Zwischen Melancholie und Leidenschaft

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Große Gefühle weckte das Norbert-Gabla-Tango-Trio im Kreiskulturraum (v.l. Nobert Hiller, Dietmar Engels, Norbert Gabla). Foto: Nicole Julien-Mann
Große Gefühle weckte das Norbert-Gabla-Tango-Trio im Kreiskulturraum (v.l. Nobert Hiller, Dietmar Engels, Norbert Gabla).  Foto: Nicole Julien-Mann
Nicht nur mit Blumen, sondern auch einem ordentlichen Schlussapplaus wurde das Trio aus dem Kreiskulturraum verabschiedet. Foto: Nicole Julien-Mann
Nicht nur mit Blumen, sondern auch einem ordentlichen Schlussapplaus wurde das Trio aus dem Kreiskulturraum verabschiedet. Foto: Nicole Julien-Mann
 

Beim letzten Konzert der VHS-Musikring-Reihe in dieser Saison brachte das Nobert-Gabla-Tango-Trio den Tango in den Kreiskulturraum.

Warum nur lässt es sich nirgends so schön melancholisch sein wie im Kinosessel oder im Konzertsaal? Vielleicht weil Filme und Musik lediglich Erinnerungen wachrufen, die längst durchlebt und überstanden sind - sonst säße man ja nicht gemütlich da, und weil die Traurigkeit kaum länger als eine Film- oder Konzertlänge andauert. Meistens auf dem Heimweg verblasst auch schon die Erinnerung an die Erinnerung.

Der Konzertabend mit dem Norbert-Gabla-Tango-Trio war wie geschaffen für eine Reise in die Filme der eigenen Vergangenheit. Der Tango entstand Ende des 19. Jahrhunderts in Argentinien. Am Rio Plata war es die desillusionierte Gemeinschaft von freiwilligen und unfreiwilligen Einwanderern in den Städten, die ihr ernstes Lebensgefühl mit dem Tango in Musik, Gesang und Tanz ausdrückten.

Die Pariser griffen den Tango vor dem Ersten Weltkrieg als Modeform begeistert auf und entwickelten ihn weiter. So ist es kein Wunder, dass man sich bei den ersten Klängen des Bandoneons nach Montparnasse versetzt fühlt - entweder in einen schummrigen Club oder in einen Altbau mit Patina, die Arme auf die Fensterbank gestützt, neben sich die Katze und draußen der Nieselregen.


Immer leidenschaftlich

Tangostücke haben immer etwas Liedhaftes, sie erzählen eine Geschichte und sind nicht allzu lang. Daher haben die Emotionen die Chance, dem Charakter der Stücke zu folgen, denn Tango ist eben auch spielerisch, verschmitzt, temperamentvoll, jedenfalls immer leidenschaftlich. Die Titel heißen "Ballade für einen Verrückten", "Die selbe Strafe", "Der letzte Rausch", es geht um die existenziellen Dinge des Lebens und das hört man der Musik an.

Neben Klassikern des Tango Argentino spielte das Trio viele Kompositionen des Großmeisters Astor Piazolla, der seit den 1950er Jahren die traditionelle Form mit Jazz und moderner Musik anreicherte und den Tango Nuevo ins Leben rief.

Norbert Gabla ist nicht nur begnadeter und gefeierter Bandoneonist, er komponiert auch selbst. Sein Stück "Der alte Ukrainer" ist seinem Vater gewidmet, "Heilig, heilig" und "Kein Hunger" eher den Fragen nach dem großen Ganzen. Seine Stücke rücken den Tango in die Moderne. Er beherrscht virtuose Läufe genauso wie das sensible Spiel musikalischer Liedbögen, unter seinen Händen wummt, summt und fiept das Bandoneon, klingt mal wie ein ganzer Bienenstock, eine einsame Mandoline oder ein Schlaginstrument.

Dietmar Engels am Kontrabass holt aus seinem Instrument auch heraus, was nur geht. Er beginnt das Konzert mit einem Stück von Piazolla, er streicht, zupft und klopft seinen Bass, es erklingen schmelzende Melodien und reizvolle Kontraste aus Akkorden, gehaltenen Tönen und Glissandi. Am Klavier agiert Norbert Hiller, feinsinnig, dynamisch und stets mit perfektem Timing.


Nur ein paar Eckpunkte

Ein Trio, das so gut aufeinander abgestimmt ist, braucht keine geschriebenen Arrangements. Deshalb werden viele Stücke "a la parilla" aufgeführt, es stehen nur ein paar Eckpunkte fest, der Rest wird improvisiert. Oder wie es Dietmar Engels ausdrückt: "Manchmal spielt man einfach, was einem gerade so durch den Kopf geht. Und dann muss man Glück haben, dass einem etwas durch den Kopf geht." An diesem Konzertabend hatten alle dieses Glück und so gab es viel Applaus und Bravorufe, die mit dem Libertango belohnt wurden.

Der VHS-Musikring hat sich mit diesem Abend weiter als Veranstalter für Liebhaberkonzerte etabliert. Das ist eine große Bereicherung für die Kulturszene, die sich viel zu oft dem Diktat des Mainstreams unterwirft. Es ist zu hoffen, dass sich weiterhin genügend Liebhaber für diese exquisiten Perlen der Musik interessieren und das Format noch lange fortgesetzt werden kann.