Schwarzfahrt zum Roten Platz

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Der Drang, Moskau zu sehen, war bei einem 29-jährigen Mann aus Fürth so stark, dass er zu der 4500 Kilometer langen Städtereise durch halb Europa aufbrauch, obwohl er schon zehn Jahre keinen Führerschein mehr besitzt. Dafür handelt er sich eine viermonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung ein. Immerhin: Er hat die Basilius-Kathedrale am Roten Platz gesehen. Foto: dpa
Der Drang, Moskau zu sehen, war bei einem 29-jährigen Mann aus Fürth so stark, dass er zu der 4500 Kilometer langen Städtereise durch halb Europa aufbrauch, obwohl er schon zehn Jahre keinen Führerschein mehr besitzt. Dafür handelt er sich eine viermonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung ein. Immerhin: Er hat die Basilius-Kathedrale am Roten Platz gesehen. Foto: dpa

Dass er schon zehn Jahre keinen Führerschein mehr hat, hält einen 29-Jährigen Mann nicht davon ab, mit dem Auto nach Moskau zu fahren. Für die 4500 Kilometer lange Städtereise gibt es einen Freiheitsstrafe auf Bewährung.

Wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis hat das Amtsgericht Kulmbach einen 29-jährigen Mann aus Fürth zu vier Monaten Freiheitsentzug auf Bewährung verurteilt. Der Mann hatte mit dem Personenwagen allen Ernstes eine, wie er es nannte, "Städtereise" nach Moskau unternommen. Auf dem Heimweg war er auf der Autobahn bei Himmelkron geblitzt worden. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich dann heraus, dass er schon seit fast zehn Jahren keinen Führerschein mehr hat.

Mit 175 Sachen wurde er auf der A 9 bei erlaubten 120 Stundenkilometern ertappt. Er fuhr mit dem Auto seines Vaters, der von nichts wusste. Erst als die Geschwindigkeitsübertretung verhandelt wurde, kam heraus, dass der Mann gar keinen Führerschein besitzt. Nach einer Unfallflucht im Jahr 2004 war ihm der Lappen abgenommen worden. Seitdem war er mit seinen Anträgen auf einen neuen Schein gescheitert, weil ihn die Führerscheinstelle als aggressiv einstufte.
Für den Angeklagten natürlich völliger Blödsinn, doch die Führerscheinstelle meinte es ernst.

"Niemanden gefährdet"

"Ich habe niemanden geschadet und niemanden gefährdet", rechtfertigte sich der Angeklagte und glaubte, er komme damit durch. Dabei hätte es bereits für die Geschwindigkeitsübertretung um 55 Stundenkilometer eine Geldbuße von 268 Euro, ein Monat Fahrverbot und vier Punkte gegeben. Doch das ist jetzt hinfällig, denn die Geschwindigkeitsübertretung ist eine Ordnungswidrigkeit, die Schwarzfahrt dagegen eine Straftat.

Ein unbeschriebenes Blatt ist der mittlerweile von Hartz-IV-Zahlungen lebende Angeklagte ohnehin nicht. Neun Vorstrafen stehen in seinem Register, unter anderem wegen Hehlerei, Diebstahl und Sachbeschädigung. Mehrfach wurde er bereits zu gemeinnützigen Arbeitsstunden, zu Geldstrafen und zuletzt sogar zu einer Gefängnisstrafe ohne Bewährung verurteilt.

Er habe den Führerschein damals auf Anhieb bestanden, nicht so wie manche "Idioten" erst beim fünften Mal, rühmte sich der Angeklagte vor Gericht und verwies auf Autofahrer, vor allem in Berlin, wo er längere Zeit lebte, die sich benehmen, "wie die Schweine". Doch das sollte ihm alles nichts nützen.

Extrem weite Strecke

"Ich erkenne keine Punkte, die für den Angeklagten sprechen, aber viele, die gegen ihn sprechen", sagte Staatsanwalt Bernhard Böxler. Zum einen fehle jegliches Unrechtsbewusstsein, zum anderen sei er eine extrem weite Strecke gefahren: Fürth - Moskau, das sind hin und zurück rund 4500 Kilometer. Der Staatsanwalt forderte die letztlich auch verhängten vier Monate auf Bewährung.

Daneben darf der Angeklagte nicht vor Ablauf von eineinhalb Jahren einen neuen Führerschein beantragen, muss 100 Stunden gemeinnützige und unentgeltliche Arbeit leisten, muss jeden Wohnsitzwechsel dem Gericht melden und die Kosten des Verfahrens tragen. "Das ist kein Kavaliersdelikt", sagte Richterin Sieglinde Tettmann. Immerhin habe der Angeklagte ein Geständnis abgelegt, wenngleich er auch keinerlei Einsicht zeige.