Fränkischer Autozulieferer baut endgültig Hunderte Stellen ab - IG Metall "zutiefst enttäuscht"

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Bad Neustadt: Autozulieferer Preh streicht Hunderte Jobs - Mitarbeiter auf den Barrikaden
Preh sieht den Stellenabbau als unumgänglich an, um den Standort Bad Neustadt zu erhalten.
Automobilzulieferer Preh aus Bad Neustadt spricht offen über massiven Stellenabbau
Preh GmbH
Fränkischer Autozulieferer mit massivem Stellenabbau - Mitarbeiter "tief geschockt"
Die IG Metall sprach von einer "Schocknachricht", nachdem Preh im Sommer seine Absicht erklärt hatte.
Autozulieferer, Fabrik, Produktion, Fertigung
Simon Kadula / Unsplash (Symbolbild)
Bad Neustadt: Autozulieferer Preh streicht Hunderte Jobs - Mitarbeiter auf den Barrikaden
Beschäftigte, Betriebsrat und IG Metall erarbeiteten gemeinsam Ideen für die künftige Aufstellung des Standorts Bad Neustadt an der Saale.
Bad Neustadt: Autozulieferer Preh streicht Hunderte Jobs - Mitarbeiter gehen auf die Barrikaden
IG Metall Schweinfurt
Bad Neustadt: Autozulieferer Preh streicht Hunderte Jobs - Mitarbeiter auf den Barrikaden
Vom Werk über den Produktentwicklungsprozess bis hin zu den Zentralfunktionen seien alle Bereiche betroffen, erklärte Preh.
Automobilzulieferer Preh aus Bad Neustadt spricht offen über massiven Stellenabbau
Preh GmbH

Im fränkischen Bad Neustadt streicht der Autozulieferer Preh unwiderruflich 420 Stellen. Arbeitgeber und Betriebsrat hätten sich "auf ein Konzept mit hoher Sozialverträglichkeit geeinigt". Die IG Metall zeigt sich "zutiefst enttäuscht".

Am 1. Oktober 2024 demonstrierten rund 200 Beschäftigte des Automobilzulieferers Preh in Bad Neustadt (Landkreis Rhön-Grabfeld) noch gegen die geplante Streichung von 420 Arbeitsplätzen. Die IG-Metall kündigte damals an, mit der Belegschaft Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten und sie dem Arbeitgeber vorzulegen. Am Dienstag (22. Oktober 2024) teilte die IG Metall nun ernüchtert mit: "In den vergangenen Wochen hatten Betriebsrat und IG Metall zahlreiche konstruktive Vorschläge unterbreitet, um den Stellenabbau zu reduzieren und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu sichern."

Die Gewerkschaftssekretärin der IG Metall Schweinfurt Nadine Knauff kritisiert: "Leider wurden unsere Ansätze ignoriert und nicht ernsthaft in Erwägung gezogen." Am selben Tag bestätigte Preh, dass nun tatsächlich 420 Arbeitsplätze in Bad Neustadt abgebaut werden. In diesem Rahmen hätten "sich die Arbeitgeberseite und der Betriebsrat der Preh GmbH in der vergangenen Woche auf ein Konzept mit hoher Sozialverträglichkeit geeinigt". Nahezu wöchentlich lassen Meldungen über Insolvenzen, Schließungen oder Stellenstreichungen in der Industrie aufhorchen. Auch bei Brose bangen 950 Beschäftigte um ihre Jobs. 

Update vom 23.10.2024: Preh erklärt Details zu Stellenabbau - das kommt auf die Mitarbeiter zu

Das Konzept sieht laut Preh ein Freiwilligenprogramm und einen Sozialplan vor. Beim Freiwilligenprogramm beenden Arbeitgeber und Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis einvernehmlich. Grundsätzlich hätten alle Betroffenen auch die Möglichkeit, auf freiwilliger Basis in eine Transfergesellschaft zu wechseln sowie Anspruch auf die vereinbarte Abfindung. "In der Transfergesellschaft arbeiten die Mitarbeiter nicht regulär, sondern erhalten eine umfassende Beratung, wenn notwendig auch eine Qualifizierung und werden im Bewerbungsverfahren trainiert", informiert das Unternehmen.

