Für Isolde Schug-Fischer, Pflegeleiterin einer Station der Lungenfachklinik am Bezirksklinikum Obermain, ist die Impfung alternativlos.
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"Grundsätzlich halte ich Impfungen, wie sie auch in der Vergangenheit stattgefunden haben, für wichtig. Eine staatlich verordnete Corona-Impfpflicht sehe ich aber kritisch. Das ist eine persönliche Sache, die jeder Mensch für sich selbst entscheiden sollte", gibt Thomas Geldner, Geschäftsführer des Caritasverbandes für den Landkreis Lichtenfels, an. Zusammen mit Pflegedienstleiter Manuel Geiger und seinem vierköpfigen Leitungsteam der Caritas-Sozialstation tauscht er sich über dieses Thema aus. Viele der Pflegekräfte haben sich bereits impfen lassen, kritisieren aber eine ungenügende Aufklärung über den Vorgang, den Impfstoff sowie mögliche Folgen. Das gelte für Pflegekräfte, aber auch andere Berufsgruppen oder Senioren. Diese Offenlegung von Informationen hätte in öffentlichem und medial großem Maß schon längst hätte geschehen müssen, darin sind sich die Leitungen einig.
Dabei sei auf die unterschiedlichen Zielgruppen individuell einzugehen: Für ältere Menschen müssten Informationen anders aufbereitet werden und etwa durch einen vertrauten Hausarzt oder die Krankenkasse übermittelt werden. Für junge Menschen könne eine Aufklärung über soziale Netzwerke oder mithilfe von Videos geschehen. Gleichzeitig sei den Verschwörungstheoretikern und Falschinformanten, die gerade in den sozialen Medien eine große Plattform finden, mit großen Kampagnen entgegenzutreten.
Menschen, die in der Pflege arbeiten, vermissen Impf-Aufklärung
Ein weiteres Erfolgsrezept für eine Erhöhung der freiwilligen Impfbereitschaft in der Bevölkerung sei zudem die persönliche Erfahrungsweitergabe von bereits Geimpften: In vielen Gesprächen etwa haben die Stationsleiter ihren Kollegen von ihrer eigenen Impfung und ausbleibenden Nebenwirkungen erzählt sowie ihr angeeignetes Fachwissen weitergegeben. "Wenn sich auf diese Weise immer mehr Menschen impfen lassen würden, bräuchte man gar nicht mehr über eine Impfpflicht nachzudenken", meint Pflegedienstleiter Manuel Geiger. Ist es also ein Wettlauf mit der Zeit?
Dennoch brauchen die Menschen Zeit für die Entscheidung zu einer Corona-Impfung, fordert die Allgemeinmedizinerin Dorothee Möller aus Lichtenfels. Der Impfstoff ist noch nicht lange zugelassen, und seine Folgen sind noch nicht restlos überschaubar. Eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen hält sie für falsch. Dennoch kritisiert auch sie die ungenügende Aufklärung zur Impfung und auch zu den möglichen Konsequenzen, wenn man an Corona erkrankt: "Ich habe vor kurzem einen Video-Beitrag von einer Frau gesehen, die das alles durchgemacht hat. Sie hat es von Angesicht zu Angesicht erzählt und ist immer noch traumatisiert. Ich denke, wenn so etwas mehr Menschen sehen würden, dann würden sich auch mehr Menschen freiwillig impfen lassen." Auch eine Art Talksendung mit fachkundigen Gesprächspartnern wäre eine Möglichkeit. Dort könnte wohl zumindest auf die lange Impftradition in Deutschland verwiesen werden und die Hetze, dass ein so schnell zugelassener Impfstoff fehlerhaft sein müsse, gebremst werden.
"Wir müssen uns bewusst sein, dass wir eine über 100-jährige Impftradition haben und das Wissen darum stetig wächst", gibt BRK-Kreisgeschäftsführer Thomas Petrak zu bedenken. "Da können wir auf große Erfahrung zurückgreifen." Auch er und die Leiterin der BRK-Sozialstation Lichtenfels, Sabine Rosenfeld, die selbst auch aktiv im Pflegedienst unterwegs ist, befürworten eine groß angelegte Aufklärung in Form von Kampagnen und erinnern beispielsweise an das Thema Aids in den 1980er Jahren: "Mit diesen Aktionen wurde Aufmerksamkeit erregt und ganz offen darüber gesprochen. Diesen Hype vermissen wir", sagt Sabine Rosenfeld. Stattdessen helfe der momentane, dicht und klein bedruckte Aufklärungsbogen vor der Corona-Impfung nicht bei einer Entscheidungsfindung.
Impfbereitschaft wächst mit Weitergabe von persönlichen Erfahrungen
Tatsächlich wachse die ohnehin hohe Impfbereitschaft bei den Mitarbeitern der BRK-Einrichtungen durch die Weitergabe eigener Erfahrungen: "Impfen ist eine Vertrauensangelegenheit. Durch persönliche Beobachtungen und Gespräche, gepaart mit echter Aufklärung, könnten wir viel mehr erreichen", erläutert Thomas Petrak.