Die Freien Wähler wollen die Suche nach neuen Gebieten für Industrie und Handel in Kronach vorantreiben.
Für Jens Schick, Stadtrat der Freien Wähler, ist die Zukunft der Kreisstadt ganz eng mit der Ausweisung neuer Gewerbeflächen verknüpft. "Ich denke, dass es für das Gewerbe wichtig ist. Aber für
Kronach ist es ganz wichtig", unterstreicht er seine Forderung aus einer außerordentlichen Fraktionssitzung. Dort hatte er sich für 100 000 Quadratmeter neuen Raum für Industrie, Handwerk und Großhandel ausgesprochen. Im Gespräch mit unserer Zeitung wird er noch deutlicher. "Diese Fläche brauchen wir - mindestens!"
Schick ist überzeugt: "Es gibt einige Firmen, die Spaß an Kronach hätten." Allerdings scheiterten Erweiterungen und Neuansiedlungen zumeist an fehlenden Flächen. Der Hochwasserschutz samt seiner Ausgleichsflächen, Preistreiberei mancher Privatleute oder bauliche Hindernisse würden die wenigen Optionen, die sich den Unternehmen noch böten, kaum lukrativ erscheinen lassen, ist sich Schick mit seinem Fraktionsvorsitzenden Michael Zwingmann einig. "Die Verwaltung soll nun prüfen, was möglich ist", benennt Zwingmann das Ziel eines entsprechenden Antrags.
"Wir müssen uns Fläche für Fläche vornehmen", erklärt Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein (FW) den nächsten Schritt. Durch den Hochwasserschutz und die Wasserschutzgebiete wird der Handlungsspielraum der Stadt bei der Ausweisung von Gewerbeflächen seiner Auskunft nach erheblich beeinträchtigt. Grundsätzlich sollte auch der Flächennutzungsplan neu aufgelegt werden - das ist schon seit einigen Jahren angedacht. Eigene Flächen kann die Stadt den Unternehmern zurzeit kaum bieten. Eine Möglichkeit gibt es noch im Bereich "Hohe Weide" in Neuses.
Engpass ist erkannt
Diesen Engpass sieht auch Zwingmann. "Man muss nur die HQ-100-Schablone (Flächen für den Hochwasserschutz; Anm. d. Red.) drüberlegen, dann sieht man, dass nicht mehr viel geht", betont er. Wie wichtig für die Firmen Möglichkeiten zur Erweiterung sind, sehe man beispielsweise am Unternehmen Dr. Schneider aus Neuses. Dort habe man noch handeln können und somit den Standort gestärkt. Es gehe aber nicht nur um Erweiterungen, sondern auch um Um- und Neuansiedlungen. Deshalb will Zwingmann den Antrag nicht nur auf Gewerbeflächen reduzieren, sondern auch Bauland für Wohngebäude mit ansprechen.
Er geht von einem Kreislauf aus, den die Stadt wieder stärker in Schwung bringen muss: Gewerbeflächen locken Firmen an, die bringen neue Arbeitskräfte in die Region, welche sich ansiedeln, wenn sie Wohngebiete vorfinden.
Um das zu schaffen, gelte es nun, alle denkbaren Flächen abzuklopfen - im Kronacher Umfeld ebenso wie in den Stadtteilen. "Dann müssen wir sehen, was realistisch ist und auf welche Restriktionen wir unter Umständen treffen", führt der FW-Sprecher aus und ergänzt mit einem Schmunzeln: "Deutschland ist schließlich gut, was die Bürokratie betrifft."
Schließlich müsse in den möglichen Bereichen auch noch die Frage der Erschließung geklärt werden, meint Zwingmann. "Die ist nicht ganz billig", stellt Schick hierzu fest. Deshalb ist er kein Fan von sehr zerstückelten Gewerbegebieten.
Zukunftssicherung
Mögliche Bereiche für das Gewerbe können die Freien Wähler noch nicht benennen. Schick stellt fest, dass es zunächst einmal um die Dimension ging. Deshalb habe er die 100 000 Quadratmeter (etwa 14 Fußballfelder, Anm. d. Red.) in den Raum gestellt. "Wenn man zwei bis drei mittelgroße Betriebe hat, dann sind die gleich weg", betont er. "Kleiner brauchen wir also gar nicht anzufangen."
