1500 Unterrichtsstunden für den Meisterbrief

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Zwei Männer - sinnbildlich gesehen - in einem "Boot". In der selben Firma trennen Markus Rauch (links) und Tobias Freitag 18 Jahre. Natürlich hat sich in dieser Zeit einiges in ihrem Beruf verändert. Foto: Markus Häggberg
Zwei Männer - sinnbildlich gesehen - in einem "Boot". In der selben Firma trennen Markus Rauch (links) und Tobias Freitag 18 Jahre. Natürlich hat sich in dieser Zeit einiges in ihrem Beruf verändert. Foto: Markus Häggberg

Der 23-jährige Installateur und Heizungsbauer Tobias Freitag aus Lichtenfels hat 1500 Unterrichtsstunden in seinen Meisterbrief investiert, um sein Handwerk besser zu verstehen. Auch das Geld hat dabei eine Rolle gespielt. An Selbstständigkeit hat er nicht gedacht: "Ich brauche mein Wochenende."

Seit kurzem ist Tobias Freitag Meister. Der Lichtenfelser Handwerker wurde am vergangenen Samstag in der Oberfrankenhalle in Bayreuth mit vielen anderen Absolventen aus Oberfranken ausgezeichnet. Sind seine künftigen beruflichen Aussichten - Stichwort Fachkräftemangel - deswegen meisterlich? Mit seinem unbedingten "Ja" steht Freitag nicht alleine da.

Hermann Zeis ist Pressesprecher der Agentur für Arbeit in Coburg. Er zeigt sich überrascht von der Frage, ob ein Meisterbrief die Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöht. "Fachkräftemangel ist ein großes Thema", versichert er. Jede zusätzliche Qualifikation erhöhe seiner Kenntnis nach die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. "Meister sind leichter vermittelbar" - und im technischen Bereich, so wird das Handwerk auch genannt, gibt es "einen Engpass".

Das alles interessiert Tobias Freitag auch. Als "Investition in die Zukunft" betrachtet der 23-jährige Installateur und Heizungsbauer seinen Meisterbrief. Nach 1500 Unterrichtsstunden hat er seinen Ausbildungsschein, ist er technischer Fachwirt und auf dem neuesten Stand in Fachtheorie und Praxis.

Selbstständig machen möchte er sich dereinst nicht. Aber seinen Beruf "besser verstehen", das sei ihm Ansporn gewesen. "Dass man weiß, was man tut", in diesem "breiten Spektrum", wie er sich ausdrückt. Auch das Geld habe eine Rolle gespielt, ist eine der Antworten auf die Frage, was einen jungen Menschen antreibt, Zeit und Geld in den Meistertitel zu investieren.
"Wie weit kommt man schon mit einem Gesellengehalt?"

Markus Rauch ist Tobias Freitags Chef. Auch er ist Meister. Gleicher Beruf, gleicher Meistertitel, erlernt und erworben zu anderer Zeit. Er hat sich selbstständig gemacht. Die Anforderungen haben sich gewandelt, sagt er, auf seinen Schützling blickend. Noch 1987, als Rauch in der damaligen Firma Bähr anfing, sei die Arbeit "körperlich schwerer" gewesen. Vor 20 Jahren habe es auch andere Rohrsysteme gegeben. Heute sei die Technik fortgeschrittener, der Aufwand an geistiger Arbeit sei höher. Früher habe der Kunde auch mehr Verständnis für Verzögerungen gehabt. Heute müsse der Handwerker "gleich früh kommen, oder nach Feierabend, oder am Wochenende."

Tobias Freitag denkt nicht daran, sich selbstständig zu machen. "Ich brauche mein Wochenende", gibt er zu. Aber um sein Metier besser zu verstehen, hat er die 1500 Stunden gerne auf sich genommen.

"Fundament unserer Wirtschaft"

"Gerade die Jungmeisterinnen und Jungmeister", erklärte HWK-Präsident Thomas Zimmer bei der Jungmeisterfeier des oberfränkischen Handwerks in Bayreuth, "stehen mit ihrer exzellenten Ausbildung für die Stärken unseres Bildungssystems. Es ist das Fundament unserer erfolgreichen Wirtschaft - im Handwerk und in der Industrie. Und dies ist auch der Grund dafür, weshalb Deutschland Krisenzeiten sehr viel besser bewältigt, als viele europäische Nachbarländer. Unsere gut ausgebildeten Fachkräfte und unser System der beruflichen Bildung sind nicht nur ein Standortvorteil, sondern wahrscheinlich auch die beste Versicherung gegen den drohenden Fachkräftemangel."

Ein sicheres "Wertpapier"

Bayerns Wirtschaftsstaatssekretärin Katja Hessel gratulierte den Meisterinnen und Meistern des oberfränkischen Handwerks zu ihrem Meisterbrief als Qualitätssiegel: "Sie werden heute dafür ausgezeichnet, dass Sie in puncto Leistung und Qualität Maßstäbe setzen."

HWK-Hauptgeschäftsführer Thomas Koller unterstrich die Bedeutung der Wirtschaftsgruppe Handwerk, die zwischen all den Krisenherden und unter dem Eindruck der Staatsschuldenkrise für Bodenständigkeit, Verantwortungskultur und Stabilität stehe. "Gerade in diesen Zeiten zeigt sich, dass die Vielzahl der kleinen und mittleren Handwerksbetriebe das ökonomische Sicherungsnetz unserer Gesellschaft schlechthin ist. Nicht umsonst präsentiert sich unsere Wirtschaftsgruppe nach wie vor als Konjunkturmotor, vor allem auch als Motor für unsere Binnenkonjunktur."
Koller gratulierte den Jungmeisterinnen und Jungmeistern. Der Meisterbrief sei weltweit anerkannt: "Er ist nach wie vor der beste Schutz vor Arbeitslosigkeit und der wichtigste Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche Unternehmensgründung. Ihr Meisterbrief ist deshalb, wie es auf unserer Einladung so treffend heißt, eines der sichersten Wertpapiere, die es momentan gibt!"

Die neuen Jungmeister aus dem Landkreis Lichtenfels

Sie erhielten den Jungmeisterbrief: Tobias Freitag, Lichtenfels, Installateur und Heizungsbauer; André Morgenroth, Lichtenfels, Maler und Lackierer; Uwe Herold, Burgkunstadt, Zimmerer; Michael Neser, Burgkunstadt, Bäcker; Daniel Petterich, Burgkunstadt, Elektrotechniker; Christoph Fritscher, Bad Staffelstein, Elektrotechniker; Heiko Gampert, Schwabthal, Kraftfahrzeugtechniker; Stephan Herzig, Bad Staffelstein, Kraftfahrzeugtechniker; Steffen Schramm, Bad Staffelstein, Elektrotechniker; Christian Wagner, Bad Staffelstein, Zimmerer; Kim Franz Förtsch, Michelau, Feinwerkmechaniker; Lisa Billinger, Ebensfeld, Friseurin; Christian Beßlein, Weismain, Kraftfahrzeugtechniker; André Leidner, Altenkunstadt, Installateur und Heizungsbauer; Jürgen Rink, Altenkunstadt, Installateur und Heizungsbauer; Nadine Bittruf, Marktzeuln, Friseurin; Michael Engert, Marktzeuln, Elektrotechniker; Thomas Schlottke, Marktzeuln, Metallbauer