Wenn es ein Thema gibt, über das die Kulmbacher in den vergangenen Wochen gesprochen haben, dann sind das die pöbelnden und randalierenden Jugendlichen am Bahnhof. Und es war das erste Thema, mit dem die Spitzenkandidaten der Stadtratsliste bei der Podiumsdiskussion konfrontiert wurden.
"Das berührt jeden", weiß Wolfram Brehm (CSU), der am Donnerstagabend darauf verwies, dass ein Großteil der Jugendlichen anständig ist und sich in Vereinen einbringt. Dann gebe es ein paar "Rotzlöffel", die für Unruhe sorgen. "Ich glaube nicht, dass der Stadtrat das Problem lösen kann, aber tolerieren darf er es auch nicht."
Dem stimmte Ingo Lehmann (SPD) zu. "Es war gut, dass die Bereitschaftspolizei da war." Der Staat müsse an Brennpunkten Präsenz zeigen. Er sprach sich für die Einstellung eines Streetworkers - gegebenenfalls auf Oberfranken-Ebene - aus." In Bamberg habe so ein Sozialarbeiter erfolgreich gewirkt.
Ob ein Streetworker ausreicht, stellte Thomas Nagel (FDP) in Frage. Denn die Gewaltbereitschaft der jungen Leute habe ein bislang unbekanntes Ausmaß erreicht. Deshalb sei Polizeipräsenz wichtig. Nagel sprach sich zudem für eine Videoüberwachung wie in Wunsiedel aus.
Dort habe diese Maßnahme viel gebracht.
Großes Gewaltpotenzial ist neu
Von Entwicklungen, denen sich die Stadt stellen muss, sprach Stefan Schaffranek (WGK). Früher habe es auch Cliquen gegeben, die über die Stränge geschlagen haben, neu sei aber das große Gewaltpotenzial. "Jetzt haben wir eine Spitze erlebt." Seiner Ansicht nach werde ein Streetworker nicht die Sicherheit am Bahnhof gewährleisten können. Er sprach die Hoffnung aus, dass die Sozialarbeit in den Familien Früchte trägt. "Wir müssen genau überlegen, was wir tun und dürfen nicht überreagieren."
Für Grünen-Kandidatin Doris Stein ist klar: "Ich denke nicht, dass ein Streetworker helfen kann." Sie setzt auf Deeskalationsmaßnahmen wie die Umarm-Aktion. Damit werde gezeigt, "dass es auch anderes geht". Von Parolen wie "abwatschen" und "einknasten" halte sie nichts.
Allerdings sei sie von den Entwicklungen entsetzt, wenn Jugendliche ("Fast noch Kinder") Sachen beschädigen und Leute angreifen.
Wie geht es mit der Eisbahn weiter?
Noch ein weiteres aktuelles Thema sprach Moderator und BR-Redaktionsleiter Alexander Müller an: die Schäden an der Eisbahn. Luftpolster unter dem Beton sorgen dafür, dass die Eisbahn nicht mehr richtig durchfriert. Das hatte unter anderem dazu geführt, dass sich der Start der Saison verzögert hatte. Eine Sanierung würde 900.000 Euro kosten. Müllers Frage an die Kandidaten: das Geld ausgeben oder damit leben, dass ab und an repariert wird?
Für Thomas Nagel haben die Freizeiteinrichtungen obere Priorität, weil sie wichtige Standortfaktoren darstellen.
Und Investitionen in die Freizeiteinrichtungen seien in die Zukunft gerichtet - anders als in Museen, die zwar auch wichtig seien, aber in die Vergangenheit gerichtet sind.
900.000 Euro für die Sanierung der Eisbahn sind Stefan Schaffranek zu viel. Eher sollte man "flicken", selbst wenn das unpopulär sei. Schwerpunkte sieht er eher in der Sanierung der Tiefgarage und der Spinnerei.
Auch für Doris Stein sind die 900.000 Euro zu viel. Die Grünen-Kandidatin könnte sich vorstellen, die Gewerbesteuer um wenige Punkte anzuheben und das Geld in die Freizeiteinrichtungen zu investieren.
Jetzt Zeit für Lösungssuche
Wolfram Brehm verwies auf 1,6 Millionen Euro, die die Stadt bereits in diesen Bereich steckt. Das "reflexartige Rufen von SPD und Grünen nach dem Anziehen der Einnahme-Schraube" kann er nicht nachvollziehen.
"Vielleicht sollte man an der Einsparungsschraube drehen ...", sagte er. Dass kreative Ideen weiterbringen, sehe man am Schlachthof. Er sei froh, dass der Winter vorbei sei und man nun Zeit habe, sich Lösungen für die Eisbahn zu überlegen.
