorgesehen. Es geht nur um die Preisanhebungen ab Januar 2023.
Außerdem stellt sich die Frage, wie das Bundeskartellamt mit seinem bisherigen Personal diese zusätzliche Aufgabe bei Hunderten Strom- und Gasverkäufern in Deutschland stemmen soll. Oder droht nun ein ähnliches Szenario beim Strom- und Gaspreisdeckel wie bei der Spritpreisbremse im Sommer? Die Anbieter jedenfalls geben sich zugeknöpft und legen ihre Preisgestaltung nicht offen.
Nach Informationen des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) ist die Behörde mit ihren rund 400 Beschäftigten jetzt schon besorgt, ob ihr eine umfangreiche Kontrolle wirklich gelingt. Es werde zwar Überprüfungen geben, wenn ein Anfangsverdacht bestehe. Aber selbst dann werde der Nachweis nicht so einfach sein. Der Versorger von Chemnitz bringt es auf MDR-Anfrage auf den Punkt. "Wir bitten um Verständnis, dass wir aus Wettbewerbsgründen weder zu unseren Einkaufspreisen noch Gewinnmargen Auskunft geben", sagte eine Unternehmenssprecherin von, "eins energy in sachsen".
Was kann die Energiekundschaft bei einer Preiserhöhung tun?
Millionen Energiekund*innen studieren ungläubig die Briefe ihrer Energielieferanten, in denen sie saftige Preiserhöhungen ankündigen. Versorger schlagen nach Berechnungen von Check24 im Schnitt 60 Prozent auf. Es bleibt die Frage: Muss die Kundschaft jede Erhöhung der Energiepreise schlucken? Kommt darauf an.
Hast du einen Grundversorgungsvertrag mit dem Energieanbieter, dann kann dieser die Preise nicht einfach erhöhen. Dies kann berechtigt sein, wenn der Versorger nachweisen kann, dass höhere Einkaufspreise Ursache für den Aufschlag sind. Kann er das nicht belegen, brauchen Verbraucher*innen die Preiserhöhung nicht zu akzeptieren. Ohne plausible Begründung kannst du die neue höhere Zahlung also verweigern. Hast du einen Sondervertrag, solltest du die Preiserhöhung nicht ignorieren. Wenn der Versorger an der Preisschraube dreht, kannst du ohne Nachfrage kündigen. Aber es gibt zwei heikle Punkte: Kund*innen mit Sonderverträgen müssen ihr Kündigungsrecht nutzen – vor Eintritt der Preiserhöhung. Und: Vor der Kündigung solltest du einen neuen Anbieter finden, der mit dir als Neukunde bzw. Neukundin einen Vertrag abschließen will. Dies ist keineswegs so banal.
Das Wirtschaftsministerium weist bei ZDF-Heute aber daraufhin, dass nicht jede Erhöhung automatisch illegal sei, sondern nur Anhebungen, die "missbräuchlich und ungerechtfertigt" sind. Kund*innen des Energieversorgers können dies allerdings nur schwer nachweisen. Insofern liegen die Hoffnungen beim Bundeskartellamt. Das ist neben den Verbraucherzentralen jedenfalls eine gute Adresse, um berechtigte Zweifel bei Preiserhöhungen von Gas und Strom anzumelden.
Fazit
Die Preisbremsen bei Gas und Strom sind notwendig, um die galoppierenden Preise in den Griff zu bekommen. Ob sie allerdings handwerklich gut gemacht sind, bleibt abzuwarten. Mit dem "Einheitsmindestpreis" von 40 Cent für Strom und von 12 Cent bei Gas bzw. 9 Cent für Fernwärme ist Wettbewerb, unterhalb dieser Grenzen, so gut wie ausgeschlossen. Viel wird davon abhängen, wie das Bundeskartellamt seine neue Aufgabe angeht. In jedem Fall sind die Preisbremsen die Nagelprobe für die Ampel-Koalition.