"Fasziniert schon sehr": So hilft Musik bei Demenz

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"Fasziniert schon sehr": So hilft Musik bei Demenz
Musik kann Demenz-Betroffenen helfen. Erkrankte reagieren beispielsweise auf bestimmte Melodien.
"Fasziniert schon sehr": So hilft Musik bei Demenz
Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Laut Experten ist Musik der "Königsweg" zu Demenzkranken. Tatsächlich können Melodien betroffenen helfen - vor allem Lieder aus der Kindheit rufen Reaktionen hervor.

Viele Menschen, die an Demenz leiden, scheinen oftmals in einer isolierten Welt zu leben. Dennoch gibt es verschiedene Ansätze, um sie vorübergehend wieder stärker in soziale Interaktionen einzubinden – ganz ohne den Einsatz von Medikamenten.

Ein Dokumentarfilm namens "Alive inside" zeigt eindrucksvoll, welche positiven Effekte Musik auf Demenzkranke haben kann. Eine 90-jährige Frau im Film berichtet: "Ich kann mich nicht mehr erinnern", auf die Frage, wie ihr Leben war. "Ich habe so viel vergessen. Es tut mir leid." Durch das Hören von Louis Armstrong’s Musik, erlangt sie plötzlich zahlreiche Erinnerungen und beginnt, lebhaft Geschichten zu erzählen. Der berührende Film stammt aus dem Jahr 2014.

Studien zeigen - Musik kann Demenzkranken helfen

Inzwischen hat die Wissenschaft bestätigt, dass Musik eine heilende Wirkung bei Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen hat. Laut einer Analyse aus dem Jahr 2020, die acht Studien zusammenfasst, "hat sich gezeigt, dass Musiktherapie die kognitiven Fähigkeiten bei Menschen mit Demenz verbessern kann." Ebenfalls verbessert sich die Lebensqualität sowie Langzeitdepressionen bei den Betroffenen nach dieser Intervention. Musikhören erwies sich als besonders effektiv, doch auch Singen erzielte bemerkenswerte Ergebnisse.

Eine Studie aus dem Jahr 2024, die sich ausschließlich auf Alzheimer fokussierte, bestätigt, dass Musiktherapie die kognitiven Funktionen von Alzheimer-Patienten verbessert. Die zusammengefasste Analyse von elf Studien zeigt, dass Musiktherapie positive Einflüsse auf das allgemein geistige Leistungsvermögen, die Sprachfähigkeiten, Orientierung und Gedächtnis hat. Eine weitere Meta-Studie im Journal "Frontiers of Psychology" legt nahe, dass Musiktherapie auch gegen Unruhe bei Demenzkranken hilft.

Der Nordbayerische Musikbund (NBMB) setzt diese Erkenntnisse praktisch um. Im Projekt "Ein Lied für Dich" organisiert der Bund interaktive Konzerte für Demenzerkrankte. Ulrike, eine engagierte Musikerin, berichtet von ihrer Erfahrung: "Bei unseren Konzerten waren Menschen im Publikum, die scheinbar auf nichts mehr reagiert haben. Bei altbekannten Liedern, die sie aus ihrer Kindheit kennen oder auch bei Weihnachtsliedern, da singen sie mit, urplötzlich können sie den Text. Das fasziniert schon sehr."

Betroffene reagieren auf Lieder ihrer Kindheit - spezielle Kurse für Hobbymusiker

Zusätzlich bietet der NBMB Workshops für Hobbymusiker an, die in Pflegeeinrichtungen musizieren möchten. Gemeinsam mit der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt wurde eine Anleitung für digitale Musikangebote erstellt. Die globale Zahl der Demenzkranken wächst kontinuierlich. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind derzeit 55 Millionen Menschen betroffen. Diese Zahl könnte bis 2030 auf 78 Millionen und bis 2050 auf 139 Millionen ansteigen. Auch wenn Demenz oft als Alterserkrankung betrachtet wird, sind bis zu 9 Prozent der Fälle Menschen unter 65 Jahren betroffen.

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Während Demenz früher als unvermeidbar betrachtet wurde, gibt es inzwischen zahlreiche Hinweise darauf, dass sie durch verschiedene Maßnahmen verhindert oder verzögert werden kann. Mangelnde körperliche Aktivität, Übergewicht, Diabetes, Rauchen, Alkoholkonsum, Bluthochdruck, soziale Isolation, Depression, niedriger Bildungsstand, Hirnverletzungen, Hörverlust und Luftverschmutzung gelten als Risikofaktoren.

Die Lancet-Kommission zum Thema Demenz führte kürzlich aus, dass bis zu 45 Prozent der Demenzfälle verhindert oder verzögert werden könnten. Auch die Behandlung von Sehverlust und hohem Cholesterinspiegel könnten vorbeugend wirken. Demenz ist ein Oberbegriff für verschiedene Krankheiten, die Gedächtnis, kognitive Fähigkeiten und Verhalten beeinträchtigen. Alzheimer ist die häufigste Form und macht laut WHO 60 bis 70 Prozent der Fälle aus.

Am Weltalzheimertag, der jährlich am 21. September stattfindet, wird weltweit auf die Bedürfnisse von Alzheimer-Patienten hingewiesen. Veranstaltungen wie Vorträge und Benefizkonzerte finden an diesem Tag statt. Nach Angaben der Deutschen Alzheimer Gesellschaft (Berlin) gibt es in Deutschland rund 1,8 Millionen Demenzkranke. "Auch wenn gegenwärtig eine Heilung der Krankheit nicht möglich ist, kann durch medizinische Behandlung, Beratung, soziale Betreuung, fachkundige Pflege und vieles mehr den Kranken und ihren Angehörigen geholfen werden", erklärt die Gesellschaft. Außerdem betont sie: "Musik gilt als 'Königsweg' zu den Demenzkranken."

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