Preh werde ein umfangreiches Programm von finanziellen Unterstützungsmaßnahmen leisten, das starten solle, nachdem die Mitarbeiter am Dienstag (22. Oktober 2024) informiert worden waren. "Nach sehr intensiven Verhandlungen konnten wir jetzt einen für beide Seiten gangbaren Weg vereinbaren, um die wirtschaftlichen Nachteile für die ausscheidenden Mitarbeiter abzumildern", wird Anja Toumajian, Bereichsleitern HR Global, die für die Arbeitgeberseite die Verhandlungen führt, zitiert.

Der Betriebsratsvorsitzende und Aufsichtsratsmitglied Daniel Rossmann lässt zum Verhandlungsergebnis verlauten: "Was die abzubauenden Arbeitsplätze angeht, hätten wir gerne andere Zahlen gesehen. Aber der Arbeitgeber ließ sich trotz aller Anstrengungen nicht davon abbringen. Doch dank unserer klaren Linie gegenüber der Arbeitgeberseite konnten wir zumindest für unsere Kolleginnen und Kollegen erfolgreich ein gutes Gesamtkonzept verhandeln."

IG Metall "zutiefst enttäuscht und empört" - Bemühen um zukunftsfesten Standort soll weitergehen

Nadine Knauff von der IG Metall findet klare Worte für den Stellenabbau: "Wir sind zutiefst enttäuscht und empört über die mangelnde Kompromissbereitschaft und die fehlende Diskussionskultur des Managements in den Verhandlungen. Die Entscheidung, so viele Arbeitsplätze in Bad Neustadt abzubauen, trifft nicht nur die betroffenen Mitarbeiter und ihre Familien schwer, sondern schwächt auch die gesamte Region nachhaltig."

Im Sinne der Beschäftigten würden IG Metall und Betriebsrat auch künftig darauf drängen, den Standort in Bad Neustadt in der Saale zukunftsfest aufzustellen und beispielsweise die Ausbildung zu sichern.

Ursprungsmeldung vom 02.10.2024: IG Metall: Rund 200 Preh-Beschäftige demonstrieren in Bad Neustadt gegen geplanten Stellenabbau

Laut Eigenaussage verzeichnete Preh in den vergangenen fünf Jahren hohe Verluste. "Die erste und zweite Welle der Branchenkrise" habe man zwar mit vereinten Kräften vorübergehend durchbrechen können, "allerdings sind wir nun an einem Punkt angelangt, an dem wir stärker gegensteuern müssen", hieß es in einem Mitte Juni erfolgten Statement. Die Umstrukturierung sei unumgänglich, um den Standort Bad Neustadt zu erhalten. Vor Ort sollen bis zum Jahresende 420 der 1700 Stellen abgebaut werden. "Vom Werk über den Produktentwicklungsprozess bis hin zu den Zentralfunktionen" seien alle Bereiche betroffen, wie ein Sprecher inFranken.de im Sommer auf Nachfrage erklärte.

Die IG Metall sprach in einer Mitteilung seinerzeit von einer "Schocknachricht". Die Angestellten zeigten sich demnach "tief geschockt und verunsichert". Laut Gewerkschaftsangaben versammelten sich nun am Dienstag etwa 200 Angestellte vor dem Entwicklungsgebäude von Preh, um öffentlichkeitswirksam ihren Unmut zu signalisieren. An mehreren Wandtafeln hatten sie die Möglichkeit, ihre Gedanken, Ideen und Vorschläge zu notieren. Wer wollte, konnte seine Anregungen auch im Rahmen eines sogenannten "Preh-Talks" direkt auf der Bühne vortragen. Aufgrund der geplanten Stellenstreichungen im Unternehmen, die viele Mitarbeiter beunruhigen, hatte die IG Metall zusätzlich einen Betriebsseelsorger bereitgestellt, an den sich die Beschäftigten wenden konnten.

