Eine Begegnung mit sich selbst in Bad Staffelstein

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Helga Liesaus Bad Staffelstein vom Freihand-Schützenverein am Schießstand. Foto: Markus Häggberg
Helga Liesaus Bad Staffelstein vom Freihand-Schützenverein am Schießstand. Foto: Markus Häggberg

Am Schießstand hat Helga Liesaus ein Ziel im Visier und muss zur Ruhe kommen. Das tut ihr gut. Gleichzeitig genießt sie die Gemeinschaft mit anderen Schützen.

Dort, wo Helga Liesaus' Lieblingsplatz ist, kann sich die Stadträtin zu einer Form der Leichtigkeit zwingen. Sie besteht darin, das sie Umliegende, Umgebende oder Unangenehme zugunsten einer Ruhe und Kraft einzutauschen. Sie hat ein Ziel im Visier - am Schießstand im Schützenhaus am Pferdsfelder Weg in Bad Staffelstein.
Es liegt ein eigener Reiz in dem Ort, der eigentlich ganz reduziert ist. Es lenkt wenig ab, an Kabeln nähern oder entfernen sich auf Knopfdruck Schießscheiben, erst in einem Affentempo, um dann abzustoppen und ihren Bestimmungsplatz einzunehmen. Am Ende einer Bahn oder am Anfang, zur Kontrolle der Leistung.

Rauchen ist hier verboten, das Handy auch. Es soll nichts ablenken auf dem Weg zur Begegnung mit sich selbst.
Luftpistole, Luftgewehr, Zimmerstutzen, Sportpistole, die üblichen Sportgeräte. 10 m, 15 m, 25 m, die üblichen Distanzen. Manchmal schnellt Helga Liesaus auch ein Bolzen von der Sehne. Armbrust.
Ihr Hobby hat viele Disziplinen. Aber das Hobby ist mehr noch - eine Leidenschaft. Ansonsten hätte sie nicht internationale höchste Titel gewinnen können. Grundvoraussetzung hierfür ist die absolute Konzentration, das Freimachen von schlechten Erinnerungen oder der Befürchtung von Künftigem. Eine Enklave, die vom Alltag befreit.

Aber zur Konzentration am Stand gehört auch das Kontrastprogramm der Geselligkeit. Schützen pflegen diese. Darum auch das Vereinslokal und die Bereiche im Haus, in denen man auf Geschichte und Geschichten trifft. Es gibt die Königsscheiben, die angefertigt werden, in den Gängen aushängen und einen Bezug zwischen dem Schützen und einem vorrangigen Ereignis des Jahres seiner Meisterschaft aufzeigen. Oder die Scheiben mit den Einschüssen. Manche Schützen sind schon längst gestorben. Aber was sie geleistet haben, hat hinter Glas die Zeit überdauert, anschaubar und eine Brücke durch die Zeiten schlagend. Auch in Gesellschaft dieser Erinnerungen fühlt sich Helga Liesaus wohl. "Beide Orte sind untrennbar miteinander verbunden", sagt sie zu den unterschiedlichen Bereichen im Haus. "Das Schützenhaus ist ein gesellschaftlicher Treffpunkt. Hier trifft man sich nach dem Schießen zum Erfahrungsaustausch." Derzeit wird für eine Faschingsfeier geschmückt.

Doch, es gibt Unterschiede zwischen den Bahnen. Unterschiedliche Schießstände an unterschiedlichen Orten weisen beispielsweise unterschiedliche Lichtverhältnisse auf. Oder unterschiedliche Zuganlagen. So erklärt sich Heimvorteil. Den gibt es statistisch gesehen wirklich, und er fiele kleiner aus, wenn man sich daheim nicht so wohl fühlen würde. "Den Heimstand kennt man besser!", weiß die Frau aus Bad Staffelstein. Er ist als Ensemble mit der Gaststätte im Haus zu sehen. "In erster Linie ist man hier unter Freunden. Hier kann ich mich messen. Ich habe ein gutes Gefühl, in einem Haus zu sein, das man von der Planung bis zur Fertigstellung mit auf den Weg gebracht hat", so die zielsichere Stadträtin.

Konzentration ist entscheidend

In der Begegnung mit sich selbst erfährt die Schützin am Stand nicht nur, wie gut sie in Form ist, wie gut sie sich zu konzentrieren in der Lage ist, wie es um ihre Ausgeglichenheit steht. Man kann nicht an sich selbst vorbeischießen.

Einen festen "Nachbarn" am Schießstand hat Helga Liesaus nicht. Ein solcher Jemand macht nicht unbedingt das Wohlfühlerlebnis bei einem Sport aus, der seinen Reiz nun mal auch aus der Begegnung mit sich selbst bezieht. Auch wenn Helga Liesaus ansonsten keine großen sportlichen Ambitionen mehr hegt - bei Mannschaftskämpfen ist das anders. Dieses Gefühl für die Besonderheit ihres Lieblingsplatzes hat sie dann wohl alleine. Das "teilt man mit allen Sportschützen". Denn es geht ja nicht ums Ballern, sondern ums Abschalten, um Konzentration, Nervenstärke, Ausdauer, Disziplin, Reaktion, Kondition und das präzise Anwenden erlernter Technik. Und es geht um Geselligkeit und Freude, die Schützen miteinander teilen. Dabei fühlt sich Helga Liesaus wohl, unter den Augen des Staffelbergs.