"Wo soll man investieren, wo sparen", fragte Ingo Lehmann. Um Einrichtungen wie die Eisbahn und die Bäder kostendeckend zu betreiben, müsste man höheren Eintritt verlangen. In seinen Augen ist das größte Problem die schlechte finanzielle Ausstattung der Gemeinden in Bayern. Mit Blick auf die Eisbahn sprach er sich nur für eine kostengünstige Reparatur aus.
Zwei große Leerstände gibt es noch in Kulmbach: den ehemaligen Kaufplatz und den Ratskeller. Die fünf Spitzen-Kandidaten erklärten, wie sie die beiden Probleme angehen wollen. Nach Ansicht von Wolfram Brehm wurde in den letzten Jahren viel gegen die Leerstände von Geschäften unternommen.
So sei auch das KDM wiederbelebt worden ("ein Kraftakt"). Um jedoch über Immobilien entscheiden zu könne, muss man sie besitzen. Das sei beim Ratskeller und beim Kaufplatz nicht der Fall.
"Jeder Leerstand ist einer zu viel", betonte Ingo Lehmann. Ein Problem sieht er in den unterschiedlichen Ladenöffnungszeiten. "Wir wollen eine Lösung für den Ratskeller und das Bilka. Da hat man die SPD an seiner Seite", stellte er fest. "Bei Kaufplatz sind wir nicht Herr der Entwicklung", bedauerte auch Thomas Nagel. Für den Ratskeller hat er dagegen einen Nutzungsvorschlag: als Verwaltungsgebäude. Sollte die Stadt das Gebäude erwerben, sollte sie von einer Nutzung als gastronomischer Betrieb absehen.
Stefan Schaffranek verwies darauf, dass es in der Langgasse nur noch einen leer stehenden Laden gibt. "Kaufplatz, Langgasse und Fritz waren einfach zu viel für Kulmbach.
Jetzt, wo der Kaufplatz weg ist, sind wir wieder auf einem Stand, der für eine Stadt unserer Größenordnung geeignet ist."
Stadtteile nicht vergessen
Nach den Informationen von Doris Stein laufen für beide Objekte Verhandlungen. "Da vertraue ich auf unseren OB", sagte sie nur. Sie machte allerdings deutlich, dass man nicht immer nur die Innenstadt im Blick haben darf, denn dort würden nur 30 Prozent der Stadtbevölkerung leben. "Was ist mit den Leerständen in den Stadtteilen, die nicht mehr versorgt sind?"
Mit der Sanierung der Tief garage und der Alten Spinnerei stehen zwei Großprojekte an. Wo setzen die Kommunalpolitiker ihre Schwerpunkte? Der Zustand der Tiefgarage ist in den Augen von Thomas Nagel keine Werbung für die Einkaufsstadt. "Brauchen wir die Tiefgarage? Wenn sie nötig ist, müssen wir zügig investieren", sagte er.
Ingo Lehmann: "Es gibt viele Projekte, die die Stadt nicht allein schultern kann." An der Tiefgarage sehe man, dass es richtig teuer wird, wenn man mit einer Reparatur zu lange wartet.
Für Doris Stein ist klar: "Die Tiefgarage ist das wichtigste Projekt. Böse Zungen sagen sogar: Schüttet sie zu. Das ist wohl der günstige Weg, aber ist das auch der beste?"
"Wenn das Geld einigermaßen da ist, wird die Tiefgarage nächstes Jahr in Angriff genommen", erklärte Stefan Schaffranek.
Wegen des Bierfests sei die Tiefgarage ein sensibler Bereich, betonte Wolfram Brehm. "Wir müssen alles so planen, dass das Bierfest nicht ausfällt", sagte er. Nach der Bierwoche 2015 werde das Projekt in Angriff genommen, so seine Einschätzung.
Bildungspolitik und demografischer Wandel
Ein heißes Eisen ist die Schließung von Grundschulen.
"Wir können die demografische Entwicklung nicht ignorieren und müssen eine vernünftige Lösung finden", weiß Stefan Schaffranek um das Problem. Thomas Nagel hält ein Gesamtkonzept für sinnvoll. "Wir müssen uns damit beschäftigen, wo die Zahlen rückläufig sind. Das Konzept wird die eine oder andere Schule nicht mit tragen."
"Wir werden um die Frage, welche Schule wir schließen müssen, nicht herumkommen. Das geht aber nur mit einer großen Koalition im Stadtrat", stimmte Wolfram Brehm zu. Auch in den Augen von Ingo Lehmann werden nicht alle sieben Grundschulen zu halten und "Entscheidungen werden zu treffen sein, die weh tun." Für Doris Stein sollten Gesamtschulen Priorität bekommen.