Mit den Enten ist sie nie allein

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Ute Bauer liebt es, in der Lichtenfelser Kleinaustraße Enten zu füttern und ihren Gedanken nachzuhängen. Foto: Markus Häggberg
Ute Bauer liebt es, in der Lichtenfelser Kleinaustraße Enten zu füttern und ihren Gedanken nachzuhängen. Foto:  Markus Häggberg

Der Lieblingsplatz von Ute Bauer ist in der Lichtenfelser Kleinaustraße direkt am Wasser. Hierher kommt sie, wenn sie wichtige Entscheidungen treffen muss - aber auch, um die schnatternden Enten zu füttern, die ihr ans Herz gewachsen sind.

Ute Bauers Lieblingsplatz hat viel mit den "Anden" zu tun. Nur liegen die Anden nicht direkt am Obermain. Bei ihr in gewisser Weise aber doch. Die Anden nämlich sind Enten, und würde Ute Bauer nicht ursprünglich aus Coburg stammen, dann würde sie auch Enten sagen. Diese Enten trifft sie in der Kleinaustraße in Lichtenfels. Dort, wo sie immer wieder hingeht, wenn sie eine Antwort auf eine wichtige Frage sucht.
Die medizinische Fachkraft lebt gerne in Lichtenfels. Sie fühlt sich wohl am Obermain, ihre Tochter wurde hier geboren. Ihr Lieblingsplatz liegt am Mühlbach und zwischen zwei belebten Straßen. Eine kleine Insel im Stadtgewühl, ein "Ort der Ruhe", 100 Meter lang.
Mit der Ruhe ist es aber vorbei, sobald Ute Bauer in die Kleinaustraße einbiegt. Dann steigt sie aus ihrem Auto und füttert die Enten.
Oder sie sucht schlicht die Nähe des Wassers, "um Kraft zu schöpfen".
"Wasser ist eh mein Element", sagt die Frau, die Sternzeichen Fisch ist, den Angelschein hat und Mitglied bei der Wasserwacht ist.
"Hier kann ich Kraft und Mut sammeln", argumentiert sie. Ihre Bindung zu diesem Ort ist stark. Als sie noch in Bad Staffelstein wohnte, fuhr sie zum Nachdenken oder Kräfte sammeln hin und wieder sogar eigens hierher.
Dabei sind ihr die beiden Straßen egal, und auch der Motorenlärm, der von dort hierher dringt, stört sie nicht. "Wenn der Mühlbach durch das Fachmarktzentrum fließen würde, würde ich mich eben da hinsetzen", ist sie sich sicher.
"Ich gehe hierhin und wäge hier für mich ab." Was die Lichtenfelserin hier abwägt, sind die entscheidenden Lebensfragen. Ein Beispiel: Dass sie ihren Mann heiraten wird, hat sich vor wenigen Jahren hier entschieden. "Bestimmt fünf bis sechs Mal war ich wegen dieser Frage hier - je öfter ich da war, desto klarer wurde mir der Weg", erinnert sie sich.
Beinahe immer leisten ihr die Enten Gesellschaft. Ute Bauer füttert sie, und drei oder vier von ihnen fressen ihr sogar aus der Hand. Blickt die Frau über das Wasser, dann blickt sie gerne hinüber zu den Häusern auf der anderen Seite. "Da würde ich gerne wohnen", gesteht sie. Sie mag den Anblick dieser Häuser, die Anrainer am Flüsschen sind. Häuser, die ein nach Westen fließendes Schwimmbad am Garten haben.
Bis zu zwei Stunden hält es Ute Bauer hier betrachtend aus. Was sie wundert ist, dass sie die einzige Person zu sein scheint, die hier Enten füttert und gern für sich ist. Bisher sei ihr hier noch niemand begegnet. Zwei- oder dreimal im Monat kommt sie hierher.
21 Jahre war Ute Bauer alt, als sie nach Lichtenfels kam. Eine ihrer ersten Wohnungen lag ganz in der Nähe der Kleinaustraße. Beim Erkunden der neuen Umgebung ist sie auf diesen Flecken gestoßen, und mittlerweile hat sie ihre Vorliebe für ihren Lieblingsort weitergegeben - an ihre Tochter. Von Zeit zu Zeit finden sich beide hier ein und füttern Enten. Ende gut, alles gut.