Vor 24 Jahren fuhren drei Lichtenfelser zur Fußballweltmeisterschaft nach Italien. Ohne Eintrittskarten, mit einem rostigen Auto und voller Fußballeuphorie erlebten sie drei unvergessliche Tage bei der WM. Sogar ins Stadion kamen sie.
Es dauerte 35 Minuten, bis Rudi Völler am 15. Juni 1990 im Giuseppe Meazza (San Siro) Stadion in Mailand zum 1:0 gegen die Vereingten Arabischen Emirate (VAE) traf. Annette Rübensaal aus Lichtenfels saß damals beim zweiten Gruppenspiel der deutschen Nationalmannschaft im Stadion. Zwar erinnere sich die heute 48-Jährige nicht mehr an solche Details, aber an die drei Tage im Sommer 1990 in Italien denken sie und ihre Begleiter noch oft und gerne zurück.
Mit ihrem späteren Ehemann Udo (damals waren sie schon ein Paar) und dem Trauzeugen Roland Göhring fuhren sie über die Alpen zur WM. "Wir hatten damals einen alten, verbeulten, rostigen Audi und sind ohne Eintrittskarten losgefahren", erinnert sich Rübensaal.
Die, so hatten sie gehört, gab es noch am Trainingslager der Deutschen in Erba am Comer See. Doch die am Tor zum Lager verkauften Karten seien zu teuer gewesen.
Für ein öffentliches Training der Mannschaft rund um Libero Lothar Matthäus sind die Drei Lichtenfelser aber noch dort geblieben. "Auch dafür war der Eintritt schon recht teuer", sagt Rübensaal. Aber Sepp Maier habe die Zuschauer mit seinen Späßen entschädigt. In Italien trafen sie auch einen Bekannten aus Schwabthal. Der hatte sich als Journalist eingeschleust und einige "Superbilder" von Matthäus und den anderen Spielern gemacht.
Am Mailänder Dom habe das Trio dann Eintrittskarten für das Spiel gegen die VAE bekommen. "Die Stimmung im Stadion und in der ganzen Stadt war einmalig", sagt Rübensaal. Von Ausschreitungen, die es bei der WM 1990 gab, habe sie nichts mitbekommen. Vor dem Spiel haben die drei sich den Dom und andere Sehenswürdigkeiten angeschaut.
"Viele der Deutschen hatten sich als Scheichs verkleidet." Um 21 Uhr war dann Anstoß im Stadion.
Gewitter während des Spiels 71 167 Zuschauer waren gekommen. Etwas mehr als 76.000 hätten Platz gehabt. An einzelne Spielszenen oder die Torschützen erinnert sich Rübensaal nicht mehr. "Mein Mann wüsste da sicherlich noch mehr." Obwohl er so aufgeregt gewesen sei, dass er sich nicht mehr an alle Tore erinnern könne. An das Gewitter, welches im Spiel losbrach, erinnert sich Annette Rübensaal besser. "Wir hatten zwar preiswerte Plätze, aber die waren ein wenig überdacht, die teuren nicht." Das Spiel endete mit einem deutlichen 5:1-Sieg der Deutschen.
Auf dem Weg zurück zu ihrem Campingplatz am Comer See trafen die Lichtenfelser noch den Mannschaftsbus der VAE und bekamen Autogrammkarten.
Eine weniger schöne Überraschung fanden Annette Rübensaal und ihre zwei Begleiter vor, als sie bermkten, dass ihre Zelte durchnässt waren.
Nicht alle Erinnerungsstücke an die Reise findet Rübensaal auf Anhieb. Eintrittskarten und einige Fotos müsste sie länger suchen. Aber die große Deutschlandfahne, die damals mit im Mailänder Stadion war , gibt es immer noch. Annette Rübensaal verlässt die Küche,, um besagte Fahne zu holen. Beim Blick durch die Wohnung fallen zahlreiche Bilderrahmen mit Fotocollagen der vielen Urlaube in Südeuropa auf. 1998 waren sie während der WM in Frankreich in Kroatien. Auf einem Bild ist wieder die Deutschlandfahne aus dem Mailänder Stadion zu sehen.
An der Küchendecke ist Kunstrasen verklebt. Darauf drei Spielfiguren mit Trikots und ein Tor. Annette Rübensaal kommt zurück, in der Hand die Fahne.
Sie sieht schon etwas mitgenommen aus, aber immer noch WM-tauglich.
Bei den Rübensaals dreht sich viel um den Fußball. Ihre Wohnung ist direkt am Stadion des 1. FC Lichtenfels. Vom Balkon hat man einen wunderbaren Blick ins Stadion. 1992 gründete Annette Rübensaal die erste Damenmannschaft beim 1. FC Lichtenfels, spielte eine Weile als Libero. "Damals nannten die anderen mich Baresi, wie den italienschen Libero Franco Baresi", sagt Rübensaal. Aktuell bewirtschaftet sie die Vereinsgaststätte mit. Auch ihr Mann hat lange beim 1.FC Lichtenfels gespielt. Sie sind tief mit dem Verein verbunden.
Auf die WM in Brasilien freue sie sich. Da sitzen Freunde und Familie im Garten und fiebern gemeinsam für die deutsche Mannschaft mit. "Es ist immer eine Riesengaudi, wenn alle zusammensitzen", sagt Rübensaal. Auch einige Geschichten von der Italienfahrt 1990 werden dann wohl erzählt.
Für Annette Rübensaal war es ein einmaliges Erlebnis. Es war das einzige WM-Spiel, das sie je live gesehen hat. Mit einem Tipp für das Turnier hält sie sich ein wenig zurück: "Wir sind schon eine Turniermannschaft. Ich tippe aufs Halbfinale und hoffe auf den Titel."