Dass Kronach die Suche nach gewerblichem wie privatem Bauland nicht auf die lange Bank schieben darf, steht für ihn außer Zweifel. Neben dem vierspurigen Anschluss an das Autobahnnetz sei dieses Thema die zweite wichtige Säule, um die Kreisstadt zukunftssicher aufzustellen.
Stimmen zum FW-Antrag
Jonas Geissler, Fraktionsvorsitzender der CSU im Stadtrat, hält die Forderung der Freien Wähler für "voll berechtigt". Im Gremium sei auch schon klargestellt worden, dass die Stadt neue Gewerbeflächen braucht. "Die Frage ist nur, wo wir sie schaffen", unterstreicht Geissler das Hauptproblem, das er vor allem an den Ansprüchen des Hochwasserschutzes festmacht. Und weiter: "Genauso wichtig ist die Schaffung von Bauland - aber da stehen wir wieder vor dem gleichen Problem."
Aus Sicht der SPD-Stadtratsfraktion ist der Antrag der Freien Wähler sinnvoll. "Grundsätzlich ist er zu befürworten. Er deckt sich ja auch mit anderen Aussagen im Stadtrat", stellt Fraktionsvorsitzender Sven Schuster fest. Die Forderung der FW sei nichts Neues, allerdings sei es gut, das Thema zu konkretisieren. An einer genauen Zahl will Schuster seine Wünsche nach neuen Gewerbeflächen nicht festmachen, aber "wir müssen unseren Unternehmen etwas bieten können. Je mehr, desto besser." Nun müsse man sich Gedanken machen, was sich realisieren lässt.
Was passiert mit dem E-Center?
Ein heftiger Schneefall verhagelte vor 13 Monaten den Blick des Fotografen auf das E-Center. Das Wetter war so trist wie die Stimmungslage vor Ort. Edeka hatte Mitte Januar 2016 mitgeteilt, den Standort in Kronach aufzugeben. Im Herbst wurden die Tore geschlossen.
"Es wird definitiv eine Nachnutzung geben", versprach Jens Schick bereits damals. Der Geschäftsführer der SSE Verwaltungs-GmbH arbeitet seither an einer Nachfolgelösung, denn eine Lücke will er in der Industriestraße nicht entstehen lassen.
Edeka muss sich äußern
Gestern strahlte die Sonne über Kronach. Die Temperaturen steigen, der Schnee tritt Stück für Stück den Rückzug an. Ebenso gestaltet sich inzwischen die Situation rund um das jetzt leer stehende Marktgebäude. Schick, zugleich auch als Stadtratsmitglied der Freien Wähler um eine für Kronach positive Lösung bemüht, kann ebenfalls einen deutlich erkennbaren Lichtblick aufzeigen. Ganz ist das Eis in den Verhandlungen allerdings noch nicht getaut.
Gerüchte um das Interesse des erweiterungswilligen Kronacher Kunststoffwerks Woco machen in der Kreisstadt die Runde. Auf Nachfrage unserer Zeitung stellt Schick fest, dass Gespräche laufen. Offenbar hat Woco derzeit die beste Verhandlungsposition. Gerede über einen bereits abgeschlossenen Mietvertrag verweist Schick allerdings ins Reich der Fabeln. Ehe ein Nachfolger das Marktgebäude oder das Gelände nutzen kann, muss zuerst auch noch Edeka gehört werden. Das Unternehmen hat vertraglich das Recht, eins zu eins in einen neuen Mietvertrag einzusteigen und so an die Stelle eines anderen Interessenten zu treten.
Ein weiterer Kandidat, der zur vorherigen Nutzung gepasst hätte, ist Kaufland. In diesem Fall gestalteten sich die Verhandlungen laut Schick zäher. Deshalb sei Kaufland keine echte Option mehr. Darüber hinaus habe es noch viele Anfragen gegeben. "Ich hatte einen ganzen Stapel Interessenten", erzählt Schick.