Rico Scheier hat als erster Mitarbeiter der Kulmbacher Forschungsstelle für Nahrungsmittelqualität promoviert. Von seiner Doktorarbeit könnte die ganze fleischverarbeitende Industrie profitieren.
" Ziel war es, objektive Merkmale wie Haltbarkeit, Festigkeit, Zähigkeit und andere Qualitätsmerkmale von Fleisch schon kurz nach der Schlachtung vorhersagen zu können", sagt Rico Scheier. Als erster Doktorand der Forschungsstelle für Nahrungsmittelqualität (ForN) hat er jetzt seine Promotion erfolgreich abgeschlossen hat.
"Frühzeitige Qualitätsbestimmung von Schweinefleisch mit Hilfe der Raman-Spektroskopie" lautet übersetzt der Titel seiner Doktorarbeit. Kenner der Materie wissen spätestens bei dem Namen Raman, dass Rico Scheier nicht aus dem Fachbereich Chemie stammt, was man zunächst vermuten könnte, sondern aus der Physik.
Die gesamte fleischverarbeitende Industrie könnte zukünftig von dem profitieren, was Rico Scheier mitentwickelt hat. Erstmals wäre es damit möglich, ganz frisches Fleisch nach objektiven Kriterien zu bewerten und zu sortieren.
Größter Nutznießer wäre der Konsument, der sich künftig immer das zarteste Stück aussuchen könnte.
Von Berlin in die Bierstadt Aber auch so mancher Fleischskandal der Vergangenheit wäre mit der Kulmbacher Technologie schneller aufgedeckt worden. Pferdefleisch etwa im Hackfleisch. "Das Gerät findet in Fachkreisen mittlerweile weltweit Beachtung", so Betreuer Heinar Schmidt .
Rico Scheier stammt aus Strausberg bei Berlin. Nach dem Abitur studierte er an der Technischen Universität Berlin Physik, unter anderem bei Heinar Schmidt, der später nach Kulmbach wechselte und an der Forschungsstelle heute die Arbeitsgruppe In-situ-Analytik leitet.
Dort beschäftigt man sich unter anderem damit, welchen Einfluss physikalische, biochemische und mikrobiologische Prozesse auf Fleisch haben und wie sie festgestellt werden können.
2010 folgte Rico Scheier seinem Ausbilder nach Oberfranken. Grund dafür war, dass er mit Schmidt bereits in seiner Diplomarbeit an der Raman-Messtechnik und Datenauswertung gearbeitet hat. Während es anfänglich an der TU Berlin um mikrobiologischen Verderb von Fleisch ging, konzentrierten sich die Forschungsarbeiten in Kulmbach auf die Qualität von Frischfleisch.
Mobil einsetzbar Ein großer Schritt zur Entwicklung des Messinstruments gelang Rico Scheier dabei in Kulmbach. Während der erste Prototyp noch an der TU Berlin entstanden war, ist das vollständig mobile und praxistaugliche Gerät in Kulmbach erdacht und konstruiert worden.
Messinstrumente für Fleisch gibt es längst, doch keines, das so viele Merkmale in einem Schritt, blitzschnell und unmittelbar nach der Schlachtung, bestimmen und dokumentieren kann. Möglich macht dies die Raman-Spektroskopie, eine laserbasierte Messmethode, die schnell und zerstörungsfrei arbeitet. Dank neuster Technik ist sie heute mobil, also vor Ort im Schlachthof einsetzbar.
Dort haben Rico Scheier und sein Betreuer Heinar Schmidt das Gerät auch schon ausprobiert, in Bayreuth etwa an frisch zerlegten Schweinehälften oder in der Schweiz, wo man durch wissenschaftliche Veröffentlichungen auf die Kulmbacher Innovation aufmerksam wurde. Bislang, betonen Rico Scheier und Heinar Schmidt, hat man in Kulmbach zwei Prototypen des transportablen Gerätes zu Forschungszwecken entwickelt.
Die tolle Idee und die nagelneue Technik seien das eine, ein robustes, praxistaugliches Gerät, dass auf der ganzen Welt Verbreitung finden könnte, das andere. Rico Scheier: "Das grundlegende Messprinzip wurde gezeigt, aber der Teufel steckt noch im Detail." Eine Weiterentwicklung soll nach den Worten von Heinar Schmidt auf jeden Fall stattfinden.
"Überaus begabter Mann" Lobende Worte findet Franz Meussdoerffer, Leiter der Arbeitsgruppe Bioanalytik, für Rico Scheier. Für ihn ist der 32-Jährige ein hartnäckiger und überaus begabter Mann, der sich auch um den Aufbau und den Erfolg der Forschungsstelle in besonderer Art und Weise verdient gemacht habe. "Wir haben ja bei null begonnen", gibt Meussdoerffer zu bedenken.
Die 2009 gegründete Forschungsstelle soll als Schnittstelle zwischen Forschung und Wirtschaft den Wissenstransfer verbessern und innovative Konzepte für qualitativ hochwertige Lebensmittel entwickeln.