Zu wenig Azubis für oberfränkische Agrarbetriebe

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Prüfling Alexandra Deinlein (links) und Prüferin Claudia Albers untersuchen Weizen. Foto: Thomas Heuchling
Prüfling Alexandra Deinlein (links) und Prüferin Claudia Albers untersuchen Weizen. Foto: Thomas Heuchling
Prüfung unter freiem Himmel: Auszubildende Alexandra Deinlein prüft ein Blatt des Weizens auf Krankheiten.
Prüfung unter freiem Himmel: Auszubildende Alexandra Deinlein prüft ein Blatt des Weizens auf Krankheiten.
 

Immer weniger junge Menschen sehen ihre berufliche Zukunft in der Agrarbranche. Im Bereich Oberfranken-West stehen 52 Prüflinge 6000 landwirtschaftlichen Betrieben gegenüber. Dabei sind die Entwicklungsmöglichkeiten und der Verdienst in der Landwirtschaft nicht schlecht.

Hans Vetter seufzt und sagt: "zu wenig". Der Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Coburg meint damit die Zahlen der Auszubildenden in der Landwirtschaft. 52 sind es heuer für den gesamten Bereich Oberfranken-West, der sich von Kronach nach Forchheim erstreckt. Eine zweite Zahl nennt er auch, die den Mangel umso deutlicher macht: "Es gibt über 6000 Betriebe im Gebiet Oberfranken-West. Es geht nicht nur um Hofnachfolger, sondern auch um Fremdarbeiter."

Eine Ausbildung in einem landwirtschaftlichen Beruf ist schon etwas Seltenes. Bei einem Ranking der Industrie- und Handelskammern (IHK) ist der Landwirt im Arbeitsagenturbezirk Bamberg-Coburg auf Platz 31 mit 42 Auszubildenden. Das Ranking hat über 150 Plätze. Die Top 3 sind: Industriekaufmann (222 Auszubildende), Verkäufer (180) und Kaufmann für Büromanagement. Im Agenturbereich Bayreuth-Hof ist die Top 3 mit anderen Zahlen fast identisch. Dort liegt der Landwirt auf Platz 30.

Frauen sind in der Minderheit

Somit ist Alexandra Deinlein in zweierlei Hinsicht eine Ausnahme. Sie macht eine Ausbildung zur Landwirtin und ist zudem eine von wenigen Frauen, die diesen Beruf ergreifen. Im Arbeitsagenturbezirk Bamberg-Coburg sind fast 93 Prozent der Landwirte in Ausbildung Männer und nur sieben Prozent Frauen. Die Geschlechterverteilung ist auch im Nachbarbezirk der Arbeitsagentur Bayreuth-Hof ähnlich: Bei 33 Landwirten in Ausbildung stehen dort 85 Prozent Männer 15 Prozent Frauen gegenüber.

Am Freitag hat Deinlein auf dem Hof von Georg Böhmer bei Großziegenfeld ihre praktische Prüfung absolviert. Ungefähr 20 Meter von der Straße steht sie mit zwei Prüfern in einem Weizenfeld. Bis dahin war es ein langer Weg für 26-Jährige. Sie hat bereits eine Ausbildung zur biologisch-technischen Assistentin gemacht und mehrere Jahre auf dem elterlichen Hof bei Scheßlitz mitgearbeitet. "Ich will mit der Natur arbeiten und mag unsere Kühe. Außerdem ist der Beruf sehr vielfältig.

In der Landwirtschaft ist alles möglich", sagt Deinlein über ihre Motivation für den Beruf. Die Zulassung zu den Prüfungen hat sie über ein Programm für Quereinsteiger des bayerischen Landwirtschaftsministeriums, "Bila" genannt, absolviert. Abendkurse und viele praktische Arbeitsstunden hat sie hinter sich gebracht, um ihre Prüfung abzulegen. "Ich will den elterlichen Betrieb übernehmen. Ob ich meinen Meister machen will, weiß ich noch nicht", sagt Deinlein und wirft noch einen prüfenden Blick auf das Weizenblatt in ihrer Hand.

Von der Hauptschule auf die Uni

Jeweils drei Stunden in den Bereichen Pflanzen- und Tierproduktion dauert die praktische Prüfung. Danach kommen die schriftlichen Tests. Die klassische Ausbildung in der Landwirtschaft besteht aus einem Jahr Berufsschule und zwei Jahren Kombination mit Arbeit auf landwirtschaftlichen Betrieben.

"Die Mehrheit der Auszubildenden besuchen danach eine Fachschule und machen ihren Meister", sagt Hans Vetter. Dies qualifiziere sogar zu einem Studium an Uni oder Hochschule. Also gute Aufstiegschancen für junge Leute, die vor ihrer Ausbildung einen Haupt- oder Realschulabschluss gemacht haben. Aber warum will es dann mit dem Nachwuchs nicht klappen? Vetter sagt, es sei eine Kombination aus vielen Faktoren. Viele Überstunden im Sommer und die unregelmäßige Verteilung der Arbeitszeiten oder das schlechte Image der Landwirtschaft sind nur einige Gründe.

An der Bezahlung liegt es nach Vetters Einschätzung nicht: "Nach Tarif hat ein gelernter Landwirt ein Einstiegsgehalt von 2000 Euro brutto und ein Meister rund 2700 Euro. Teilweise gibt es auch Prämien."
So richtig einschätzen will Alexandra Deinlein ihre Prüfungen nicht, aber ihre Erfolgschancen sind gut: Laut des Agrarberichtes des bayerischen Landwirtschaftsministeriums haben im vergangenen Jahr fast 90 Prozent der Prüflinge mit Erfolg bestanden.


Zahlen zur Ausbildung in der Agrarbranche

Entwicklung 2073 Personen haben im vergangenen Jahr in landwirtschaftlichen Berufen (Landwirt, Gärtner, Forstwirt etc.) in Bayern eine Ausbildung angefangen. Rund 800 davon haben den Berufsweg des Landwirts ergriffen. Damit ist er die größte Sparte. Insgesamt entscheiden sich immer weniger Menschen für einen landwirtschaftlichen Beruf: 1980 waren es noch mehr als doppelt so viele Auszubildende wie heuer, nämlich fast 5100. Zehn Jahre später hatte sich der Wert bereits halbiert. Den Tiefpunkt erreichte die Bewerberzahl vor 14 Jahren. Damals sank der Wert unter die 2000er Marke. Anschließend haben sich die Ausbildungszahlen für Agrarberufe stabilisiert und pendeln um die 2100 Bewerber.

Ausbildung Personen, die Interesse an einer Ausbildung zum Landwirt haben, können sich an Berater Klaus Reininger unter der Telefonnummer 09561 769126 wenden.