IG-Metall-Funktionärin Nadine Knauff beklagte derweil fehlende Kompromissbereitschaft aufseiten des unterfränkischen Automobilzulieferers, was die Entwicklung des Betriebs anbelangt. "Dieses Verhalten ist überhaupt nicht zukunftsträchtig. Wir erarbeiten deshalb jetzt gemeinsam mit den Beschäftigten weitere konkrete Ideen und Verbesserungsvorschläge und werden diese dem Arbeitgeber in den weiteren Verhandlungen unterbreiten", wird Knauff in einer Verlautbarung der Gewerkschaft zitiert. 

"Genau der falsche Weg": Betriebsratschef kritisiert Geschäftsführung für Azubi-Entscheidungen

IG Metall und Betriebsrat haben in den Verhandlungen demnach bereits ein Zukunftskonzept vorgelegt und dabei unter anderem gefordert, dass für jeden Bereich am Standort eine Strategie zur Weiterentwicklung dargelegt und fortlaufend darüber beraten werden müsse. "Wir brauchen jetzt dringend Sicherheit und Perspektiven für die Beschäftigten am Standort", forderte der Preh-Betriebsratsvorsitzende Daniel Rossmann. "Dazu zählt der Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen für die kommenden Jahre und ein klares Bekenntnis zu Ausbildung und Studium am Standort."

Die Interessensvertreter der Arbeitnehmer appellieren an den Arbeitgeber, konstruktiv an einer Zukunftsvereinbarung für den Standort zu arbeiten und dabei die Interessen der Beschäftigten und Auszubildenden zu berücksichtigen. "Die Preh GmbH möchte derzeit schnellstmöglich den Personalabbau abwickeln", erklärte Gewerkschaftssekretärin Knauff im Vorfeld der Protestaktion in Bad Neustadt. "Dabei wäre es wichtiger, jetzt ein robustes Konzept für die Zukunft aufzustellen." Genau ein solches Konzept hätten IG Metall und Betriebsrat in den Verhandlungen vorgelegt. 

"Der Arbeitgeber jedoch sendet keine zukunftsgewandten Signale - ganz im Gegenteil", heißt es in einer Mitteilung der IG-Metall Schweinfurt bezüglich des Aktionstags. "Besonders erschütternd ist: Die Preh GmbH hat in den vergangenen Tagen verkündet, dass die Auszubildenden aus dem aktuellen Ausbildungsjahr nicht übernommen werden und 2025 überhaupt keine Ausbildungsstellen zur Verfügung stehen würden." Aus Sicht des Betriebsratsvorsitzenden ist dies "genau der falsche Weg". Das Unternehmen dürfe nicht daran sparen, qualifizierte Fachkräfte für die Zukunft auszubilden. "Unsere Nachwuchskräfte verdienen eine Perspektive", so Daniel Rossmann.

Preh-Mitarbeiter bangen um Jobs - "Viele Beschäftigte blicken mit großer Sorge in die Zukunft"

Nach Schilderung der Gewerkschaft zeichnen zahlreiche Mitarbeiter gegenwärtig ein düsteres Szenario, was ihre weitere Berufslaufbahn betrifft. "Gerade wegen solcher Ankündigungen des Arbeitgebers blicken viele Beschäftigte weiterhin mit großer Sorge in die Zukunft, wie die Betriebsversammlung verdeutlichte", heißt es in der Verlautbarung wörtlich.

"Wir verstehen die wirtschaftlichen Herausforderungen des Unternehmens, aber wir fordern faire Lösungen für die Belegschaft", betonten Knauff und Rossmann unisono. Ein faires Abfindungspaket, Weiterbildungsangebote und alternative Beschäftigungsmodelle, wie Kurzarbeit oder interne Versetzungen, könnten dazu beitragen, den angekündigten Stellenabbau zu mildern. Gleichzeitig müsse eine Lösung gefunden werden, um den Auszubildenden eine Zukunft im Unternehmen zu bieten.

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