Vor mehr als 150 Jahren stritten Kulmbach und Bayreuth um die Zuganbindung. Eine Rolle spielte auch Ludwig I., König von Bayern. Die zweiteilige Serie dreht sich um die Geschichte des Kulmbacher Bahnhofs.
Erich und Marcus Olbrich Was sich neckt, das liebt sich. Dass dieser Spruch auf die beiden Nachbarstädte Kulmbach und Bayreuth zutrifft, darf durchaus vermutet werden. Aber was war der Anlass für die kleinen Nicklichkeiten?
Begonnen hat alles mit der Verlegung der Markgräflichen Regierung von Kulmbach nach Bayreuth im Jahre 1603. Handwerker, Beamte und die Hofhaltung zogen weg, so dass Kulmbach über lange Jahre ein Schattendasein führte. Erst mit dem Bau der Eisenbahn konnte sich die Stadt davon erholen. Aber auch hier wollten die Bayreuther die kleinen Kulmbacher abhängen. Dass dies nicht gelang, verdankt Kulmbach keinem geringeren als König Ludwig I.
Bayerns König war der Kunst und dem Fortschritt sehr zugetan und erkannte schon bald den Nutzen der Bahn für den Transport von Gütern und Personen gegenüber der Postkutsche. So plante er eine Bahnstrecke nach Norden mit dem Ziel, eine Verbindung zu dem wirtschaftlich starken Königreich Sachsen herzustellen, an dessen Kohlevorkommen Bayern starkes Interesse hatte.
Von Lindau über Nürnberg
Der geplante Streckenverlauf führte von Lindau über Nürnberg nach Hof. Dort konnte der Anschluss an die Strecken der Sächsischen Eisenbahn geknüpft werden. Sehr günstig verlief der Bau der Linie Bamberg-Lichtenfels, die am 12. Februar 1846 eröffnet werden konnte. Ab Lichtenfels gestaltete sich der Bahnbau wesentlich schwieriger. So wurden zum Beispiel Streckenführungen über Coburg oder Kronach überprüft, aber wegen technischer und finanzieller Probleme wieder verworfen. Wären diese Projekte verwirklicht worden, so hätten Kulmbach, Bayreuth und auch Münchberg noch für längere Zeit Probleme mit der Verkehrsanbindung gehabt. Nach genaueren Untersuchungen entschied sich die Eisenbahnverwaltung für die Streckenführung von Lichtenfels bis Mainleus. Doch wie sollte es von dort aus weitergehen? Über Kulmbach oder über Bayreuth - also über das Tal des Weißen Mains oder über das Tal des Roten Mains?
Lange Zeit stritten und bekriegten sich die beiden Städte, glücklicherweise nur auf dem Papier. Die Wagnerstadt hatte die Erwartung, dass die "Ludwig-Süd-Nord Bahn" vor den Nasen der Kulmbacher von Mainleus aus, an Katschenreuth vorbei, ins Rotmaintal nach Bayreuth führen solle und von da aus durch das Trebgasttal zum Dorf Schlömen.
Die Handelskammer Oberfranken unterstützte sehr einseitig Bayreuth, auch argumentierten die Bayreuther etwas hochnäsig: "Diese kleine Stadt Kulmbach kann ohnehin nur eine Anhalte Station bekommen und es wird sowohl für das Interesse der Bahn wie für die Stadt Kulmbach selbst ziemlich gleichgültig sein, ob diese eine Anhalte Station in der Stadt oder westlich davon, bei Steinenhausen bekommt."
Es ginge um "Leben und Tod"
Außerdem wurde von Bayreuther Seite angeführt, dass in Kulmbach keine erwähnenswerte Industrie und Handel vorhanden seien, während es für Bayreuth um "Leben und Tod" gehe. Auf diese Attacke antwortete der Kulmbacher Stadtmagistrat mit einer Denkschrift an König Ludwig I., in der sich die Stadt bereit erklärte, "der Sache jedes Opfer zu bringen".